Europa im Überblick, 28/2020

EiÜ 28/2020

Stärkung von Kinderrechten: Konsultation eingeleitet – KOM

Mit einer zukünftigen EU-Strategie will die Kommission die Rechte von Kindern fördern und stärken. Die Strategie soll laut Fahrplan der Kommission zu einem umfassenden politischen Rahmenwerk mit konkreten Maßnahmen führen. Mit diesem sollen Kinderrechte in alle europapolitischen Bereiche im Verlauf des derzeitigen Kommissions-Mandats bis 2024 implementiert werden. Insbesondere sollen die Rechte der schutzbedürftigsten Kinder, digitale Rechte und das Recht zum Schutz vor Gewalt sowie vor Gericht gewährleistet werden. Der Strategie gehen die Agenda 2011 und Kommunikation von 2006 voraus. Um unter anderem die Anregungen von nationalen Behörden, Kinderrechtsorganisationen und Experten auf dem Feld von Kinderrechten einbeziehen zu können, hat die Kommission einen öffentlichen Konsultationsprozesse begonnen. Rückmeldungen sind bis zum 8. Dezember 2020 möglich. Weitere Möglichkeit zum Austausch bietet schließlich das vom 29. September bis zum 1. Oktober stattfindende 13. Forum zur Stärkung von Kinderrechten.

Künstliche Intelligenz: Was sind die nächsten Schritte der EU? – KOM

Die EU-Kommission hat einen ersten Bericht zu ihrer Konsultation zum Weißbuch zur Künstlichen Intelligenz (KI) in der ersten Jahreshälfte 2020 herausgegeben, an der auch der DAV sich mit seiner Stellungahme Nr. 40/2020 beteiligt hatte (vgl. EiÜ /20). Demnach hat es über 1250 Konsultationsbeiträge aus der gesamten Welt gegeben, die hier einsehbar sind. Kernerkenntnisse aus einer vorläufigen Auswertung des Online-Fragebogens sind u.a., dass 90% der Teilnehmer Grundrechtsverletzungen durch die Nutzung von KI fürchten. 42,5% möchten einen zukünftigen Regelungsrahmen nur auf KI-Anwendungen mit hohem Risiko beschränken, 30,6% bezweifeln solche Beschränkungen. 60,7% der Befragten sprachen sich für eine Überarbeitung der bestehenden Produkthaftungsrichtlinie aus, um Risiken abzudecken, die durch bestimmte KI-Anwendungen entstehen. 47% der Befragten sprachen sich dafür aus, dass auch die nationalen Haftungsregeln für alle KI-Anwendungen angepasst werden sollten, um eine angemessene Entschädigung und eine gerechte Haftungsverteilung zu gewährleisten. In einer vorläufigen Folgenabschätzung erwägt die Kommission zudem von einem "soft law"-Ansatz bis hin zu einem Rechtsinstrument mit verbindlichen Anforderungen mit noch zu bestimmendem Anwendungsbereich und evtl. Ex-ante- und/oder Ex-post-Durchsetzungsmechanismen vier verschiedene Optionen. In einem nächsten Schritt sollen die Konsultationsbeiträge detailliert analysiert werden. Sodann wird die Kommission eine ausführliche Folgenabschätzung veröffentlichen. Frühestens im ersten Quartal 2021, werden Gesetzgebungsvorschläge vorgelegt.

Europäische Staatsanwälte erstmals ernannt – Rat

Im Juli 2020 hat der Rat die Europäischen Staatsanwälte in den einzelnen teilnehmenden Mitgliedstaaten ernannt (vgl. Pressemitteilung). Zuständiger Europäischer Staatsanwalt in Deutschland ist Andrés Ritter, der sich auch auf den Posten des Europäischen Generalstaatsanwalts beworben hatte, den nun die Rumänen Laura Kövesi bekleidet. Die Amtszeit der Europäischen Staatsanwälte beträgt sechs Jahre und ist per Ratsbeschluss einmalig um drei Jahre verlängerbar. Die Europäische Staatsanwaltschaft nimmt ihre Tätigkeit voraussichtlich Ende 2020 auf. Derzeit nehmen 22 Mitgliedstaaten teil. Die EU-Kommission hat zudem den Entwurf einer delegierten Verordnung vorgestellt, welche die von der Europäischen Staatsanwaltschaft zu verarbeitenden Daten betrifft. Die Verordnung sieht vor, die im Annex der Verordnung befindlichen Kategorien von Personen und Daten gem. Art. 49 Abs. 3 der Verordnung 2017/1939 zur Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft als Datensubjekte und als mögliche zu verarbeitende Daten zuzulassen.

Die europäische Justiz soll digitaler werden – KOM

Die EU-Kommission hat Ende Juli 2020 einen Fahrplan zur Digitalisierung der Justiz in der EU (nur in englischer Sprache verfügbar) vorgelegt. Darin kündigt sie für das 4. Quartal 2020 die Veröffentlichung einer Mitteilung zu dem Thema an. Sie verweist auf die COVID-19-Krise, die den Bedarf nach einer Digitalisierung der Justiz und deren Schlüsselstellung für den Zugang zum Recht besonders deutlich aufgezeigt habe. Zwar hätten viele Mitgliedstaaten Anstrengungen zur Digitalisierung ihrer Justiz unternommen, doch liefe dieser Prozess zu langsam ab, auch was grenzüberschreitende Sachverhalte anbelange. Faktoren hierfür sein Kostenerwägungen, der Hang zu papierbasierter Korrespondenz, Unwille zur Veränderung, fehlende technische Interoperabilitätsstandards zwischen den ausgewählten Systemen und fehlende Regeln für elektronische Unterschriften und die Zulässigkeit digitaler Dokumente und Anträge. Die Digitalisierung soll auch diejenigen nicht im Stich lassen, die etwa keine IT-Kenntnisse oder keinen Zugang zum Internet haben. Die Mitteilung soll zunächst auf einem Toolbox-Ansatz beruhen, aber auch einen Reflektionsprozess einleiten hin zu einer möglichen legislativen EU-Regelung für digitale Kooperation in digitalen grenzüberschreitenden Verfahren.

PNR und Prüm: EU-Pläne zum Datenaustausch – KOM

Die EU-Kommission hat in einem Fahrplan ihre Pläne für ihre globale Politik zu Fluggastdaten (PNR) vorgestellt, wonach im ersten Quartal 2021 eine Mitteilung veröffentlicht werden soll, mithilfe derer sie die Standards aktualisieren will, die die EU von Drittländern erwartet, um PNR-Datenübermittlungen auf Flügen in die und aus der EU zu erhalten. Im Juli hat die EU-Kommission zudem einen Bericht zur PNR-Richtlinie 2016/681 veröffentlicht. Sie kommt darin zu dem Schluss, dass derzeit keine Änderungen der PNR-Richtlinie erforderlich sind. Nun müsse allerdings eine mögliche Ausweitung des Anwendungsbereichs der Richtlinie geprüft werden, was auch vom Ausgang der derzeit beim Gerichtshof anhängigen Vorabentscheidungsverfahren (Rs. C-148/20, C-149/20 und C-150/20, Deutsche Lufthansa) abhänge. Außerdem überprüft die Kommission die Prüm-Beschlüsse 2008/615/JI und 2008/616/JI zur Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere zur Bekämpfung des Terrorismus und der grenzüberschreitenden Kriminalität auf Unzulänglichkeiten im Lichte der operativen, technologischen, forensischen und datenschutzrechtlichen Entwicklungen im Hinblick auf eine legislative Überarbeitung im 2. Quartal 2021. Dazu hat sie eine Folgenabschätzung veröffentlicht, zu der eine Stellungnahme bis zum 6. Oktober möglich ist. Demnach könnten künftig mehr Daten zwischen den Mitgliedstaaten automatisiert ausgetauscht werden, wie z.B. biometrische Daten, gespeicherte Ausweisdokumente und Fahndungen und auch Gesichtsbilder ausgetauscht werden.

Konsultation zur Zukunft des Europäischen Vollstreckungstitels – KOM

Die Europäische Kommission führt derzeit eine öffentliche Konsultation zur Verordnung Nr. 805/2004 zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen durch. Interessenträger können bis zum 20. November 2020 ihre Meinung beitragen. Europäische Vollstreckungstitel ermöglichen eine schnellere und einfachere Anerkennung und Vollstreckung von Gerichtsurteilen in EU-Ländern. Die Verordnung hierüber machte langwierige und teure Zwischenverfahren ("Exequatur") für einige Arten von zivil- und handelsrechtlichen Forderungen überflüssig. Im Rahmen dieser Evaluierung, die den Zeitraum 2006-2019 abdeckt, wird geprüft, ob die Verordnung wirksam funktioniert und weiterhin benötigt wird.

Strategie für die Sicherheitsunion zeigt Handlungsbedarf – KOM

Mit ihrer neuen EU-Strategie für eine Sicherheitsunion hat die Kommission ein gesamtgesellschaftliches Sicherheitskonzept für die Jahre 2020-2025 vorgestellt. Aufbauend auf der Sicherheitsagenda 2015-2020 konzentriert sich die Kommission darin auf vier strategische Prioritäten, die neben der Bekämpfung von Cyberkriminalität, organisiertem Verbrechen und Terrorismus die Schaffung besserer digitaler Infrastrukturen und technisierter Strafermittlungsmaßnahmen umfassen. Eine starke europäische Sicherheitsgemeinschaft erfordere es zudem, mehr in Cybersicherheit zu investieren, Informationen unter den Mitgliedsstaaten auszutauschen und die Außengrenzen zu stärken. Einen ersten Fokus setzt die Kommission nun mit Aktionsplänen gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern sowie den illegalen Handel von Drogen und Schusswaffen.

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