EiÜ 32/19
Bekämpfung von Steuervermeidung kaum belegbar – KOM
Grundlage für die engere Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der direkten Steuern ist die Richtlinie 2011/16/EU, in der alle notwendigen Verfahren und die Struktur für eine sichere Plattform zum Informationsaustausch festgelegt sind. Um die Zusammenarbeit von Steuerbehörden zu verbessern, soll der Austausch der Behörden im Bereich von Steuern aller Art, die vom Anwendungsbereich erfasst sind, erfolgen. EU-weit ist die direkte Besteuerung nicht harmonisiert und ermöglicht es den Steuerpflichtigen in gewissen Konstellationen die Steuerpflicht in ihrem Ansässigkeitsmitgliedstaat zu vermeiden oder zu umgehen. Im September 2019 wurde die erste Bewertung (in englischer Sprache) der Richtlinie, die seit Januar 2013 gilt, veröffentlicht und kommt zum Ergebnis, dass es keine hinreichend nachweisbare Verbesserung in diesem Bereich gibt. Die Kommissionsdienststellen analysieren die Zusammenarbeit in Bezug auf Wirksamkeit, Kohärenz und den Mehrwert für die EU anhand von Informationen, die von der Steuerverwaltung in den Mitgliedstaaten im Zeitraum 2013 - 2017 übermittelt wurden. Es konnte nicht belegt werden, dass die Maßnahmen dazu geführt hätten, dass Steuerbetrug bzw. Steuerumgehung wirksamer bekämpft wurden. Bis 31. Dezember 2019 haben die Mitgliedstaaten Zeit, die Richtlinie (EU) 2018/822 über den automatischen Austausch von Informationen über meldepflichtige grenzüberschreitende Gestaltungen, die eine Meldepflicht von Intermediären vorsieht, in nationales Recht umzusetzen.
Erfolgsgeschichte Europäischer Haftbefehl? – KOM
Die EU-Kommission hat am 18. September 2019 einen Bericht (nur in englischer Sprache) über die Anwendung des Europäischen Haftbefehls vorgelegt. Im Jahr 2017 wurden über 17.000 Europäische Haftbefehle ausgestellt, mit 2.600 davon die meisten in Deutschland. Auch die Frist bis zur Überstellung der Tatverdächtigen von einem Mitgliedstaat in den anderen hat sich mit einer durchschnittlichen Dauer von 15 Tagen bei Einverständnis des Betroffenen und 40 Tagen bei fehlendem Einverständnis spürbar verkürzt. Der Fragebogen basiert auf Daten der Mitgliedstaaten von Mai 2018 und Februar 2019. Es handelt sich um Daten, die sich unter anderem auf die Anzahl der ausgestellten und vollstreckten Europäischen Haftbefehle, der verhafteten Personen, der Art der abgedeckten Straftaten, der angewandten Gründe für die Nichtausführung und die Dauer des Übergabeverfahrens beziehen. Diese Daten sollen die Grundlage für statistische Analysen bilden, Vergleiche zwischen den Mitgliedstaaten ermöglichen und ein Gesamtbild der Funktionsweise des Europäischen Haftbefehls vermitteln.
EU-US-Datenschutzschild zum dritten Mal auf dem Prüfstand – KOM
Der EU-US-Datenschutzschild ist zum dritten Mal einer jährlichen Prüfung unterzogen worden. Seit dem 1. August 2016 dient die Maßnahme dem Datenschutz personenbezogener Daten, die aus der EU zu kommerziellen Zwecken in die USA übermittelt werden. Mehr als 5000 Unternehmen haben sich inzwischen auf der Grundlage des Datenschutzschilds zertifiziert und so verpflichtet, die Anforderungen des Datenschutzschilds zu erfüllen. In einer Stellungnahme dazu bekräftigten EU-Justizkommissarin Jourová und US-Handelssekretär Ross die Absicht, die Kriterien rigoros durchzusetzen und wenn erforderlich, Unternehmen die Zertifizierung zu entziehen. Das Datenschutzschild war ins Leben gerufen geworden, nachdem der EuGH im Oktober 2015 die bis dahin angewendete Safe-Harbor-Entscheidung der Europäischen Kommission für ungültig erklärt hatte (vgl. EiÜ 32/15).
Ein neuer Rechtsstaatlichkeitsmechanismus ist notwendig – Rat
Ursula von der Leyen hat ihn angekündigt: einen neuen umfassenden Rechtsstaatsmechanismus, der dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit angesichts derzeitiger Angriffe zur Durchsetzung verhilft. In einer Aussprache (s. Video) zur Rechtsstaatlichkeit vom 16. September 2019 sprachen sich die meisten EU-Mitgliedsstaaten für einen solchen neuen Mechanismus aus, im Rahmen dessen die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit durch die Mitgliedstaaten jährlich untersucht und in einem Bericht veröffentlicht werden soll. Dadurch soll die Ineffizienz des sog. „Artikel 7-Verfahrens“ überwunden werden. Ein solches wird derzeit gegen Ungarn und Polen geführt und kann im schlimmsten Fall u.a. mit Stimmentzug im Rat sanktioniert werden. Dieses Verfahren setzt jedoch Einstimmigkeit der Mitgliedstaaten voraus. Der neue Mechanismus soll ein präventives Verfahren sein, das auf objektiven Daten, etwa von der Venedig-Kommission des Europarats, basieren soll.
Unterausschuss für Steuer- und Finanzkriminalität geplant - EP
Im Ausschuss für Wirtschaft und Währung (ECON) des EU-Parlaments haben sich die Koordinatoren der politischen Parteien auf die Einrichtung eines Ständigen Unterausschusses für Steuer- und Finanzkriminalität geeinigt. So sollen wirksame Mittel gegen Steuervermeidung und die damit einhergehende Finanzkriminalität auf europäischer Ebene erarbeitet werden. Der Unterausschuss muss noch durch die Konferenz der Präsidenten des Europäischen Parlaments genehmigt werden sowie noch die Einzelheiten des Mandats vereinbart werden. Der neue Unterausschuss folgt auf den Sonderausschuss zu Finanzkriminalität, Steuerhinterziehung und Steuervermeidung TAX3, der die Arbeit der TAXE-, TAX2- und PANA-Ausschüsse fortgesetzt hat. Im Abschlussbericht vom März 2019 betont der TAX3-Ausschuss die Reformnotwendigkeit und kontinuierliche Arbeit, damit die unionsweiten und nationalen Steuersysteme den neuen wirtschaftlichen, sozialen und technologischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht werden können.
Auslegung von Klauseln im Immobiliendarlehensvertrag - EuGH
In seinem Urteil in der Rs. C-34/18 befasst sich der EuGH mit der Auslegung der Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen in einem Darlehensvertrag. Die ungarische Darlehensnehmerin machte geltend, dass der Darlehensvertrag und die von einem Notar als „einseitiges Schuldanerkenntnis“ bezeichnete notarielle Urkunde mit den Bestimmungen des Darlehensvertrags missbräuchliche Klauseln enthalte. Der EuGH kam zu dem Ergebnis, dass eine Klausel, die nicht im Einzelnen ausgehandelt wurde und auf die Beweislastumkehr zulasten des Verbrauchers abzielt, nicht allgemein und ohne weitere Prüfung als missbräuchlich zu qualifizieren ist. Nicht vom Anwendungsbereich umfasst sind Klauseln, die dem Verbraucher Grund zur Annahme geben, zu einer vertraglichen Leistung verpflichtet zu sein, obwohl er meint, bestimmte Leistungen nicht zu schulden. Des Weiteren verlange die Richtlinie keine Zusatzinformationen des Unternehmers zu Klauseln, deren Rechtswirkungen sich nur durch Auslegung feststellen lassen. Schließlich sei eine Klausel nicht erfasst, die den Unternehmer ermächtigt, einseitig zu beurteilen, ob die dem Verbraucher obliegende Leistung vertragsgemäß war. Sehr wohl erfasst sind Klauseln, die darauf abzielen, dem Verbraucher die Möglichkeit eines Rechtsmittels zu erschweren, wenn der geschuldete Restbetrag durch eine notarielle Urkunde festgestellt wird und dem Gläubiger die einseitige und endgültige Beendigung des Rechtsstreits ermöglicht wird.