Europa im Überblick, 01/17

MALTESISCHE RATSPRÄSIDENTSCHAFT NIMMT ARBEIT AUF – RAT

Am 1. Januar 2017 hat Malta die Präsidentschaft des Rates der EU übernommen. Malta ist nun bis zum 30. Juni 2017 der letzte Mitgliedstaat in der Trio-Ratspräsidentschaft nach der Slowakei und den Niederlanden (s. EiÜ 01/16; 24/16). Aus dem Arbeitsprogramm geht hervor, dass sich der maltesische Ratsvorsitz insbesondere auf sechs Schwerpunktbereiche konzentrieren wird. Im Bereich Justiz und Inneres werden die Themen Migration und Sicherheit in den Vordergrund gestellt. Hierzu gehören u.a. die Stärkung eines Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, die Überarbeitung der Dublin-Verordnung (s. EiÜ 32/16; DAV-Stellungnahme 67/16), die weitere Arbeit an der Einführung der Europäischen Staatsanwaltschaft (s. EiÜ 40/16) und die Fortführung von laufenden Initiativen zum besseren Schutz der Unions-Außengrenzen wie z.B. dem EU-Reiseinformations- und Genehmigungsprogramm ETIAS (s. EiÜ 37/16). Auch soll die Zusammenarbeit der EU insbesondere mit ihren südlichen Nachbarstaaten weiter vertieft werden, um dort für politische Stabilität zu sorgen. In der Binnenmarktpolitik möchte Malta die Verordnung zur Bekämpfung von Geoblocking (s. EiÜ 39/16; DAV-Stellungnahme 41/16) voranbringen, die Roaming-Gebühren abschaffen und die kleinen und mittleren Unternehmen stärken. Außerdem will Malta in der Sozialpolitik die Geschlechtergleichstellung fördern.

KONSULTATION ZUM INTERNATIONALEN INVESTITIONSGERICHTSHOF – KOM

Noch bis zum 15. März 2017 führt die Europäische Kommission eine öffentliche Konsultation (nur in englischer Sprache) zu Optionen für eine multilaterale Reform der Beilegung von Investitionsstreitigkeiten durch. Sie betrifft – wie in einer vorläufigen Folgenabschätzung der Kommission vom August 2016 angekündigt – insbesondere die mögliche Errichtung eines ständigen multilateralen Investitionsgerichtshofs. Diese Überlegungen beruhen auf einem im Mai 2015 von der EU-Handelskommissarin Malmström veröffentlichten Konzeptpapier (s. EiÜ 2/15; 17/15; 29/15). Nach den bisherigen Plänen der Kommission soll der Investitionsgerichtshof mit unabhängigen Berufsrichtern besetzt sein und über eine Berufungsinstanz verfügen. Die Verfahren sollen außerdem öffentlich stattfinden, um der geforderten Neutralität durch möglichst große Transparenz gerecht zu werden. Das Europäische Parlament unterstützt dieses Vorhaben im Rahmen von TTIP (s. EiÜ 25/15). In Anbetracht von ca. 3200 Investitionsabkommen weltweit könnte ein Investitionsgerichtshof ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem einheitlichen multilateralen ISDS-System sein. Der DAV begrüßt die neuen Plänen der Kommission grundsätzlich (s. DAV-Stn. 52/2016), sieht u.a. aber auch mögliche Schwierigkeiten in Bezug auf die Besetzung des Gerichts mit ausreichend qualifizierten Richtern und die Ausgestaltung der Berufungsinstanz, die Verfahren verzögern und hohe Kosten verursachen könnte.

BERICHT ZUR FORTBILDUNG VON ANWÄLTEN IN DER EU – KOM

Der Anteil der Anwälte, die sich bisher unionsweit im EU-Recht weiterbilden, liegt auch im Jahr 2015 weiterhin bei etwa 5%. Dies ergibt sich aus dem fünften jährlichen Bericht der Europäischen Kommission zur Aus- und Fortbildung im EU-Recht (European Judicial Training Report), der am 23. Dezember 2016 veröffentlicht wurde (s. zum Vorjahr EiÜ 36/15). Mit der konstanten Rate von jährlich 5 % könnte das Ziel der Europäischen Kommission, bis 2020 die Hälfte aller Rechtsanwender im EU-Recht fortzubilden, auch in der Anwaltschaft erreicht werden. Deutschland liegt dabei mit 5% im Mittelfeld der 21 Mitgliedsstaaten, aus denen Daten vorliegen. Laut dem Bericht haben im Jahr 2015 insgesamt 124.000 Rechtsanwender an Weiterbildungen im Unionsrecht teilgenommen. Wie in den vergangenen Jahren bemängelt die Kommission, dass die dem Bericht zugrundeliegenden Daten insbesondere private Fortbildungsanbieter häufig nicht umfassen und deshalb nicht repräsentativ seien. Die EU-Kommission möchte die Weiterbildung im EU-Recht nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ steigern. Mit diesem Ziel hat sie – wie bereits im Vorjahr – einen Ratgeber für Anbieter von Lehrveranstaltungen herausgegeben, der Hilfestellungen für die Organisation und Konzeption bieten soll.

CYBERJUSTIZ – IN ZUKUNFT MEHR EFFEKTIVITÄT? – EUROPARAT

Die Europäische Kommission für die Wirksamkeit der Justiz des Europarats (CEPEJ) will die Weiterentwicklung von Cyberjustiz vorantreiben. Daher stellte sie am 7. Dezember 2016 Leitlinien auf, um zum einen kritisch Bilanz über bisher eingesetzte Mittel des elektronischen Rechtsverkehrs zu ziehen. Zum anderen soll zur Diskussion in Bezug auf neue informationstechnische Herausforderungen der Cyberjustiz angeregt werden. Die Leitlinien beleuchten insbesondere die Aspekte des Zugangs zur Justiz, der Kommunikation zwischen Gerichten und Fachpersonal, der Gerichtsverwaltung sowie der direkten Hilfe für die Richterarbeit. Auch Deutschland nutze bereits Systeme wie „elektronische Justiz Niedersachsen“(eJuNi) oder „forumSTAR“. Ziel der Leitlinien ist es, dass Hersteller und Nutzer von gerichtlichen Informationssystemen neue Verfahren entwickeln, die rechtsstaatliche Prinzipien mit einer hohen Servicequalität der Gerichte vereinbaren. Dazu wurden Checklisten sowohl für die Organisatoren als auch für die Nutzer der IT-Systeme erstellt.

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