BALD MEHR SCHUTZ FÜR WHISTLEBLOWER IN DER EU? – KOM
Die EU-Kommission hat am 26. Januar 2017 eine Folgenabschätzung zum Schutz von Whistleblowern in der Europäischen Union veröffentlicht (s. EiÜ 24/16). Aufbauend auf einer Empfehlung des Europarates aus dem Jahr 2014 sowie den Schlussfolgerungen des Rates zu Steuertransparenz vom 11. Oktober 2016 mit Aufforderung an die Kommission, künftige Maßnahme auf EU-Ebene zu prüfen, stellt die Kommission in der Folgenabschätzung u.a. fest, dass das Schutzniveau für Hinweisgeber in den Mitgliedstaaten noch sehr unterschiedlich ausfällt. Um die Bereitschaft der Aufdeckung illegaler Aktivitäten in der Wirtschaft zu erhöhen, müssen aus Sicht der Kommission Unklarheiten und Rechtslücken, etwa zu drohender straf- oder zivilrechtlicher Verfolgung und arbeitsrechtlichen Folgen, beseitigt werden. Ob hierzu ein legislativ bindendes Instrument notwendig ist, wird die Kommission u.a. in einer noch im ersten Halbjahr 2017 zu veröffentlichenden öffentlichen Konsultation erfragen.
NOTARBERUF NICHT AN STAATSANGEHÖRIGKEIT GEBUNDEN – EuGH
Auch in Ungarn verletzt das Staatsangehörigkeitserfordernis für Notare die Niederlassungsfreiheit aus Art. 49 AEUV. Dies entschied der EuGH mit Urteil vom 1. Februar 2017 (Rs. C-392/15) wie schon zuvor in der gleichen Frage unter anderem gegen Lettland (Rs. C-151/14, siehe EiÜ 04/14) und Deutschland (Rs. C-54/08). Die ungarische Regierung hatte in dem Verfahren u.a. vorgebracht, dass der Notarberuf nicht als wirtschaftliche Tätigkeit angesehen werden könne und folglich nicht unter Art. 49 AEUV falle. Nach seiner ständigen Rechtsprechung (vgl. auch die Verfahren gegen Griechenland (Rs. C-61/08), Österreich (Rs. C-53/08), Luxemburg (Rs. C-51/08), Frankreich (Rs. C-50/08) und Belgien (Rs. C-47/08)) prüfte der EuGH , ob die notariellen Tätigkeiten nach ihrer Definition in der ungarischen Rechtsordnung als unmittelbar und spezifisch mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden ausgestaltet sind, etwa durch Entscheidungs- oder Zwangsbefugnisse oder durch den Einsatz von Zwangsmitteln. In diesem Fall wäre der ungarische Notarberuf nach Art. 51 AEUV der Niederlassungsfreiheit entzogen und könnte ungarischen Staatsbürgern vorbehalten werden. Das Gericht kam aber zu dem Schluss, dass die Aufgaben der ungarischen Notare jeweils eine freiwillige Mitwirkung der Parteien vorsehen oder gerichtliche Entscheidungen unberührt lassen, weshalb eine Ausnahme gemäß Art. 51 AEUV auch in Ungarn nicht in Betracht kam.
GRENZÜBERSCHREITENDE VERSCHMELZUNGEN UND -SPALTUNGEN – EP
Am 31. Januar 2017 hat der Berichterstatter Enrico Gasbarra (S&D) im Rechtsausschuss (JURI) des EU-Parlaments seinen Initiativberichtsentwurf über die Durchführung grenzüberschreitender Unternehmensverschmelzungen und –spaltungen vorgestellt. Anlass für den Initiativbericht ist der Plan der Kommission, noch 2017 die Richtlinie 2005/56/EG über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten zu überarbeiten. Nach Ansicht des Berichterstatters sollten auch bislang unionsrechtlich nicht geregelte Rechts- und Verfahrensvorschriften für grenzüberschreitende Unternehmensspaltungen eingeführt werden. Zu demselben Ergebnis kommt eine Studie des wissenschaftlichen Dienstes des EU-Parlaments. Gasbarra betont die Bedeutung einer möglichst weitgehenden Harmonisierung für die von Verschmelzungen betroffenen Akteure, z.B. der Rechte der Arbeitnehmer, deren Anlehnung an entsprechende Regeln in der Europäischen Gesellschaft (SE) er begrüße. Die Verfahrensvorschriften zu grenzüberschreitenden Unternehmensverschmelzungen sollten beispielsweise durch Standardformulare und Digitalisierungspraktiken vereinfacht werden. Die Frist für Änderungsanträge endet am 9. Februar 2017.
ASYL BEI MITGLIEDSCHAFT IN TERRORISTISCHER VEREINIGUNG? – EUGH
War ein Asylantragsteller an den Handlungen einer terroristischen Vereinigung beteiligt, so kann sein Antrag unabhängig davon, ob er diese persönlich begangen hat, abgelehnt werden. Es genügt u.a. die Anwerbung oder Beförderung von Personen, die in einen anderen Staat reisen, um terroristische Handlungen zu planen oder zu begehen. Dies entschied der EuGH in seinem Urteil Lounani (C-573/14) am 31. Januar 2017. Gegenstand des Verfahrens war die Auslegung der Anerkennungsrichtlinie und des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI zur Terrorismusbekämpfung. Der Asylantragsteller klagte im Jahr 2010 gegen die Ablehnung seines Asylantrags, nachdem ihn das Strafgericht Belgiens wegen der Zugehörigkeit zur islamischen Gruppe marokkanischer Kämpfer verurteilt hatte, ohne ihm konkrete Handlungen vorzuwerfen, die i.S.d. Anerkennungsrichtlinie „den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen […] zuwider(laufen)“. Über den konkreten Antrag auf internationalen Schutz muss nun die zuständige nationale Behörde entscheiden. Nach Ansicht des EuGH spricht jedoch für den Ausschluss von der Anerkennung als Flüchtling, dass die terroristische Vereinigung sich auf der Sanktionsliste der Vereinten Nationen befindet und der Antragsteller rechtskräftig wegen der Beteiligung an den Aktivitäten einer terroristischen Vereinigung verurteilt worden ist.
BERUFSGEHEIMNIS VOR NACHRICHTENDIENSTEN SCHÜTZEN – EUROPARAT
Die Konferenz der internationalen Nichtregierungsorganisationen beim Europarat (Conference of INGOs) hat am 27. Januar Empfehlungen zum Thema „Überwachung von Rechtsanwälten: Bedürfnis nach Standards zum Schutz des Mandatsgeheimnisses“ angenommen. Die INGO-Konferenz empfiehlt darin dem Ministerkomitee des Europarats die Verabschiedung von Empfehlungen zum Schutz des Berufsgeheimnisses. Die Empfehlungen waren u.a. durch den Rat der Europäischen Anwaltschaften (CCBE) vorbereitet worden und stimmen inhaltlich mit dessen Empfehlungen zum Thema „Schutz des Berufsgeheimnisses vor nachrichtendienstlicher Überwachung“ überein (s. EiÜ 20/16). In der „INGO“-Konferenz sind neben dem CCBE insgesamt 320 internationale Nichtregierungsorganisationen vertreten, welche sich zweimal im Jahr treffen und Empfehlungen an den Europarat richten.
Adoptionen sollen gegenseitig direkt anerkannt werden – EP
Grenzübergreifende Adoptionsentscheidungen innerhalb der EU sollen nicht zu Lasten des Kindeswohls getroffen werden. Daher forderte das Europäische Parlament in der Plenarsitzung am 2. Februar 2017 mit deutlicher Mehrheit die EU-Kommission gem. Art. 225 AEUV dazu auf, einen Legislativvorschlag vorzulegen. Kernpunkt der angenommenen Entschließung, die auf einen Berichtsentwurf von Tadeusz Zwiefka (EVP) zurückgeht (s. EiÜ 22/16), ist die gegenseitige automatische Anerkennung von Adoptionen. Hierzu soll das Anerkennungsverfahren von innerstaatlichen Adoptionsverträgen mittels eines europäischen Adoptionsvertrages unionsweit beschleunigt werden. Laut Zwiefka bestehe etwa im Falle des Umzugs einer Familie mit adoptierten Kindern in einen anderen Mitgliedstaat Handlungsbedarf. Derzeit müssten diese Familien mit erheblichen rechtlichen und bürokratischen Hürden rechnen. Die Resolution verpflichtet die Kommission nicht zur Vorlage von Legislativvorschlägen, allerdings müsste sie eine Ablehnung begründen.
STUDIE ZUR UMSETZUNG DER MEDIATIONSRICHTLINIE – EP
Am 31. Januar 2017 hat der Wissenschaftliche Dienst des EU-Parlaments eine Studie zur „Bewertung der EU-weiten Umsetzung der Richtlinie 2008/52/EU über bestimmte Aspekte der Mediation in Zivil- und Handelssachen“ im Rechtsausschuss (JURI) vorgestellt. (s. EiÜ 39/16). Demnach sei die Umsetzung der Mediationsrichtlinie insgesamt positiv zu bewerten, da mit nur geringem finanziellen Umsetzungsaufwand in allen Mitgliedstaaten mehr Mediationsangebote zur Verfügung stünden. Verbesserungen seien bei der Bereitstellung von Informationen für potentielle Parteien erforderlich, um Mediation effizienter gestalten zu können. Die Kommission solle die Mitgliedsstaaten zum Daten- und Erfahrungsaustausch im Hinblick auf Mediation anregen. Die Mitgliedstaaten selbst sollten sich künftig u.a. auf die Verbreitung von Informationen über Mediation in der Anwaltschaft und die mögliche Einführung einer Informationsverpflichtung gegenüber Parteien konzentrieren. In Deutschland gelten seit 1. Februar 2017 solche Informationspflichten etwa im Hinblick auf die Möglichkeit eines Verfahrens zur alternativen Streitbeilegung vor der zuständigen Verbraucherstreitbeilegungsstelle.
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