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Presse­mit­tei­lungen - Rechts­politik

PM DAT 4/19, 5/19, 6/19: RVG-Anpassung, StPO-Reform, Legal Tech - Presse­mit­tei­lungen zum Presse­ge­spräch beim 70. Deutschen Anwaltstag

DAV fordert, RVG an Tariflohn­ent­wicklung anzupassen

Leipzig/Berlin (DAV). Zugang zum Recht bedeutet auch Zugang zur anwalt­lichen Dienst­leistung. Damit dieser weiterhin für alle Menschen gewähr­leistet ist, müssen Anwältinnen und Anwälte angemessen vergütet werden. Anlässlich des 140. Jubiläums der ersten anwalt­lichen Gebühren­ordnung fordert der Deutsche Anwalt­verein (DAV), das Rechts­an­walts­ver­gü­tungs­gesetz (RVG) zügig zu reformieren.

Das RVG und die Bundes­rechts­an­walts­ordnung (BRAO) regeln die anwaltliche Dienst­leistung und Vergütung in Deutschland. Sie gehören damit zu den Eckpfeilern des Rechts­staats. Ihre Vorgän­gerwerke, die Reichs­rechts­an­walts­ordnung und die Gebühren­ordnung für Rechts­anwälte, traten 1879 in Kraft.

„Das Motto des 70. Deutschen Anwaltstags, ´Rechtsstaat leben`, schlägt eine Brücke zu anderen wichtigen Jubiläen“, sagt Rechts­an­wältin und Notarin Edith Kindermann, Präsidentin des Deutschen Anwalt­vereins (DAV). Das Grundgesetz trat vor 70 Jahren in Kraft, die friedliche Revolution jährt sich zum 30. Mal – und bereits seit 140 Jahren existiert das anwaltliche Berufs- und Vergütungsrecht mit dem fairen System der Kosten­er­stattung.

„Ein freiheitlich-demokra­tischer Rechtsstaat muss jeder und jedem Einzelnen die Mittel an die Hand geben, die notwendig sind, um seine beziehungsweise ihre Rechte wahrzu­nehmen“, fügt die DAV-Präsidentin hinzu. Die Politik müsse diese Rahmen­be­din­gungen aufrecht­erhalten und dürfe den einzelnen Menschen bei der Durchsetzung seiner Rechte nicht allein lassen. Jeder müsse bei Bedarf einen Rechts­anwalt konsul­tieren können. In der Fläche sei das aber zunehmend schwierig. „Auf dem Land zeichnet sich bei Allgemein­an­wälten ein ähnlicher Mangel ab wie bei Allgemein­me­di­zinern“, warnt Kindermann.

Damit der Zugang zum Recht auch in der Fläche weiterhin gewähr­leistet werden kann, fordert der DAV von der Politik eine Reform des RVG. Die gesetzlich geregelte Anwalts­ver­gütung muss dringend angepasst werden und sich an der Tariflohn­ent­wicklung orientieren. Die Rechts­an­walts­ver­gütung ist zuletzt 2013 an die wirtschaftliche Entwicklung angepasst worden. Die Tariflöhne sind seitdem jedoch um 16 Prozent gestiegen. Daneben haben sich auch die Gehälter der nichtan­walt­lichen Mitarbeiter und die Mieten erhöht.

Die Vergütung müsse zudem regelmäßig erhöht werden, fordert der DAV weiter. Das muss allerdings in kürzeren Abständen als bislang geschehen, um die Verbraucher nicht unange­messen zu belasten. Die Gerichts­ge­bühren dürfen nicht wieder gleich­zeitig angehoben werden. Andernfalls würden die Kosten für die Rechts­ver­folgung so hoch, dass sie den Zugang zum Recht für den rechtsu­chenden Bürgerinnen und Bürgern stark gefährden.

Der DAV und die BRAK haben der Bundes­jus­tiz­mi­nisterin Dr. Katarina Barley bereits im April 2018 einen Forderungs­katalog überreicht, der die Anpassung der Rechts­an­walts­ver­gütung beinhaltet.

DAT-Veranstaltung zum RVG:
Freitag, 13.45 – 15.15 Uhr (Ausschuss RVG und Gerichts­kosten)
RVG-Workshop Kompakt

Alle Informa­tionen mit dem aktuellen Programm gibt es unter www.anwaltstag.de.

StPO-Reform: DAV warnt vor weiterer Aushöhlung der Beschul­dig­ten­rechte

Leipzig/Berlin (DAV). Die Eckpunkte der Bundes­re­gierung zur Reform der Strafpro­zess­ordnung (StPO) sehen weitrei­chende Maßnahmen vor, die erneut die Argumen­ta­ti­onslinie der angeblich prozess­be­hin­dernden Strafver­tei­digung bedienen. Der Deutsche Anwalt­verein (DAV) tritt der weiteren Einschränkung von Verfah­rens­rechten entschieden entgegen. Dass sich Politik und Justiz zugleich bei der Dokumen­tation der Hauptver­handlung derart sträuben, bleibt unverständlich.

Nach derzeitigem Stand bietet die StPO bereits ausreichend Möglich­keiten zur Ablehnung missbräuch­licher Befangenheits- und Beweis­anträge. Erst im Sommer 2017 wurde zudem eine Einschränkung des Beweis­an­trags­rechts durch die Möglichkeit der Fristsetzung für Beweis­anträge eingeführt. Die nun vorgesehene Abkehr vom Erfordernis einer „wesent­lichen“ Verfah­rens­ver­zö­gerung birgt das Risiko einer vorschnellen Ablehnung, da jeder Beweis­antrag das Verfahren zumindest minimal verzögern kann. Bevor keine Evaluation der letzten Maßnahmen erfolgt ist, entbehren weitere Einschrän­kungen ohnehin jeglicher Grundlage.

„Beweis­an­trags­rechte sind das verfas­sungs­rechtlich verbürgte Recht des Angeklagten auf sachliche Teilhabe am Beweisstoff“, mahnt Rechts­an­wältin und Notarin Edith Kindermann, Präsidentin des Deutschen Anwalt­vereins. „Sie dienen nicht der Verfah­rens­be­hin­derung, sondern sind oft die einzige Möglichkeit des Angeklagten, auf die Beweis­erhebung in der Hauptver­handlung Einfluss nehmen zu können.“ Da es im Strafver­fahren keinen Anspruch auf ein Rechts­ge­spräch gebe, würden Beweis­anträge oft gestellt, um das Meinungsbild des Gerichts zu eruieren – das sei Teil eines fairen Verfahrens.

Der Möglichkeit zur Bündelung der Nebenklage ist der DAV gegenüber offen. „Wir haben keine generellen Vorbehalte gegen Maßnahmen zur Prozess­ökonomie von Strafver­fahren“, so Kindermann, „nur gegen solche Vorhaben, durch die Beschul­dig­ten­rechte verkürzt werden.“

Die Einführung einer audiovi­suellen Dokumen­tation der Hauptver­handlung ist hingegen von überge­ordneter Bedeutung – gerade auch aus prozess­öko­no­mischen Gesichts­punkten. Das Ergebnis wären nicht nur weniger Fehler bzw. eine bessere Beweis­barkeit von Rechts­fehlern, sondern gerade auch die Vermeidung zeitrau­bender Rekonstruk­tionen von Zeugen­aussagen oder gar von Doppel­pro­zessen bei Richter­wechseln. Im EU-Vergleich liegt der deutsche Strafprozess, in dem es grundsätzlich keine Wortpro­tokolle gibt, in Sachen Dokumen­tation auf den hintersten Plätzen.

Der DAV wird sich weiter dafür einsetzen, dass durch den Pakt für den Rechtsstaat  der Zugang zum Recht nicht eingeschränkt, Bürger­rechte nicht beschnitten und Rechts­durch­setzung nicht erschwert wird. Die DAV-Präsidentin betont: „Die Geltend­machung von Rechten, die der Staat aus wohl erwogenen Gründen eingeräumt hat, darf nicht als rechts­miss­bräuchlich gebrandmarkt werden.“

DAT-Veranstal­tungen zum Thema Strafrecht/Strafpro­zessrecht:
Donnerstag, 11.00 – 12.30 Uhr (Ausschüsse IT-Recht & Strafrecht)
Rechts­staat in der Cloud – e-Evidence in der EU

Donnerstag, 13.45 – 15.15 Uhr (Arbeits­ge­mein­schaft Strafrecht)
Notwendige Vertei­digung – gelebter Rechts­staat!

Donnerstag, 15.45 – 17.45 Uhr (Ausschuss Strafrecht)
Textuelle Daten im Straf­prozess – Was alles geht!

Alle Informa­tionen mit dem aktuellen Programm gibt es unter www.anwaltstag.de.

Legal Tech: neue Chancen – aber nicht ohne meinen Anwalt!

Leipzig/Berlin (DAV). Der DAV steht dem Einsatz von Legal-Tech positiv gegenüber: Digitale Systeme können durch Standardisierung und Automatisierung Arbeitsabläufe verbessern – die Anwaltschaft hat mehr Zeit für ihr Kerngeschäft: individuelle Interessen, Taktik, kreative Lösungen und Mandantenbetreuung. Aus Gründen der Qualitätssicherung und des Verbrau­cher­schutzes sollten automa­ti­sierte Rechts­dienst­leis­tungen jedoch weiterhin nur durch Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte erbracht werden dürfen.

Legal Tech als Chance

Kanzleisoftware, Prozesskostenrechner oder Online-Rechtsprechungs-Datenbanken sind meist aus dem anwaltlichen Alltag nicht mehr wegzudenken – und werden oft auch gar nicht mehr als „Legal Tech“ wahrgenommen. Intelligente Technik schafft Anwälten neue Freiräume. Rechtsdienstleistung wird durch die Digitalisierung von wiederkehrenden Abläufen standardisiert und automatisiert. Davon profitiert auch die Mandantschaft, weil sich Anwältinnen und Anwälte auf ihr Kerngeschäft, auf ihr inhaltliches Handwerk konzentrieren können. Rechtliche Detailfragen und taktische Erwägungen sind naturgemäß dem persönlichen Kontakt vorbehalten.

Die Möglichkeit einer standardmäßigen Sammlung, Prüfung und Aufbereitung großer Datenmengen durch Algorithmen macht auch Einzelkanzleien plötzlich wettbewerbsfähig gegenüber großen Law Firms. Auf Seiten der Rechtssuchenden ist den Zugang zum Recht über Legal-Tech-Angebote gerade bei geringen Streitwerten reizvoll, weil sie es auf anderem Weg überhaupt nicht probieren würden. Es stecken daher viele Chancen in der Digitalisierung rechtlicher Abläufe.

Rechtsdienstleistung? Rechtsanwalt!

Rechtsberatung ist grundsätzlich Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten vorbehalten. Es gibt keinen Anlass, für Legal-Tech-Angebote eine Ausnahme im Rechts­dienst­leis­tungs­gesetz (RDG) zu schaffen. Durch das Verbot nicht­an­walt­licher Rechts­be­ratung sollen Verbraucher vor fehler­hafter Be­ratung geschützt werden. Dieses Schutzbedürfnis besteht aber in gleicher Weise, wenn die Rechts­dienst­leistung unter Einsatz von digitalen Systemen erfolgt.

Die Kosten­vorteile durch Legal-Tech-Angebote, die argumentativ dagegen angeführt werden könnten, kommen auch dann zum Tragen, wenn digitale Hilfs­mittel von Anwältinnen und Anwälten einge­setzt werden – zumal es auch für außergerichtliche anwaltliche Tätigkeit keine Mindestgebühren mehr gibt und der Preis auch hier durch den Markt bestimmt wird. Die Vorteile der Anwaltschaft liegen jedoch klar auf der Hand: Nur sie sind an die gesetz­lichen Verschwie­gen­heits­pflicht, nur sie müssen unabhängig von Fremd­in­ter­essen beraten und nur ihnen ist es verboten, zugleich den künftigen Prozess­gegner zu beraten.

Einer Regulierung von gewerb­lichen Legal Tech-Unter­nehmen im RDG, die sich im Ergebnis als erstmalige Zulassung von Nichtanwälten zu allge­meiner Rechts­be­ratung darstellen würde, ist aus Sicht des DAV daher energisch entge­gen­zu­treten.

DAT-Veranstaltungen zum Thema Legal Tech:
Donnerstag, 15.45 – 17.45 (Ausschuss Berufsrecht)
Zwischen Anwalts­fabrik und Legal Tech – Wo bleibt der unabhängige Anwalt?

Freitag, 13.45 – 15.15 Uhr (Arbeitsgemeinschaft Kanzleimanagement)
Neuer Zugang zum Recht durch Legal-Tech?

Alle Informationen mit dem aktuellen Programm gibt es unter www.anwaltstag.de.

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