EiÜ 42/2020
Stärkung des Mandats von Europol: im Einsatz gegen den Terror - KOM
Die EU-Kommission hat am 9. Dezember 2020 sowohl einen Verordnungsvorschlag (in Englisch) für ein überarbeitetes Mandat von Europol, der EU-Agentur für Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung als auch eine Mitteilung (in Englisch) zur EU-Agenda für Terrorismusbekämpfung veröffentlicht. In der Mitteilung werden Maßnahmen identifiziert, um terroristische Bedrohungen besser zu antizipieren, zu verhindern, davor zu schützen und darauf zu reagieren. Das Hauptaugenmerk wird auf den Austausch von Informationen durch die Verknüpfung einschlägiger Datenbanken sowie durch die verbesserte Kooperation zwischen EU-Instrumenten, nationalen und internationalen Behörden gelegt. Elementarer Teil der Anti-Terror Agenda ist die Stärkung von Europol. Mit der Stärkung des Mandats der europäischen Polizeibehörde Europol soll eine bessere operative Unterstützung der Mitgliedsstaaten ermöglicht werden. Aus der Perspektive eines Verteidigers werden mit Ausnahme von Art. 26 Abs. 6 Rechte der Verteidigung nur in Erwägungsgrund 19 im Zusammenhang mit dem Recht auf Akteneinsicht festgestellt. Im Verordnungsvorschlag wird ebenso hervorgehoben, dass Europol und das European Counter Terrorism Centre in den vergangenen Jahren in jeder größeren Terrorismus-Ermittlung involviert waren. Um diesen Einsatz auch weiterhin zu stärken, stellen die direkte Zusammenarbeit mit privaten Unternehmen und die Weiterleitung von Beweisen zentrale Elemente des Vorschlags dar. Ziel ist es, vor allem online geteilte terroristische Propaganda, Anschlagspläne und die Rekrutierung möglicher Attentäter zu erfassen und diese Informationen den Mitgliedsstaaten zur Verfügung zu stellen. Auch sieht der Vorschlag vor, dass Europol nationale Strafverfolgungsbehörden bei der Analyse von großen Datensätzen, sog. Big Data, unterstützt.
Europäisches Menschenrechtssanktionssystem verabschiedet – Rat/KOM
Die Verordnung (EU) 2020/1998 über restriktive Maßnahmen gegen schwere Menschenrechtsverletzungen und –verstöße wurde am 7. Dezember 2020 im Amtsblatt veröffentlicht. Damit erhält die EU nach langen Verhandlungen ein globales Sanktionssystem gegen Personen, Organisationen und Einrichtungen – einschließlich staatlicher und nichtstaatlicher Akteure –, die für schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sind oder damit in Verbindung stehen, unabhängig davon, wo sie begangen wurden (vgl. EiÜ 35/20). So können gezielte restriktive Maßnahmen für Handlungen wie Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und andere schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen (z.B. Folter, Sklaverei, außergerichtliche Hinrichtungen, willkürliche Festnahmen oder Inhaftierungen) beschlossen werden. Auch weitere Menschenrechtsverletzungen können sanktioniert werden, wenn sie weit verbreitet sind, systematisch begangen werden oder Anlass zu ernster Besorgnis im Hinblick auf die im Vertrag festgelegten Ziele der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik geben (Artikel 21 EUV). Der Rat ist für die Erstellung, Überprüfung und Änderung der Sanktionsliste verantwortlich, auf Vorschlag eines Mitgliedsstaates oder der Hohen Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik. Mit der Sanktionsregelung betont die EU, dass die Förderung und der Schutz der Menschenrechte nach wie vor ein Grundpfeiler und eine Priorität des auswärtigen Handelns der EU sind und sie entschlossen gegen schwere Menschenrechtsverletzungen vorgehen wird. Die ersten Listungen könnten bereits im ersten Quartal 2021 stattfinden.
Deutsche Staatsanwaltschaft diesmal unabhängig genug – EuGH
Die deutsche Staatsanwaltschaft darf trotz der Möglichkeit von Einzelweisungen aus der Exekutive Europäische Ermittlungsanordnungen (EEA) erlassen. Dies hat der EuGH am 8. Dezember 2020 in der Rs. C-584/19 entschieden und folgt damit den Schlussanträgen von Generalanwalt Campos Sánchez-Bordona. Im zugrundeliegenden Fall ging es um eine EEA der Staatsanwaltschaft Hamburg an die Staatsanwaltschaft Wien mit dem Ziel, Kontounterlagen einer österreichischen Bank zu erhalten. Der EuGH hatte sich insbesondere mit der Frage auseinanderzusetzen, ob seine Rechtsprechung zum Europäischen Haftbefehl (EuHb) (vgl. C-508/18 und C-82/19; vgl. EiÜ 40/20, 22/19, 18/19), wonach die deutsche Staatsanwaltschaft als nicht unabhängig genug für den Erlass eines EuHb angesehen wurde, auf die Interpretation der Richtlinie 2014/41/EU zur EEA zu übertragen ist. Dies verneint der EuGH und begründet dies zum einen mit der geringeren Eingriffsintensität einer EEA im Vergleich zu einem EuHb, die gerade nicht das Recht der Person auf Freiheit einschränkt. Zum anderen mit dem Umstand, dass in Art. 2 lit. c Ziff. i der Richtlinie 2014/41/EU die Staatsanwaltschaft ausdrücklich als Anordnungsbehörde genannt wird, ohne dabei mögliche Einzelweisungen als Ausschlusskriterium vorzusehen.
Gegenseitiges Vertrauen bei Ausführung Europäischer Haftbefehle – EuGH
Der Generalanwalt des EuGH kommt in seinen Schlussanträgen vom 10. Dezember 2020 in der Rs. C-416/20 zu dem Ergebnis, dass das Vollstreckungsgericht eines Europäischen Haftbefehls (EuHb) nur über ein eingeschränktes Prüfungsrecht über das Ausstellungsverfahren in einem anderen Mitgliedsstaat verfügt. Die betroffenen deutschen Gerichte als Vollstreckungsgerichte , dürften den Grundsatz auf ein faires Verfahren bei Betrachtung des rumänischen Ausstellungsverfahrens berücksichtigen, aber aufgrund des gegenseitigen Vertrauens - und Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes die Vollstreckung nicht versagen, sofern keine Grundrechtsverletzung vorliege (Art. 47 GrCh und Art. 6 Abs. 1 EMRK). Der Generalanwalt weist auf die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs hin, dass Beschränkungen des Grundsatzes des gegenseitigen Vertrauens eng auszulegen sind. Die deutschen Gerichte rügten, dass das rumänische Strafverfahren das Recht auf Anwesenheit in der Strafverhandlung gemäß der Richtlinie 2016/343 und des EuHb -Rahmenbeschlusses 2002/584/JI nicht in vollem Umfang beachtet hätte. Der Generalanwalt betont allerdings, dass dem Beschuldigten die Rechtsbehelfe in einer neuen Verhandlung in dem Mitgliedsstaat, in dem er in Abwesenheit verurteilt wurde, weiterhin offen stehen gem. Art. 9 der Richtlinie 2016/343.
Keine unmenschlichen Zustände in der Lieferkette - Rat
Am 1. Dezember 2020 hat der Rat Schlussfolgerungen zum Schutz der Menschenrechte in der Lieferkette angenommen. Vor dem Hintergrund der anhaltenden Covid-19 Pandemie und unter Berücksichtigung der politischen Verpflichtungen und Ziele, wie z.B. den Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte und dem Green New Deal, sprechen sich die Mitgliedsstaaten für einen Legislativvorschlag der Europäischen Kommission aus. Dieser soll dazu beitragen, menschenunwürdige Zustände in der Lieferkette fortan zu verhindern. Der Entwurf sollte aus Sicht des Rates branchenübergreifende Sorgfaltspflichten von Unternehmen entlang der globalen Lieferketten beinhalten. Außerdem wird die EU-Kommission dazu aufgerufen, bis 2021 einen EU-Aktionsplan zu initiieren, der zu einer besseren Transparenz und zu einer Förderung der Nachhaltigkeit von Lieferketten beiträgt.
Frohe Festtage – DAV
Mit dieser Ausgabe erhalten Sie die letzte EiÜ für das Jahr 2020. Die DAV-Geschäftsstelle Brüssel wünscht Ihnen allen fröhliche und besinnliche Festtage sowie einen guten Auftakt in ein neues und besseres Jahr 2021. Die nächste EiÜ erhalten Sie voraussichtlich in der zweiten Januarwoche 2021.
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