PANAMA PAPERS – WAS IST DIE ROLLE VON RECHTSANWÄLTEN? – EP
Am 24. Januar 2017 fand im Sonderausschuss „PANA“ des Europäischen Parlaments (s. EiÜ 30/16) die erste von drei Anhörungen statt, bei der es um die Rolle von Rechtsanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern sowie Finanzinstituten im Rahmen des im April 2016 enthüllten Panama Papers Skandal geht (s. Video zur Anhörung). Der „PANA“-Sonderausschuss befasst sich mit der Aufklärung von auch innerhalb der EU bestehenden Praktiken zur Geldwäsche, Steuerhinterziehung und Steuervermeidung und untersucht den hierfür bestehenden Rechtsrahmen. Ein besonderes Augenmerk legen die Abgeordneten dabei auf die Rolle der sog. Intermediäre bzw. Vermittler bei der Errichtung von sog. Offshore-Strukturen und zur Verschleierung der Identität von wirtschaftlichen Eigentümern. Vertreter des Rates der Europäischen Anwaltschaften (CCBE) stellten sich dabei den Fragen der Parlamentarier und erläuterten, welche Maßnahmen die Anwaltschaft zur Aufdeckung und Bekämpfung von Geldwäsche ergreift.
DIENSTLEISTUNGSPAKET: INITIATIVEN AUF DEUTSCH VERFÜGBAR – KOM
Für das am 10. Januar 2017 veröffentlichte Dienstleistungspaket (s. EiÜ 2/17) liegen mittlerweile für die einzelnen Initiativen auch die deutschen Sprachfassungen vor: Mitteilung über Reformempfehlungen für die Berufsreglementierung COM(2016) 820, Richtlinienvorschlag für das Meldeverfahren nach der Dienstleistungsrichtlinie COM(2016) 821, Richtlinienvorschlag über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierung COM(2016) 822 sowie der Vorschlag zur Einführung einer elektronischen Europäischen Dienstleistungskarte (Richtlinien- und Verordnungsvorschlag sowie Annex).
FORTSCHRITTE GEGEN ANLASSLOSE VORRATSDATENSPEICHERUNG – EP
Eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung durch elektronische Kommunikationsdienste verstößt laut EuGH gegen Europarecht. Dies folgt aus dem EuGH-Urteil in den Rechtssachen Tele2 Sverige AB u.a. (Rs. C‑203/15 und C-698/15, s. EiÜ 42/16), zu dem der Ausschuss für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) am 24. Januar 2017 eine Aussprache mit dem Juristischen Dienst des Europäischen Parlaments hielt. Betont wurde zum einen, dass sich der Anwendungsbereich der ePrivacy-Richtlinie 2002/58/EG nicht nur auf elektronische Dienstleistungsanbieter, sondern auch auf nationale Behörden erstrecke. Zum anderen stehe eine allgemeine Speicherung sämtlicher Verkehrs- und Standortdaten im Widerspruch zur EU-Grundrechtecharta – auch im Falle zuvor getroffener Schutzvorkehrungen. Lediglich eine gezielte Vorratsdatenspeicherung sei möglich, wenn objektive Beweismittel vorlägen. Anknüpfend an die Rechtsprechung im Fall Digital Rights Ireland (C-293/12) könne der Zugriff auf Daten nur durch eine unabhängige Behörde, nach richterlicher Zustimmung und soweit ein Verdacht auf Notwendigkeit bestehe, (Verweis auf EGMR Beschwerde Nr. 47143/06 Zakharov v. Russia) erfolgen. Die Ausschussmitglieder begrüßten das Urteil, forderten jedoch die Kommission zu Maßnahmen im Hinblick auf eine Harmonisierung des Rechtsrahmens auf. Inwieweit der EuGH künftig Leitlinien zur Datenspeicherung vorgibt, wird sich unter anderem im ausstehenden EuGH-Gutachten über das PNR-Fluggastdatenabkommen mit Kanada zeigen (s. EiÜ 27/16).
KAMPF GEGEN GEOBLOCKING: PARLAMENT FORDERT ÄNDERUNGEN – EP
Am 25. Januar 2017 diskutierte der Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO) des Europäischen Parlaments den Berichtsentwurf der Berichterstatterin Róża Gräfin von Thun und Hohenstein (EVP, Polen) zum Verordnungsvorschlag COM(2016) 289 über Maßnahmen gegen Geoblocking (s. EiÜ 39/16, EiÜ 27/16). Änderungsbedarf sieht Thun und Hohenstein schon im Anwendungsbereich der geplanten Verordnung: Im Gegensatz zum Kommissionsvorschlag soll die Verordnung grundsätzlich nur Anwendung bei Geschäften mit Verbrauchern finden. Um von der Verordnung betroffen zu sein, solle es nun ausreichen, wenn sich ein Verbraucher nur vorübergehend in einem anderen Mitgliedsstaat aufhält und nicht, wie im Kommissionsvorschlag, eine dauerhafte Niederlassung notwendig sein. Außerdem wirft die Berichterstatterin die Frage der Einbeziehung urheberrechtlich geschützter Werke wieder auf und fordert nun die Anwendung auf diese in den Fällen, in denen der Händler auch im Verkaufsland eine Lizenz für deren Vertrieb besitzt. Nach dem Vorschlag der Kommission sollen urheberrechtlich geschützte Werke nicht erfasst sein. Der DAV sieht eine Einbeziehung ebenfalls kritisch (s. DAV-Stellungnahme 41/16), da die Erschöpfung in Bezug auf Schutzrechte bei digitalen Inhalten grundsätzlich unklar sei und die Rechteinhaber bei einem Diskriminierungsverbot durch die Geoblocking-Verordnung nicht ausreichend geschützt sein könnten. Der Binnenmarkt-Ausschuss möchte hierzu eine eigene Folgenabschätzung einholen.
CETA: HANDELSAUSSCHUSS STIMMT FREIHANDELSABKOMMEN MIT KANADA ZU – EP
Der Ausschuss für internationalen Handel (INTA) des Europäischen Parlaments hat am 25. Januar 2017 das umfassende Wirtschafts- und Handelsabkommen CETA (Comprehensive Economic and Trade Agreement) zwischen der EU und Kanada gebilligt (s. Pressemitteilung). Nun muss noch – voraussichtlich am 15. Februar 2017 – das Plenum des Parlaments zustimmen. Sodann kann CETA bis zur Ratifizierung durch die EU-Mitgliedstaaten in den Bereichen, die in die ausschließliche Zuständigkeit der Europäischen Union fallen – etwa im Bereich Zoll –, vorläufig angewendet werden. Durch das Freihandelsabkommen werden fast alle Einfuhrzölle und andere Handelshemmnisse zwischen der EU und Kanada abgeschafft. Gleichzeitig sollen die Arbeitnehmerrechte, Umweltstandards und die Verbrauchersicherheit aufrechterhalten werden. Durch das Abkommen werden unter anderem Zugangsbeschränkungen bei öffentlichen Vergabeverfahren aufgehoben und die Dienstleistungsmärkte gegenseitig geöffnet. Hingegen bleiben die Befugnisse einzelner Staaten in den Bereichen Gesetzgebung, Regulierung und Erbringung öffentlicher Dienstleistungen wie zum Beispiel der Gesundheitsversorgung und Bildung erhalten. Die Regelungen zur Streitbeilegung, die noch im Februar 2016 geändert wurden (s. EiÜ 9/2016), werden hingegen erst nach der vollständigen Ratifizierung des Abkommens durch die EU-Mitgliedstaaten anwendbar sein.
DEUTSCHE MITBESTIMMUNGSRECHTE AUF DEM PRÜFSTAND – EUGH
Die Arbeitnehmerbeteiligung in den Aufsichtsgremien von deutschen Unternehmen steht auf dem Prüfstand des EuGH. Ein Aktionär der TUI AG hatte vor dem Kammergericht Berlin (Vorlagebeschluss vom 16.10.2015 – 14 W 89/15) gegen die Besetzung des TUI-Aufsichtsrats geklagt und dabei die Frage aufgeworfen, ob es mit dem Diskriminierungsverbot (Art. 18 AEUV) und der Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art. 45 AEUV) vereinbar sei, dass ein Mitgliedstaat das aktive und passive Wahlrecht für die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsorgan eines Unternehmens nur solchen Arbeitnehmern einräume, die im Inland beschäftigt seien. In der mündlichen Verhandlung vor dem EuGH in der Rs. Erzberger am 24. Januar 2017 erklärte die EU-Kommission, sie halte die deutschen Regelungen zur Mitbestimmung von Arbeitnehmern in Aufsichtsräten für europarechtskonform (s. Pressemitteilung). Eine mögliche Beschränkung der Freizügigkeit von Arbeitnehmern könne durch die sozialen Ziele der Mitbestimmung gerechtfertigt sein. Die Kommission begründet ihre Auffassung auch mit der von ihr derzeit erarbeiteten Säule sozialer Rechte (s. EiÜ 10/16), die unter anderem gemeinsame Standards für Arbeitnehmerrechte enthalten werde. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und der Deutsche Gewerkschaftsbund hatten die deutschen Regelungen in einer gemeinsamen Erklärung ebenfalls verteidigt. Die Schlussanträge des Generalanwalts sind für den 4. Mai 2017 angekündigt. Die Entscheidung könnte Auswirkungen auf die Berechnung der Sitzverteilung in den Aufsichtsräten haben und damit die Regelungen zur Mitbestimmung insgesamt infrage stellen.
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