Europa im Überblick, 05/2023

EiÜ 05/2023

E-Evidence: zuständiger Ausschuss nimmt Kompromisstext an – EP

Bereits im November 2022 hatten sich Rat und EU-Parlament auf einen Kompromiss zur E-Evidence-Verordnung geeinigt (s. dazu bereits EiÜ 41/22). Mittlerweile ist der Kompromisstext verfügbar. Nach Zustimmung des Ausschusses der Ständigen Vertreter (vgl. dazu bereits EiÜ 03/23) hat nun auch der zuständige Ausschuss für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) des Europäischen Parlaments dem Kompromiss zugestimmt (vgl. PM). Nun müssen noch das Plenum des EU-Parlaments und der Rat die Verordnung endgültig annehmen. Das Paket tritt 20 Tage nach der Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft. Die Bestimmungen gelten nach einer Übergangszeit von 36 Monaten. Bereits zu Beginn des Gesetz­ge­bungs­ver­fahrens hat der DAV in seiner Stellungnahme Nr. 42/2018 grundsätzliche Kritik an dem E-Evidence-Vorhaben geäußert (vgl. EiÜ 41/20; 40/19; 13/19; 44/18) und diese auch im Laufe des Verfahrens immer wieder vorgetragen.

Berichtsentwurf zum Datengesetz angenommen – EP

Der Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie (ITRE) des EU-Parlaments hat am 9. Februar 2023 den Berichtsentwurf von Berichterstatterin Pilar del Castillo Vera (EVP, Spanien) zum Datengesetz angenommen, vgl. Pressemitteilung (in Englisch). Der Vorschlag der EU-Kommission beinhaltet harmonisierte Vorschriften für einen fairen Datenzugang und eine faire Datennutzung und soll zugleich zur Wettbewerbsstärkung und Innovationsförderung in der Datenwirtschaft beitragen, vgl. (EiÜ 32/22). Zu begrüßen ist, dass die Bereitstellung von Daten gegenüber öffentlichen Stellen sich nach dem Berichtsentwurf nicht auf solche Daten erstrecken darf, die dem Berufsgeheimnis unterliegen. Der Parlamentsbericht beinhaltet ferner eine Stärkung der Regeln über den Schutz von Geschäftsgeheimnissen – ebenso eine Forderung, die auch der DAV in seiner Stellungnahme 40/22 aufgestellt hatte. Die Verordnung bildet neben dem Daten-Governance-Gesetz zur Regelung der gemeinsamen Nutzung von Daten (vgl. EiÜ 07/22), welches am 23. Juni 2022 in Kraft getreten ist, den zweiten Pfeiler der Europäischen Datenstrategie der EU-Kommission. Der Berichtsentwurf wird voraussichtlich Mitte März 2023 durch das Plenum des EU-Parlaments angenommen.

Plattformarbeit: Plenum bereit für Verhandlungen zur Richtlinie – EP

Der Bericht des federführenden Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (EMPL) zum Vorschlag der EU-Kommission über eine Richtlinie für Plattformarbeit (COM (2021)0762) wurde am 2. Februar 2023 im Plenum des EU-Parlaments angenommen. Die Gesetzgebungsinitiative sieht die Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Personen, die Dienstleistungen über digitale Plattformen erbringen, vor (vgl. EiÜ 19/22). Da 212 Abgeordnete gegen und 376 für das Mandat gestimmt haben, ist die erforderliche Mehrheit zustande gekommen, um nun in die Trilogverhandlungen zwischen EU-Kommission, EU-Parlament und Rat einzutreten. Für den Beginn der Gespräche ist die Festlegung der Position des Rates noch abzuwarten.

Kritik am Rechtsstaatlichkeitsbericht – EP

Am 6. Februar 2023 hat der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten des EU-Parlaments (LIBE) den Entwurf eines Entschließungsantrags zum Rechtsstaatlichkeitsbericht 2022 angenommen (vgl. Pressemitteilung in Englisch). In dem Antrag begrüßte der Ausschuss das erstmalige Hinzufügen länderspezifischer Empfehlungen, kritisierte aber deren mangelnde rechtliche Verbindlichkeit (vgl. auch EiÜ 27/22). So spricht sich der Ausschuss dafür aus, mithilfe von Vergleichsmaßstäben die Umsetzung der Maßnahmen nach einem klaren Zeitplan zu kontrollieren. Durch eine Verbindung des Rechtsstaatlichkeitsberichts mit z.B. dem Konditionalitätsmechanismus könne die Missachtung der Empfehlungen sanktioniert werden. Zudem forderte der Ausschuss länderspezifische Empfehlungen zum Einsatz von Überwachungs- und Spähsoftware sowie zu den Auswirkungen der Covid-19 Maßnahmen auf die Demokratie. Der Umfang des Berichts sollte zudem auf alle in Artikel 2 EUV geschützten Werte ausgeweitet werden. Schließlich dringen die Abgeordneten auf die Einsetzung eines unabhängigen Expertengremiums zur Beratung der EU Institutionen in Zusammenarbeit mit der EU-Grundrechteagentur FRA. Dies sei erforderlich, um dem thematischen Zusammenhang zwischen Rechtsstaatlichkeit und Grundrechten gerecht zu werden. Im nächsten Schritt soll der Entwurf im März 2023 vom Plenum verabschiedet werden.

Datenschutzbeauftragte abberufen? Nur mit wichtigem Grund! – EuGH

Der EuGH hat am 9. Februar 2023 zwei Urteile bezüglich des Verhältnisses von BDSG und DSGVO gefällt (Rs.C-453/21; C-560/21). Demzufolge sei es zulässig, in den nationalen Vorschriften – im konkreten Fall dem BDSG – strengere Anforderungen an die Abberufung eines Datenschutzbeauftragten zu stellen, als es die DSGVO vorschreibt. Ausgangspunkt waren zwei vor dem Bundesarbeitsgericht anhängige Klagen, in denen zu entscheiden war, ob Datenschutzbeauftragte mit weiteren Ämtern innerhalb derselben Unternehmen wegen möglicher Interessenkonflikte abberufen werden können. Die Kläger beriefen sich darauf, dass kein wichtiger Grund vorläge, welcher eine Abberufung rechtfertigen könnte, dies jedoch nach deutschen Vorschriften, auf die das BDSG verweist, erforderlich sei (vgl. § 6 Abs. 4 S. 1 BDSG i.V.m § 626 BGB). Demgegenüber steht die weniger strenge Regelung der DSGVO, wonach ein Interessenkonflikt bestehen kann, wenn einem Datenschutzbeauftragten andere Aufgaben oder Pflichten übertragen werden, die ihn dazu veranlassen würden, die Zwecke und Mittel der Verarbeitung personenbezogener Daten bei dem Verantwortlichen oder seinem Auftragsverarbeiter festzulegen. Laut EuGH stehen die Regelungen der DSGVO einer strengeren nationalen Regelung nicht entgegen. Ob die Voraussetzungen zur Abberufung der Kläger nun tatsächlich vorliegen, ist von den nationalen Gerichten selbst zu prüfen.

Keine Ermäßigung von laufzeitunabhängigen Kosten eines Kredits – EuGH


Am 09. Februar 2023 hat der EuGH ein Urteil (Rs. C-555/21) zum Recht der Verbraucher:innen auf Ermäßigung der Gesamtkosten eines Immobilienkredits bei vorzeitiger Kreditrückzahlung gefällt. Gem. Art. 25 Abs. 1 der Richtlinie (2014/17/EU) haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass die Verbraucher das Recht haben, ihre Verbindlichkeiten aus einem Kreditvertrag vollständig oder teilweise vor Ablauf des Vertrags zu erfüllen. In solchen Fällen hat der Verbraucher das Recht auf Ermäßigung der Gesamtkosten des Kredits, die sich nach den Zinsen und den Kosten für die verbleibende Laufzeit des Vertrags richtet. Mit seiner Vorlagefrage wollte der Oberste Gerichtshof im Zusammenhang mit der Klausel eines (Verbraucher)- Immobiliarkreditvertrags wissen, ob Art. 25 Abs. 1 dahin auszulegen ist, dass das Recht auf Ermäßigung der Gesamtkosten des Kredits über Zinsen und laufzeitabhängige Kosten hinaus auch laufzeitunabhängige Kosten (anteilig) erfasst. Dies hat der EuGH nun verneint. Der Gesetzgeber in Deutschland hat die Vorgaben der Richtlinie in § 501 Abs. 1 BGB umgesetzt, und dürfte damit unter Berücksichtigung des EuGH-Urteils den Anforderungen der Richtlinie genügt haben.

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