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Europa im Überblick

Europa im Überblick, 30/17

Privat­kom­mu­ni­kation am Arbeitsplatz nur bedingt kontrol­lierbar – EGMR

Selbst bei einem bestehenden Verbot der privaten Internet­nutzung hat der Arbeitgeber diesbe­züglich nur eingeschränkte Kontroll­be­fugnisse. Das entschied die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofes für Menschen­rechte (EGMR) am 5. September 2017 (Beschwerdenr. 61496/08). Einem rumänischen Vertriebs­in­genieur wurde gekündigt, weil er am Arbeitsplatz den dienst­lichen Internet-Account trotz eines betriebs­in­ternen Verbots für private Zwecke genutzt hatte. Zwar dürfe auch der am Arbeitsplatz geltende Anspruch auf Achtung des Privat- und Famili­en­lebens nach Art. 8 EMRK im Rahmen der Kontroll­be­fugnisse des Arbeit­gebers eingeschränkt werden, jedoch müsse der Arbeit­nehmer vorab über die Möglichkeit und das Ausmaß einer Überwachung unter Angabe eines legitimen Grundes für die Maßnahme informiert werden.

In 2 Stunden zur Gesell­schafts­gründung? – DAV/RAT

Das derzeitige EU-Gesell­schaftsrecht sei veraltet und basiere zu sehr auf alten Traditionen. Aus diesem Grund müsse es mit dem für November geplanten Gesetz­ge­bungspaket modernisiert werden, erläuterte EU-Kommissarin Věra Jourová auf der “21st European Company Law and Corporate Governance Conference: Crossing Boarders, Digitally“. Die Konferenz wurde von dem Justiz­mi­nis­terium Estlands organisiert, das derzeit die Ratsprä­si­dent­schaft innehat und fand am 4. und 5. September 2017 in Tallinn statt. Im Mittelpunkt der Diskussion stand die vollständige Online-Gründung von Unternehmen. In Estland dauere seit 2007 die Online-Eingabe der Informa­tionen lediglich 18 Minuten und innerhalb von 2 Stunden sei die Gesell­schaft gegründet, erläuterte ein Mitarbeiter des estnischen Unterneh­mens­re­gisters. Vertreter von EU-Kommission und EU-Parlament befürworteten in diesem Zusammenhang eine Vollhar­mo­ni­sierung durch EU-Recht, da ansonsten die bestehenden Probleme nicht gelöst werden könnten. Nach Ansicht des DAV sollte jedoch die Regelung einer möglichen Online-Registrierung von Unternehmen den Mitglied­staaten überlassen werden (s. DAV-Stn. 46/17). Weitere Diskus­si­ons­punkte waren die Stärkung der Arbeit­neh­mer­mit­be­stimmung, die Anknüpfung für potentielle gesell­schafts­rechtliche Kollisi­ons­normen sowie deren Umfang und der mögliche Inhalt von Regelungen bei grenzüber­schrei­tenden Verschmel­zungen, Spaltungen und Umwand­lungen.      

Wie steht es um die freibe­ruf­lichen Dienst­leis­tungen in der EU? – EP

Im Ausschuss „Binnenmarkt und Verbrau­cher­schutz“ (IMCO) des EU-Parlaments hat Bericht­erstatter Nicola Danti (S&D) am 19. Juli 2017 den Berichts­entwurf zur Umsetzung der Berufs­an­er­ken­nungs­richtlinie und Notwen­digkeit einer Reform der freibe­ruf­lichen Dienst­leis­tungen vorgelegt. Der Bericht­erstatter nimmt darin eine Bewertung des sog. Prozesses der gegenseitigen Evaluierung der reglemen­tierten Berufe durch die EU-Kommission vor, der in die Reform­emp­feh­lungen für die Berufs­re­gle­men­tierung im Rahmen des Dienst­leis­tungs­pakets (s. EiÜ 2/17) mündete. Danti wies auch in einer Aussprache im Ausschuss am 4. September 2017 auf die Bedeutung von Berufs­re­gle­men­tierung bei der Wahrung legitimer Ziele von öffent­lichem Interesse hin. Ebenso stelle der von der EU-Kommission verwendete Restrik­ti­vi­täts­in­dikator zur Bestimmung des Regulie­rungs­niveaus in den Mitglied­staaten zwar ein Hilfsmittel dar. Damit dürfe aber nicht impliziert werden, dass eine Berufs­re­gelung, die einen hohen Restrik­ti­vi­tätswert erzielt, automatisch unverhält­nismäßig ist. Mitte Juli fand zu dem Thema auch ein Workshop im EU-Parlament statt, bei dem auch ein Vertreter des Rates der Europäischen Anwalt­schaften (CCBE) als Sprecher teilnahm.

Weiterhin Aufstiegs­schwie­rig­keiten für Frauen in juristischen Berufen - EP

Bei der Geschlech­ter­ver­teilung in den Rechts­berufen bestehen europaweit noch immer erhebliche Ungleich­ge­wichte. Das ist das Ergebnis einer Studie zur Geschlech­ter­ver­teilung in den Rechts­berufen, die der Rechts­aus­schuss des Europäischen Parlaments in Auftrag gegeben hatte. Der Frauen­anteil in der juristischen Ausbildung beträgt europaweit durchschnittlich 60 %. Dennoch sind in Deutschland nur etwa 33 % der Anwälte weiblich. In Anwalts­kanzleien, die über mehr als 40 Partner verfügen, liegt der Anteil der weiblichen Partner etwa bei nur 18,5 %. Diese Zahlen deuten darauf hin, dass der Chancen­gleichheit nicht ausreichend Rechnung getragen wird. Europaweit sollen nun Maßnahmen umgesetzt werden, die Frauen bei ihrem beruflichen Aufstieg unterstützen.

Luftli­ni­en­ent­fernung für Ausgleichs­zah­lungen entscheidend – EuGH

Für Ausgleichs­zah­lungen bei Flugver­spä­tungen kommt es auf die direkte Luftli­ni­en­ent­fernung zwischen Start- und Zielflughafen an, nicht auf die tatsächlich zurück­gelegte Strecke. Das entschied der EuGH am 7. September 2017 in der Rs. C-559/16. Nach Art. 7 Abs. 1 der Fluggast­rechte-Verordnung (EG) Nr. 261/2004 hängt die Ausgleichs­zahlung von der Länge der Flugstrecke ab. Das AG Hamburg hatte dem EuGH die Frage vorgelegt, ob für die Ermittlung dieser Entfernung bei einem Flug mit Anschluss­flügen die tatsächlich zurück­gelegte Flugstrecke oder die direkte Luftli­ni­en­ent­fernung zwischen Start- und Zielflughafen entscheidend ist. Der EuGH stellte fest, dass die Fluggast­rechte-VO nicht zwischen Fluggästen eines Umsteige- und eines Direkt­fluges unterscheide. Daher seien alle Fluggäste bei der Berechnung der Ausgleichs­zahlung gleich zu behandeln. Außerdem trügen die Ausgleichs­zah­lungen dem unterschied­lichen Umfang der Unannehm­lich­keiten Rechnung, die dem Fluggast bei einer Annullierung oder einer großen Verspätung entstehen. Der Umstand, dass Fluggäste ihr Endziel nicht rechtzeitig und zwar nicht mittels eines Direktflugs, sondern mit einem Flug mit Anschluss­flügen erreichten, verschlimmere für sich genommen nicht das Ausmaß der Unannehm­lich­keiten.

 

 

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