Stellungnahme zum freien Datenfluss in Europa – DAV
Der von der Europäischen Kommission am 13. September 2017 veröffentlichte Entwurf für eine Verordnung über einen Rahmen für den freien Verkehr nicht personenbezogener Daten COM(2017) 495 soll es Anbietern digitaler Dienste ermöglichen, diese künftig europaweit anzubieten. Mitgliedstaatliche Vorschriften, die Provider dazu verpflichten, Daten ausschließlich im jeweiligen Mitgliedsstaat zu speichern, müssten eingedämmt werden. Der DAV begrüßt in seiner Stellungnahme 4/2018 grundsätzlich das Ziel der EU-Kommission, einen freien Datenfluss in Europa zu fördern, sieht aber auch Verbesserungsbedarf. Der DAV spricht sich u.a. dafür aus, den Anwendungsbereich auf personenbezogene Daten zu erweitern. Außerdem empfiehlt der DAV bei der vorgesehenen erleichterten Datenportabilität erst die praktischen Erfahrungen mit dem Recht auf Datenübertragbarkeit aus Art. 20 DSGVO abzuwarten, bevor mit den in Art. 6 vorgeschlagenen freiwilligen Verhaltensregeln der Wirtschaft für nicht-personenbezogene Daten eine hiervon abweichende Regelung eingeführt wird. Der Rat hat am 19. Dezember 2017 seine allgemeine Ausrichtung angenommen. Im IMCO-Ausschuss des EU-Parlaments steht der Berichtsentwurf noch aus.
Drastische Wortwahl von Anwälten von Recht auf freie Meinungsäußerung erfasst – EGMR
Das Recht auf freie Meinungsäußerung aus Art. 10 EMRK umfasst nicht nur harmlose Äußerungen, sondern auch drastisch-plakativ dargestellte Meinungsäußerungen. Dies stellte der Europäische Gerichtshof für Menschrechte (EGMR) mit Urteil vom 16. Januar 2018 (Beschwerdenr. 40975/08) fest. Das Gericht stellte klar, dass nicht nur der Sinngehalt der Meinungsäußerung, sondern auch die Art der Ausdrucksweise von Art. 10 EMRK erfasst werde. Im zugrundeliegenden Fall hatte ein slowenischer Strafverteidiger den gerichtlich bestellten Sachverständigen narzisstische Züge sowie eine an Quacksalberei grenzende Handschriftanalyse vorgeworfen. Nachdem der slowenische Verfassungsgerichtshof die anschließende Festsetzung eines Ordnungsgeldes gegen den Verteidiger aufrechterhalten hatte, klagte der Strafverteidiger vor dem EGMR gegen die Entscheidung. Das slowenische Gericht war der Auffassung, dass die Verunglimpfung der Sachverständigen mit einer Missachtung des Gerichts gleichzusetzen sei, da schließlich das Gericht die Sachverständigen bestellt habe. Der EGMR befand nun, dass die Äußerungen zum einen im Zusammenhang mit der Strafverteidigung im konkreten Fall zu sehen seien, dass sie ohne weitere Erklärung aus dem Kontext gerissen seien und nicht jeglicher Grundlage entbehrten. Hatte der EGMR noch in seinem Urteil vom 27. Januar 2015 (Beschwerdenr. 66232/10) festgestellt, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung nicht grenzenlos sei (s. dazu EiÜ 04/15), so stärkte er nun die Rechte der Rechtsanwälte bei der effektiven Verteidigung.
Dr. Margarete Gräfin von Galen neues Mitglied im CCBE-Präsidium – DAV/CCBE
Der Rat der Europäischen Anwaltschaften (CCBE) hat seit dem 1. Januar 2018 ein neues Präsidium (s. CCBE-Pressemitteilung). Hierzu gehören Dr. Margarete Gräfin von Galen als 3. Vizepräsidentin, Ranko Pelicarić als 2. Vizepräsident und José de Freitas als 1. Vizepräsident. Präsident des CCBE im Jahr 2018 ist Antonín Mokrý. Frau von Galen ist seit vielen Jahren Europabeauftragte des DAV-Ausschusses Strafrecht und war bis zu Ihrer Wahl in das CCBE-Präsidium für die Bundesrechtsanwaltskammer Mitglied der deutschen Delegation beim CCBE. Der DAV freut sich, dass Frau von Galen ihr langjähriges Engagement für die Anwaltschaft nun auch im Präsidium des europäischen Dachverbands fortsetzen wird. Turnusgemäß wird Frau von Galen 2021 Präsidentin des CCBE werden.
Unterbliebene Anrufung des EuGH: BVerfG kippt Auslieferungsentscheidung – BVerfG
Zweifelsfragen über die Anwendung und Auslegung von Unionsrecht müssen letztinstanzliche Gerichte dem EuGH vorlegen, um nicht das Recht auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG sowie ihre Vorlagepflicht aus Art. 267 Abs. 3 AEUV in unvertretbarer Weise zu verletzen. Dies entschied das BVerfG mit Beschluss vom 19. Dezember 2017 (2 BvR 424/17). Das letztinstanzlich zuständige Hanseatische Oberlandesgericht (OLG) hatte zuvor die Auslieferung eines rumänischen Staatsbürgers auf Grund eines Europäischen Haftbefehls in sein Heimatland für zulässig erklärt. In seiner Begründung hatte sich das Hanseatische OLG auf bestehende EuGH-Rechtsprechung gestützt, wonach die Mitgliedstaaten zur Vollstreckung des Haftbefehls grundsätzlich verpflichtet seien und nur unter außergewöhnlichen Umständen eine Vollstreckung ablehnen dürfen, was im vorliegenden Fall aber nicht gegeben gewesen sei. Das BVerfG stellte nun klar, dass das Hanseatische OLG mit seiner Auslegung das Unionsrecht eigenständig fortgebildet habe und damit den fachgerichtlichen Beurteilungsspielraum überschritten habe. Denn der EuGH habe die hier entscheidungserheblichen Fragen hinsichtlich der Mindestanforderungen und unionsgrundrechtlichen Bewertung der Haftbedingungen aus Art. 4 GRCh noch nicht abschließend geklärt. Zudem sei die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung des Beschwerdeführers nicht von vornherein ausgeschlossen gewesen.
Bericht über Fortbildungen von Juristen im EU-Recht – KOM
Bei der Fortbildung von Juristen im EU-Recht oder Recht eines anderen Mitgliedstaates gebe es signifikante Unterschiede zwischen den Mitgliedsstaaten und den verschiedenen aufgeführten Rechtsberufen. Das ist eine der Erkenntnisse, die sich aus dem sechsten jährlichen Bericht der EU-Kommission zur Aus- und Fortbildung im EU-Recht (European Judicial Training Report 2017; für 2016 s. EiÜ 01/2017) ergibt. Während 2016 in der gesamten EU rund 43% aller Richter, 33 % aller Staatsanwälte und 28 % aller Notare an einer solchen Fortbildung teilgenommen haben sollen, seien es bei den Rechtsanwälten trotz eines leichten Anstiegs nur 5,74 % gewesen. Die deutschen Rechtsanwälte lägen mit etwas unter 5% Fortbildungsquote wie im Vorjahr im unteren Mittelfeld. Kritisch anzumerken ist, dass diese Zahlen nicht alle EU-Mitgliedstaaten und insbesondere bei den Rechtsanwälten immer noch nicht alle privaten Fortbildungsanbieter erfassen. Der DAV trägt u.a. mit seinem Kurs Einführung in das deutsche Recht für ausländische Juristen zur Fortbildung im Recht eines anderen Mitgliedstaats bei (s. EiÜ 41/17)
Elektronisches Bezahlen wird günstiger, einfacher und sicherer – KOM
Mit Inkrafttreten der überarbeiteten Zahlungsdienstrichtlinie (PSD II) (EU) 2015/2366 am 13. Januar 2018 gelten neue Rahmenbedingungen für die Zahlungsdienste in der EU. Die Neuregelung verbietet unter anderem das Erheben zusätzlicher Kosten bei Zahlungen mit Kredit- oder Debitkarten. Gleichzeitig werden strenge Sicherheitsanforderungen für elektronische Zahlungen sowie für den Schutz der Verbraucherfinanzdaten eingeführt. Ebenfalls neu sind verbesserte Verbraucherrechte wie z.B. die reduzierte Haftung für nicht autorisierte Zahlungen und die Einführung eines bedingungslosen Erstattungsrechts für Lastschriften in Euro. Deutschland hat die Richtlinie im Gesetz zur Umsetzung der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie umgesetzt.
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