Europa im Überblick, 05/16

AKTIONSPLAN ZUR INTENSIVIERUNG DER BEKÄMPFUNG DER TERRORISMUSFINANZIERUNG – KOM

Terroristen sollen anhand ihrer Geldbewegungen leichter aufgespürt werden können, die Verschiebung von Geldern soll verhindert und Einnahmequellen terroristischer Organisationen sollen ausgetrocknet werden. Die Europäische Kommission hat dazu am 2. Februar 2016 einen Aktionsplan zur Intensivierung der Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung (COM(2016) 50/2) vorgestellt. Dieser ist Teil der Umsetzung der Europäischen Sicherheitsagenda. Der Aktionsplan sieht die Vorlage von Änderungsvorschlägen an der 4. Geldwäscherichtlinie 2015/849/EU bis spätestens zum Ende des zweiten Quartals 2016 vor, z.B. für strenge Sicherheitsvorkehrungen für Finanztransaktionen aus Hochrisikoländern und die Stärkung der Befugnisse der Zentralstellen für Geldwäsche-Verdachtsanzeigen der EU. Die Änderungen werden zu einem Zeitpunkt vorgenommen werden, an dem die Umsetzungsfrist der Richtlinie (26. Juni 2017) noch nicht abgelaufen ist. Weitere im Aktionsplan angekündigte Maßnahmen umfassen u.a. einen Legislativvorschlag zur Bekämpfung illegaler Barmittelbewegungen, mit dem der Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 1889/2005 über die Barmittelüberwachung ausgedehnt werden soll.

DATENÜBERTRAGUNG IN DIE USA: DAS SCHUTZSCHILD ERSETZT DEN SICHEREN HAFEN – KOM

Die EU hat sich mit den USA auf ein neues Datenschutzabkommen zur Übertragung personenbezogener Daten in die USA geeinigt (s. Pressemitteilung). Der „EU-US Privacy Shield“ soll künftig die Safe Harbor Entscheidung der Kommission ersetzen, nachdem der EuGH diese für nichtig erklärt hatte (C-362/14, Vgl. EiÜ 32/15). Die von den EU-Datenschutzbehörden ursprünglich bis zum 2. Februar 2016 gesetzte Frist, eine Einigung über die künftige Datenübertragung in die USA zu erzielen, bevor das Safe-Harbor-Urteil in Kraft trete, werde bis April verlängert, erklärte die „Artikel 29-Gruppe“ europäischer Datenschutzbehörden. Zunächst müsse der in drei Wochen zu erwartende neue Text bis Ende März geprüft werden, bevor die Datenschutzbehörden die aktuell auf alternativen Übertragungsgrundlagen stattfindende Datenübertragung der Konzerne in die USA wieder prüfen würden. Aus dem EU-Parlament wurden kritische Stimmen laut, die neuen Vereinbarungen würden dem EuGH-Urteil nicht gerecht. Das US Department of Commerce soll die Datenverarbeitung persönlicher Daten aus Europa durch US-Konzerne und die Einhaltung von US-Recht künftig überwachen. Die US-Regierung soll schriftlich zusagen, dass der Datenzugang der U.S. Sicherheitsbehörden begrenzt und einer Kontrolle unterzogen wird. Ein unabhängiger Bürgerbeauftragter soll sich um die Beschwerden von EU-Bürgern kümmern und auch Geheimdienstakten einsehen können. Ein kostenloses Schlichtungsverfahren soll den EU-Bürgern zusätzliche Rechtschutzmöglichkeiten geben.

AUSWEISUNG DRITTSTAATSANGEHÖRIGER BEI SORGERECHT FÜR EU-BÜRGER – EUGH

Unter Umständen ist es nicht zulässig, einem drittstaatsangehörigen Elternteil mit alleinigem Sorgerecht für einen minderjährigen Unionsbürger lediglich aufgrund einer Vorstrafe einen Aufenthaltstitel zu versagen, so Generalanwalt Maciej Szpunar am 4. Februar 2016 in seinen Schlussanträgen in den verbundenen Rechtssachen C-165/14 und C-304/14. Artikel 20 AEUV sei dahin auszulegen, dass es einem Mitgliedstaat grundsätzlich untersagt sei, einen drittstaatsangehörigen Elternteil eines Kindes, das Unionsbürger ist und für das dieser Elternteil tatsächlich das alleinige Sorgerecht wahrnehme, in einen Drittstaat auszuweisen, wenn dadurch dem Kind der tatsächliche Genuss des Kernbestands seiner Rechte als Unionsbürger verwehrt würde.  Unter außergewöhnlichen Umständen könne ein Mitgliedstaat allerdings eine solche Maßnahme erlassen, wenn diese verhältnismäßig sei, sich auf das persönliche Verhalten des Staatsangehörigen (das eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen muss, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt) und auf zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit stütze.

URTEIL ZUR SPORTWETTENVERMITTLUNG IN DEUTSCHLAND – EUGH

Der EuGH hat am 4. Februar 2016 in seinem Urteil Sebat Ince (Rs. C-336/14) entschieden, dass der deutsche Glücksspielstaatsvertrag auch nach der Reform im Jahr 2012 weiterhin unionsrechtswidrig ist. Im Ausgangsverfahren wird der Angeklagten, Frau Ince, zur Last gelegt, in der von ihr betriebenen „Sportsbar“ über einen aufgestellten Spielautomaten Sportwetten ohne Erlaubnis an einen Wettveranstalter mit Lizenz in Österreich vermittelt zu haben. Zum Zeitraum des ersten Tatvorwurfs unterlag die Veranstaltung/Vermittlung von Sportwetten einem staatlichen Monopol nach dem Glücksspielstaatsvertrag 2008 (GlüStV). Dieser untersagte die Vermittlung von Sportwetten ohne Erlaubnis und schloss unionsrechtswidrig die Erlaubniserteilung an private Wirtschaftsteilnehmer aus. Nach dem Urteil des Gerichtshofs sind die Strafverfolgungsbehörden hier durch die Dienstleistungsfreiheit daran gehindert, die ohne Erlaubnis erfolgte Vermittlung von Sportwetten zu ahnden. Der zweite Tatvorwurf unterfällt dem Glücksspieländerungsstaatsvertrag (GlüÄndStV) von 2012. Nach der dort eingeführten Experimentierklausel können private Wirtschaftsteilnehmer während eines Zeitraums von sieben Jahren eine Konzession für die Veranstaltung von Sportwetten erhalten. Zur Zeit des zweiten Tatvorwurfs war allerdings keine der zwanzig zur Verfügung stehenden Konzessionen vergeben, sodass keinem privaten Wirtschaftsteilnehmer die Veranstaltung von Sportwetten erlaubt war. Die Experimentierklausel setzt damit nach Ansicht des Gerichtshofs faktisch das unionsrechtswidrige Monopol fort. Damit verstoße die deutsche Rechtslage weiterhin gegen die EU-Dienstleistungsfreiheit.

KLAGEBEFUGNIS EINES LIZENZNEHMERS BESTEHT UNABHÄNGIG VON DER EINTRAGUNG INS MARKENREGISTER – EUGH

Der EuGH hat mit Urteil vom 4. Februar 2016 im Fall „Hassan“ (C‑163/15) entschieden, dass Art. 23 Abs. 1 S. 1 der Gemeinschaftsmarkenverordnung Nr. 207/2009 dahin auszulegen ist, dass der Lizenznehmer Ansprüche wegen Verletzung der Gemeinschaftsmarke, die Gegenstand der Lizenz ist, geltend machen kann, obwohl die Lizenz nicht in das Gemeinschaftsmarkenregister eingetragen worden ist. Die Frage war dem EuGH vom OLG Düsseldorf vorgelegt worden. Geklagt hatte die Breidig Vertriebsgesellschaft mbH als Lizenznehmerin gegen Herrn Hassan wegen der Benutzung der Marke „Arktis“ für Bettdecken. Durch Lizenzvertrag war die Klägerin verpflichtet, im eigenen Namen Rechte wegen der Verletzung der Markenrechte der Lizenzgeberin geltend zu machen, ohne dass eine Eintragung der Lizenz ins Markenregister erfolgt war. Art. 23, der eine Registereintragung voraussetzt, regele nur die Wirkung bestimmter Rechtshandlungen gegenüber Dritten, die Rechte an der Gemeinschaftsmarke hätten. Nach Art. 22 sei das Recht des Lizenznehmers, ein Verfahren wegen Verletzung einer Gemeinschaftsmarke anhängig zu machen, jedoch nur von der Zustimmung des Inhabers der Marke abhängig.

EU-STRATEGIE FÜR GESCHLECHTERGLEICHSTELLUNG 2015 GEFORDERT – EP

Die Strategie für die Gleichstellung von Frauen und Männern (2010-2015) der EU-Kommission ist bereits Ende 2015 ausgelaufen – ohne dass die Kommission eine neue Strategie für die Jahre 2016-2020 vorgelegt hat. Im Plenum des EU-Parlaments wurde die Kommission deshalb am 3. Februar durch Annahme eines Entschließungsantrags aufgefordert, eine neue Strategie anzunehmen – zum zweiten Mal seit Juni 2015. Im Dezember 2015 hatte die Kommission lediglich ein internes Arbeitsdokument „Strategisches Engagement für die Gleichstellung der Geschlechter 2016-2019“ veröffentlicht. Mit diesem Dokument sei die Kommission nicht ihrer politischen Pflicht nachgekommen, so die Vorsitzende des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter (FEMM) García Pérez. Ein Kommissionsvertreter führte aus, die Kommission beabsichtige nicht, ihr Arbeitsdokument durch eine „Strategie“ in Form einer Mitteilung zu ersetzen. Es zähle weniger die Form, in der die Kommission ihre Pläne zur Förderung der Gleichstellung darstelle, als vielmehr ihre praktische Arbeit.

REFIT – PLATTFORM FÜR EINE BESSERE RECHTSETZUNG IN DER EU GESTARTET – KOM

Am 29. Januar 2016 haben 48 Teilnehmer an der ersten Sitzung der neu eingerichteten REFIT-Plattform (vgl. EiÜ 42/15, EiÜ 19/15, Pressemitteilung) teilgenommen. Die Teilnehmer – Vertreter von Interessensgruppen, dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss, dem Ausschuss der Regionen und den Mitgliedsstaaten – sollen die Effizienz und Wirksamkeit von EU-Rechtsvorschriften und deren Umsetzung in den Mitgliedsstaaten prüfen. Zu diesem Zweck ist auch ein Online-Portal für die Öffentlichkeit freigeschaltet worden, über das bereits über 250 Vorschläge für eine bessere Rechtsetzung eingegangen sind. Die REFIT-Plattform wird regelmäßig tagen und vor allem auf Grundlage der Anregungen der Öffentlichkeit Empfehlungen und Bemerkungen für die EU-Kommission erarbeiten. Diese wird dann prüfen, welche Maßnahmen sie umsetzen möchte.

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