EiÜ 33/2021
Virtuelle Konferenz zum Digital Markets Act am 9. November 2021 – DAV
Der Europa-Ausschuss des DAV organisiert am 9. November 2021 eine hochkarätig besetzte virtuelle Veranstaltung zum Digital Markets Act. Der Verordnungsvorschlag COM(2020) 842 der EU-Kommission sieht vor, ein neues ex-ante Instrument außerhalb des Wettbewerbsrechts zu etablieren, um die missbräuchliche Ausnutzung von Marktmacht durch große Internetplattformen, sog. Gatekeeper, effektiver bekämpfen zu können (vgl. EiÜ 01/21, 17/21, 30/21). Der DAV hat sich bereits in Stellungnahme 36/21 kritisch zur problematischen Entrückung des Digital Markets Acts aus dem Kartellrecht geäußert. Auf dem Panel sitzen Ines Bernaerts, Direktorin in der Generaldirektion Wettbewerb, Dr. Ines Bodenstein, Rechtsanwältin bei Gleiss Lutz, Mark Niefer, International Counsel im US Department of Justice, Dr. Carel Maske, Rechtsanwalt bei Microsoft, Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts, Prof. Dr. Rupprecht Podszun von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Prof. Dr. Teresa Rodríguez de las Heras Ballell von der University Carlo III of Madrid, sowie Dr. Andreas Schwab, Berichterstatter im EU-Parlament. Die Teilnahme ist kostenfrei, die Anmeldung hier möglich.
Arbeitsprogramm 2022 der EU-Kommission mit Anwaltsrelevanz – KOM
„Europa gemeinsam stärker machen“ lautet der Titel des Arbeitsprogramms der Kommission von der Leyen für das Jahr 2022 (s. auch Anhang). Neben der Vollendung zahlreicher laufender Gesetzesvorhaben mit Relevanz für die Anwaltschaft (Geldwäschepaket, E-Evidence, E-Privacy, Digital Services Act und Digital Markets Act, Artificial Intelligence Act, Neues Migrations- und Asyl-Paket) ist auch viel Neues dabei: im Strafrecht kommen Initiativen zur Übertragung von Strafverfahren sowie evtl. zur Untersuchungshaft. Im Familienrecht kommt ein Gesetz zur gegenseitigen Anerkennung der Elternschaft unter den Mitgliedstaaten, im Zivilrecht die Überarbeitung der Pauschalreiserichtlinie. Im Insolvenzrecht soll nach der Pandemie noch mehr harmonisiert werden. Es gilt wie in den vergangenen Jahren der Grundsatz der besseren Rechtssetzung: für jeden neuen Vorschlag muss ein alter weichen.
Konsultation zu Haftung im Digitalen Zeitalter veröffentlicht – KOM
Die EU-Kommission hat diese Woche die lang erwartete öffentliche Konsultation zur Anpassung der Haftungsregeln an das digitale Zeitalter und an die Entwicklungen im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) eröffnet. Bis zum 10. Januar 2022 können Interessenträger dort ihre Meinung zu den Themen „Bewertung der Produkthaftungsrichtlinie“ und „KI und Haftung“ äußern. Wie schon in der Folgenabschätzung in der Anfangsphase (in Englisch) vorgesehen, will die EU-Kommission die Produkthaftungsrichtlinie an digitale Produkte anpassen. Eine Evaluation der Richtlinie (in Englisch) ergab, dass die Richtlinie insgesamt wirksam, aber aufgrund ihres veralteten Konzepts nur schwer auf digitale Produkte anwendbar ist. Dies wurde auch im Bericht der Kommission über die Auswirkungen künstlicher Intelligenz, des Internets der Dinge und der Robotik im Hinblick auf Sicherheit und Haftung aus dem Jahr 2020 bestätigt. Der DAV hat sich bereits in Stellungnahme Nr. 40/2020 dafür eingesetzt, dass die Haftungsregeln auf EU-Ebene in Bezug auf KI erweitert werden müssen. Der Legislativvorschlag wird im dritten Quartal 2022 erwartet.
E-Evidence-Stories: DAV warnt vor Grundrechtsverstößen – DAV
Die Trilogverhandlungen zur E-Evidence-Verordnung zum grenzüberschreitenden Zugriff auf elektronische Beweismittel in Strafverfahren schreiten voran. Der DAV hat gemeinsam mit weiteren Organisationen unter Federführung von European Digital Rights eine Sammlung von Beispielen zusammengestellt, die die drohenden Grundrechtsverstöße veranschaulichen, sollte das EU-Parlament seine Position nicht durchsetzen können (vgl. auch DAV-Pressemitteilung). Aus den Anschauungsbeispielen folgen konkrete Forderungen zum Schutz des Berufsgeheimnisses. Der DAV hat das E-Evidence-Vorhaben von Anfang an kritisch begleitet, vgl. bereits Stellungnahme Nr. 42/2018.
Online-Event zum Europäischen Tag der Justiz: jetzt anmelden! – BfJ/JuMi SH
Das Ministerium für Justiz, Europa und Verbraucherschutz des Landes Schleswig-Holstein und das Bundesamt für Justiz organisieren am Europäischen Tag der Justiz, dem 25. Oktober sowie den Folgetagen einige spannende Veranstaltungen, parallel sowohl virtuell als auch in Kiel (s. Gesamtprogramm). Nach einem Vortrag zur Digitalisierung der justiziellen Zusammenarbeit in Zivil- und Strafsachen folgen praxisorientierte Workshops zu der europäischen Staatsanwaltschaft, zu internationalen Sorgerechtskonflikten sowie zu den neuen Zivilrechtshilfeverordnungen zur Zustellung und Beweisaufnahme. Eine Podiumsdiskussion zum Europäischen Gerichtsverbund und eine Bürgerveranstaltung runden das Programm ab. Anmeldungen sind hier möglich.
Kreditdienstleister-Richtlinie: Bereichsausnahme für Anwälte – EP
Am 19. Oktober 2021 hat das Plenum des EU-Parlaments den Trilogkompromiss zum Richtlinienvorschlag über Kreditdienstleister, Kreditkäufer und die Verwertung von Sicherheiten (COM(2018) 135 final) angenommen. Laut Art. 2 (6) wird den Mitgliedsstaaten die Entscheidung überlassen, ob die Anwaltschaft vom Geltungsbereich der Richtlinie ausgenommen werden soll, wenn die Kreditdienstleistungen im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit erbracht werden. Der DAV hatte sich bereits 2018 für eine Bereichsausnahme für die Anwaltschaft eingesetzt (vgl. Stellungnahme Nr. 52/18, EiÜ 18/19, 39/18). Das vom DAV kritisierte AECE-Verfahren (Vereinbarung zur beschleunigten Sicherheitenverwertung durch freihändigen Verkauf oder öffentliche Versteigerung) wurde gänzlich gestrichen. Zudem ist erfreulich, dass Erwägungsgrund 22 erstmals eine unentgeltliche Prozesskostenhilfe für Kreditnehmer in Schwierigkeiten vorsieht, um das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf (Art. 47 EU-Grundrechtecharta) zu gewährleisten. Im nächsten Schritt muss die Richtlinie nun noch durch den Ministerrat formell angenommen werden. Nach dem Inkrafttreten – am 20. Tag nach der offiziellen Veröffentlichung im Amtsblatt – soll die Umsetzungsfrist 24 Monate betragen.
Disziplinarstrafen gegen Richterin verstoßen gegen Meinungsfreiheit – EGMR
In seinem Urteil Nr. 40072/13 vom 19.Oktober 2021 hat der EGMR einstimmig einen Verstoß gegen Art. 10 EMRK sowie gegen Artikel 18 i.V.m. Art. 10 EMRK festgestellt. Gegen die Klägerin, Richterin und Präsidentin der bulgarischen Richtervereinigung, wurden zwei Disziplinarstrafen, namentlich eine Gehaltskürzung sowie später ihre Entlassung, wegen tatsächlich stattgefundener Verfahrensverzögerungen verhängt. Das Gericht sah in den Sanktionen einen Eingriff in die Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung. In ihrer Eigenschaft als Präsidentin der bulgarischen Richtervereinigung äußerte sich die Klägerin häufig kritisch über die Tätigkeit des Obersten Justizrats. Der EGMR argumentiert, dass es zwar nicht ausgeschlossen sei, dass ein Richter wegen der Verletzung seiner Berufspflichten, die aus der Ausübung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung resultieren, verfolgt werden kann. In Anbetracht aller Umstände des Falles kam der EGMR jedoch zu dem Schluss, dass der eigentliche Hauptgrund des gegen die Klägerin eingeleiteten Disziplinarverfahrens nicht in den Verfahrensverzögerungen, sondern in ihren kritischen Äußerungen gegenüber dem Obersten Justizrat bestand.
Streit um die Rechtsstaatlichkeit in Polen erreicht neue Dimension – EP
Im Rahmen der Plenarversammlung des Europäischen Parlaments kam es zu einem Schlagabtausch zwischen EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen, Abgeordneten und dem polnischen Premierminister Mateusz Morawiecki über die Folgen des Urteils des polnischen Verfassungsgerichts. Das umstrittene Urteil besagt, dass zentrale Bestimmungen des EU-Vertrags (Art. 1 und 19) nach polnischem Recht verfassungswidrig sind (vgl. EiÜ 31/2021). Von der Leyen nannte in ihrer Rede die Sanktionen, die Polen drohen: ein weiteres Vertragsverletzungsverfahren, die Nutzung der Konditionalitätsverordnung zur Kürzung von EU-Mitteln sowie eine erneute Anwendung des sogenannten Artikel-7-Verfahrens. Der polnische Ministerpräsident bestritt, dass das Verfassungsgericht illegal gehandelt habe. Zudem kündigte er an, dass die Disziplinarkammer des Obersten Gerichts aufgelöst werden würde (vgl. EiÜ 25/21). Diese soll durch neue Bestimmungen ersetzt werden. Zeitgleich diskutierten die EU-Minister für europäische Angelegenheiten den Rechtsstaatlichkeitsbericht 2021 der EU-Kommission (COM(2020)0580). Sie forderten die Kommission ebenso auf, gegen die Untergrabung der europäischen Rechtsstaatlichkeit durch Polen vorzugehen und die ihr von den Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellten Mittel zu nutzen. Im Europäischen Rat am 21. Oktober äußerten sich die Staats- und Regierungschefs ebenso besorgt.
Alexei Nawalny gewinnt den Sacharow-Preis 2021 – EP
Der Sacharow-Menschenrechtspreis 2021 des EU-Parlaments geht an den russischen Oppositionspolitiker und Anti-Korruptions-Aktivist Alexei Nawalny. Dies gab die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments Heidi Hautala am 20. Oktober 2021 bekannt (siehe Pressemitteilung). Nawalny wird für seinen Mut im Kampf für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte in Russland ausgezeichnet. Am 15. Dezember 2021 wird die Verleihung des Sacharow-Preises in Straßburg stattfinden.
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