Europa im Überblick, 31/2020

EiÜ 31/2020

Podcast: We need to talk about the Rule of Law – DAV/Verfassungsblog

Die Rechtsstaatlichkeit in Europa gerät immer stärker unter Druck. In Anbetracht dessen haben der Deutsche Anwaltverein und Verfassungsblog am 23. September den englischsprachigen Podcast „We need to talk about the Rule of Law“ ins Leben gerufen. In 12 Wochen und 12 Folgen wird hier die Rechtsstaatlichkeit aus allen Aspekten beleuchtet. Die erste Folge beschäftigt sich mit Verfassungsgerichten. Der Podcast ist auf allen gängigen Plattformen (Spotify, Deezer, I-Tunes) und Podcatchern sowie auf den Webseiten des DAV und des Verfassungsblogs abrufbar. Jeden Mittwoch erscheint eine neue Folge.

Veranstaltungshinweis deutsch-französischer Campus 2020 – DAV

Als Folgeveranstaltung zum Internationalen Digitalen Campus in Berlin im letzten Jahr, organisieren die Pariser Anwaltskammer und der Deutsche Anwaltverein am 8. Oktober 2020 ein virtuelles Symposium mit dem Titel „Anwaltschaft und Digitalisierung: Eine 360° Perspektive“. Die Veranstaltung soll den Austausch und die Zusammenarbeit zwischen Rechtsanwälten und Rechtsberufen aus Frankreich und Deutschland in digitalen Fragestellungen stärken und vertiefen. Das Programm der diesjährigen Konferenz ist speziell auf zwei Themen ausgerichtet: Smart contracts und Blockchain sowie die prädiktive Justiz. Alle Informationen zur Veranstaltung und zur kostenlosen Anmeldung sind hier abrufbar:

EU-Migrationspakt: Zugang zum Recht sichern! – KOM/DAV

Die EU-Kommission hat am 23. September ihren neuen Asyl- und Migrationspakt (nur in englischer Fassung) vorgelegt und will so u.a. mit fünf neuen Verordnungen das europäische Asylrecht reformieren. Dabei bleibt die Zuständigkeit des Staates der Ersteinreise wie bereits bisher nach den Dublin-Kriterien bestehen. Neu ist ein Grenzverfahren für bestimmte Personen, die aufgrund der Anerkennungsquote ihrer Mitgliedstaaten eine geringere Aussicht auf Schutz haben und nicht besonders verletzlich sind. Nach einem fünftägigen Screening zur Identitätsfeststellung sollen diese Personen ein zwölfwöchiges Schnellverfahren durchlaufen. Wird Fluchtgefahr festgestellt, können sie gar in Arrest genommen werden. Nach Abschluss des Verfahrens steht nur eine Rechtsmittelinstanz zur Verfügung, das Rechtsmittel hat zudem keine aufschiebende Wirkung hinsichtlich des Bleiberechts. Der DAV warnt in seiner Pressemitteilung davor, dass durch die Grenzverfahren eine Perpetuierung von Zuständen wie in Moria auf Lesbos droht und ein effektiver Zugang zum Recht in der kurzen Zeit insbesondere in Ermangelung einer ausreichenden Zahl von Rechtsanwälten nicht gewährleistet werden kann.

EU-Haftbefehl: Ausbildung von Praktikern hat Priorität – EP

Der Initiativbericht über die Umsetzung des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl von Javier Zarzalejos (EVP, Spanien), Mitglied im Europäischen Parlament, stellt eine Verbesserung der europäischen Zusammenarbeit bei Übergaben von Straftätern fest. Er fordert die Unterbreitung von Empfehlungen und gezielte Gesetzgebung, etwa zur Definition des Begriffs „Justizbehörde“, zur Achtung des ne bis in idem-Grundsatzes und zur Wahrung der Grundrechte. Dazu hat EU-Justizkommissar Didier Reynders im Ausschuss für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) des EU-Parlaments am 21. September 2020 betont, dass der Kommission die Ausbildung von Rechtspraktikern am Herzen liege. Obwohl seit dem letzten Umsetzungsbericht von 2011 diverse Mitgliedsstaaten aufgrund spezifischer Empfehlungen eine Anpassung ihrer Gesetzgebung vorgenommen haben, gebe es besonders bei der Umsetzung durch Praktiker Raum für Verbesserung, so Reynders. Auch wolle die Kommission der Forderung des Berichts nach besserer Verschränkung mit der Richtlinie 2013/48/EU zum Recht auf Zugang zu einem Rechtsbeistand nachkommen. Änderungsanträge können bis zum 5. Oktober 2020 eingereicht werden.

Verdächtiger im Fall Maddie McCann: Haftbefehl rechtmäßig – EuGH

Der EuGH hat sich in dieser Woche in der Rs. C‑195/20 PPU zum Grundsatz der Spezialität einer freiheitsbeschränkenden Maßnahme gegenüber einer Person, gegen die ein erster Europäischer Haftbefehl (EHB) ergangen ist, geäußert. Dieser Grundsatz nach Art. 27 Abs. 2 und 3 des Rahmenbeschlusses über den EHB 2002/584/JI besagt, dass ein Tatverdächtiger nur wegen der Taten verfolgt werden darf, auf die der EHB gestützt wird - ansonsten müssen die Behörden des Auslieferungsstaats zustimmen. Gegenstand war eine freiheitsbeschränkende Maßnahme gegen den Verdächtigen im Fall Madeleine McCann. Gegen ihn war ein erster EHB ergangen, wegen einer früheren und anderen Handlung. Dies verstößt nicht gegen das Unionsrecht, wenn diese Person den Ausstellungsmitgliedstaat des ersten EHB freiwillig verlassen hat und dorthin in Vollstreckung eines zweiten, nach dieser Ausreise zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe ausgestellten EHB übergeben worden ist, sofern im Rahmen des zweiten EHB die diesen vollstreckende Justizbehörde ihre Zustimmung zur Ausweitung der Verfolgung auf die Handlung erteilt hat, derentwegen die fragliche freiheitsbeschränkende Maßnahme verhängt worden ist.

Rumänien droht Niederlage im Justizreform-Streit – EuGH

Der EuGH-Generalanwalt Michal Bobek kommt in seinen Schlussanträgen in den verbundenen Rechtssachen C-83/19, C-195/19, C-291/19, C-355/19, C-397/19 zum Ergebnis, dass die vorläufige Ernennung des Chefjustizinspekteurs und die nationalen Vorschriften über die Errichtung einer besonderen staatsanwaltschaftlichen Abteilung mit ausschließlicher Zuständigkeit für von Richtern und Staatsanwälten begangene Straftaten gegen das Unionsrecht verstößt. Mehrere rumänische Gerichte haben den EuGH ersucht zu prüfen, ob einzelne Justizreformen in ihrem Land mit Unionsrecht vereinbar seien. Im Mittelpunkt des Verfahrens stehen die Schaffung einer Einrichtung in der Staatsanwaltschaft zur Überprüfung von Straftaten innerhalb der Justiz, sowie die vorläufige Berufung des Chefs der Justizinspektion. Beides sei nach Ansicht Bobeks nicht rechtmäßig. So müsse eine Instanz, die sich mit Fehlern von Staatsanwälten und Richtern beschäftigt, hinreichend transparent und gewichtig begründet sein, sowie durch ihre Zusammensetzung und Arbeitsweise die Vermeidung von äußerem Druck auf die Justiz garantieren. Bobek argumentiert, dass es in Rumänien jedoch an einer klaren, unzweideutigen und zugänglichen Rechtfertigung dieser Einrichtung fehle und auch eine politische Einflussnahme nicht ausgeschlossen werden könne. Die Instanz verstoße somit gegen EU-Recht. Weiterhin ließe die vorläufige Wiedereinsetzung des Leiters der Justizinspektion in Abweichung der geltenden nationalen Regelungen, Zweifel an dessen Neutralität aufkommen, worin ebenfalls ein Verstoß gegen Unionsrecht liege.

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