EiÜ 06/25
DAV begrüßt Vereinfachung der Nachhaltigkeitsgesetzgebung – DAV
Der DAV unterstützt in seiner Stellungnahme Nr. 02/2025 den geplanten Vorschlag der Europäischen Kommission zur Vereinfachung der Nachhaltigkeitsgesetzgebung durch das Omnibus Simplification Package. Ziel der Kommission ist die Abschaffung unverhältnismäßige Redundanzen und Mehrfachbelastungen. Davon erfasst sind neben der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die EU-Taxonomie Verordnung sowie die erst kurz vor Ende der letzten Legislaturperiode abgeschlossene Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) (vgl. zu letzterer EiÜ 16/24, 11/24). Der DAV sieht in diesem Vorhaben Chancen zur Entlastung von kleineren und mittleren Unternehmen (KMU). In Bezug auf die CSDDD sollten Lieferbeziehungen innerhalb der EU von den Sorgfaltspflichten ausgenommen und Sanktionen reduziert werden. Darüber hinaus fordert der DAV weiterhin eine ausdrückliche Ausnahme der anwaltlichen Tätigkeit vom Anwendungsbereich der Richtlinie (vgl. dazu Stellungnahme Nr. 28/22). In Bezug auf die Berichtspflichten gemäß der CSRD sollte ebenfalls von einer Datenerhebung von Unternehmen bei Anwält:innen und anderen Berufsgeheimnisträgern abgesehen werden. Diese Informationsersuchen und Berichtspflichten kollidieren regelmäßig mit anwaltlichen Verschwiegenheitspflichten (vgl. Stellungnahme Nr. 22/24). Der Vorschlag der EU-Kommission für das Omnibus Paket soll am 26. Februar 2025 vorgestellt werden.
EU-Kommission legt Arbeitsprogramm 2025 vor – KOM
Die EU-Kommission veröffentlichte am 11. Februar 2025 ihr Jahresarbeitsprogramm unter dem Motto „Moving forward together: A Bolder, Simpler, Faster Union“ (abrufbar hier), mit dem die EU-Kommission ihre legislativen und nicht-legislativen Vorhaben gemäß den politischen Leitlinien 2024-2029 konkretisiert. Bereits für Ende Februar ist ein sog. Omnibus Package zur Vereinfachung und Konsolidierung der EU-Nachhaltigkeitsgesetzgebung von Unternehmen geplant (vgl. dazu oben StN Nr. 02/25). Abgeschlossen werden soll zudem die Verordnung zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern (vgl. EiÜ 5/25), der Richtlinienvorschlag zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Insolvenzrechts (vgl. StN Nr. 6/24) sowie die Anti-Schleuser Richtlinie (vgl. bereits EiÜ 43/24). Getreu dem Motto der Reduzierung von Regulierungen wurden u.a. zwei Vorschläge im Bereich der Digital-Gesetzgebung zurückgezogen. Darunter der seit acht Jahren verhandelte Vorschlag für eine E-Privacy-Verordnung, da die vorgesehenen Regelungen als nicht mehr zeitgemäß anzusehen werden. Überraschenderweise wurde auch die KI-Haftungsrichtlinie zurückgenommen, die erst kürzlich neuen Aufwind bekommen hatte, vgl. dazu EiÜ 4/25 und DAV-SN Nr. 11/22. Zur Begründung wird die fehlende Aussicht auf eine Einigung zwischen den europäischen Co-Gesetzgebern angeführt. Eine eventuelle Neuauflage soll evaluiert werden.
Ihre Meinung zur Zukunft der EU-Sicherheitsgesetzgebung ist gefragt – KOM
Die EU-Kommission konsultiert Interessenträger bis zum 13. März zur künftigen EU-Strategie zur inneren Sicherheit. Interessierte Bürger, Verbände etc. können ihre Meinung zu den Plänen der Kommission mitteilen, die zum Teil bereits aus dem Arbeitsprogramm der EU-Kommission (s.o.) sowie dem „Mission letter“ an den österreichischen Innenkommissar Brunner bekannt sind. So plant die EU-Kommission mit Unterstützung der Mitgliedstaaten eine Neuauflage der 2014 gekippten EU-weiten Vorratsdatenspeicherungsgesetzgebung (vgl. EiÜ 14/14) unter Berücksichtigung der EuGH-Rechtsprechung (vgl. zuletzt EiÜ 17/24). Außerdem sollen – anknüpfend an die Arbeit der High Level Group zum Zugang zu Daten (EiÜ 43/24) weitere neue Möglichkeiten für Ermittlungsbehörden geschaffen werden, Zugriff zu bestimmten Daten zu erhalten. Der DAV hatte in seinen Empfehlungen zur Europawahl 2024 sowie in den Wahlprüfsteinen zur Bundestagswahl wiederholt gefordert, dass derzeit verhandelte Pläne wie die Chatkontrolle sowie eine neue Vorratsdatenspeicherung schwere Grundrechtseingriffe verursachen würden und zu Umsicht aufgerufen.
Event des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte – EGMR
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte und sowie die Generaldirektion Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit des Europarates veranstalten in Kürze eine hochrangige Konferenz zur Knowledge-Sharing Plattform des Gerichtshofs, siehe die Mitteilung des EGMR. Die 2022 lancierte Plattform (ECHR Knowledge Sharing Platform) macht die Rechtsprechung des Gerichtshofs in kontextualisierter Form zugänglich und soll von nun an auch in den Sprachen Rumänisch, Türkisch und Ukrainisch zur Verfügung stehen. Ein Teil der aus diesem Anlass stattfindenden Konferenz ist öffentlich, Anmeldungen zur Online-Teilnahme sind hier möglich. Sprechen werden u. a. der Generalsekretär des Europarates, Alain Berset, der Präsident des EGMR, Marko Bošnjak sowie hochrangige Vertreter:innen aus Luxemburg, Rumänien, der Ukraine und der Türkei.
Plenum stimmt für Änderung der Mehrwertsteuerrichtlinie – EP
Das Plenum des Europäischen Parlaments stimmte am 12. Februar 2025 dem Änderungsvorschlag des Rates der EU in Bezug auf Mehrwertsteuervorschriften für das digitale Zeitalter zu (abrufbar hier, vgl. PM). Die Änderungen des Rates von November 2024 zur Ergänzung der Mehrwertsteuerrichtlinie 2006/112/EG sehen insbesondere vor, dass die Mehrwertsteuer auch für Dienstleistungen zu zahlen ist, die über Online-Plattformen erbracht werden, wodurch eine unfaire Wettbewerbsverzerrung beendet wird. Die Mitgliedsstaaten können kleine und mittlere Unternehmen (KMU) von dieser Verpflichtung ausnehmen. Außerdem sollen Mehrwertsteuermeldepflichten für grenzüberschreitende Umsätze bis 2030 durch e-Rechnungen vollständig digitalisiert und die Daten automatisch in Echtzeit an die Steuerbehörden übermittelt werden. Dies soll Mehrwertsteuerbetrug erschweren (vgl. bereits EiÜ 38/24). Zur Reduzierung des Verwaltungsaufwands für Unternehmen werden die Mehrwertsteuermeldestellen ausgebaut, so dass grenzüberschreitend tätige Unternehmen ihren Meldepflichten über ein einziges Online-Portal und in einer Sprache nachkommen können. Die Änderung der Mehrwertsteuerrichtlinie ist Teil eines Reformpakets zur Anpassung des Mehrwertsteuerrechts an das digitale Zeitalter (vgl. bereits EiÜ 43/22). Nach formeller Annahme durch den Rat der EU tritt die Richtlinie am 20. Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft.
DSGVO-Bußgelder: Erweiterte Berechnung bejaht – EuGH
Ein Bußgeld aufgrund eines Verstoßes gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) dürfen auf Basis des weltweiten Umsatzes einer gesamten Unternehmensgruppe berechnet werden. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) stellte in seinem Urteil vom 13. Februar 2025 (Rs. C-383/23) klar, dass der Begriff „Unternehmen“ in Art. 83 Abs. 4 bis 6 DSGVO dem wettbewerbsrechtlichen Unternehmensbegriff aus Art. 101 und 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) entspreche. Im konkreten Fall ging es um die Klage eines Kunden wegen Verstoßes gegen die DSGVO durch eine zu einem dänischen Konzern gehörende Gesellschaft. Die Entscheidung bedeutet eine potentiell empfindliche Höhe einer Geldbuße, wenn zur Berechnung neben der einzelnen Tochtergesellschaft auch der Mutterkonzern Berücksichtigung findet. Der EuGH erklärt, dass die Berücksichtigung des weltweit erzielten Jahresumsatzes des vorangegangenen Geschäftsjahrs des gesamten Konzerns notwendig sei, um Bußgelder wirksam und abschrecken zu gestalten. Das Urteil könnte auch in Bezug auf andere Digitalgesetze wegweisend sein, da etwa der Digital Markets Act, der Digital Services Act und der AI Act ähnliche Sanktionsmechanismen vorsehen. Im konkreten Einzelfall muss nun das nationale Gericht entscheiden.
Abhörmaßnahmen verstoßen gegen anwaltliches Berufsgeheimnis – EGMR
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat am 13. Februar 2025 in der Rechtssache Denysyuk and Others vs. Ukraine (Beschwerdenr. 22790/19) schwerwiegende Verstöße gegen das anwaltliche Berufsgeheimnis festgestellt. Hintergrund waren Überwachungsmaßnahmen durch ukrainische Behörden, bei der vertrauliche Gespräche der Beschwerdeführerin mit ihrem Anwalt erfasst wurden. Der EGMR sah hierin eine Verletzung des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens, der Wohnung und der Korrespondenz aus Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und stellte fest, dass die Ukraine keine wirksamen Mechanismen zum Schutz des anwaltlichen Berufsgeheimnisses geschaffen habe. Besonders problematisch war das Fehlen unabhängiger Kontrollinstanzen sowie die mangelnde Möglichkeit für die Betroffenen, sich rechtlich gegen die Überwachung zu wehren. Der EGMR betont dabei insbesondere, dass Rechtsvorschriften für Überwachungsmaßnahmen, die das anwaltliche Berufsgeheimnis betreffen, strengen Anforderungen an Klarheit und Genauigkeit genügen müssen, um als rechtmäßig zu gelten.
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