KRITIK AN REGULIERUNG DES DEUTSCHEN DIENSTLEISTUNGSSEKTORS – KOM
Die vergleichsweise restriktive Regulierung der freiberuflichen Dienstleistungen schränke die wirtschaftliche Dynamik in Deutschland ein. Dies ist eines der Ergebnisse des am 26. Februar 2016 von der Kommission veröffentlichten Länderberichts Deutschland 2016. Die Kommission nimmt in dem Länderbericht für den Wettbewerb im Dienstleistungssektor bezüglich der freiberuflichen Dienstleistungen insbesondere die Sektoren Rechtsberatung, Wirtschaftsprüfung, Architektur- und Ingenieurleistungen in den Blick. Sie stellt dabei in Deutschland eine im EU-Vergleich – beispielsweise zum Vereinigten Königreich – erhöhte Restriktivität der Regulierung bei den anwaltlichen Dienstleistungen fest. Die verschiedenen untersuchten Beschränkungen werden allerdings nicht ins Verhältnis zueinander gesetzt, noch wird deren Auswirkung auf Zugang zum Recht oder Kosten für die Rechtspflege aus volkswirtschaftlicher Sicht untersucht. Die Kommission konstatiert im Länderbericht eine erhebliche Ineffizienz im Sektor Rechtsberatung in Deutschland. Negative Werte bei der Allokationseffizienz würden darauf hindeuten, dass weniger produktive Unternehmen höhere Marktanteile hätten als produktivere Unternehmen. Dies wirke sich auf die Arbeitsproduktivität und das BIP aus und ergebe sich insbesondere aus restriktiven Zulassungsanforderungen, Einschränkungen in Bezug auf die Rechtsform, Beteiligung und multidisziplinäre Tätigkeiten sowie den Versicherungsanforderungen. Die Länderberichte dienen als Grundlage für die regelmäßig im April von den Mitgliedstaaten vorzulegenden nationalen Reformprogramme, in denen sich Deutschland zu den Analysen und den zugrundeliegenden Annahmen wird verhalten müssen. Sie münden in die regelmäßig im Mai veröffentlichten länderspezifischen Empfehlungen der Kommission an die Mitgliedstaaten (s. EiÜ 8/15, 18/15).
EU-US PRIVACY SHIELD: TEXT VON ANGEMESSENHEITSENTSCHEIDUNG vorgelegt – KOM
Die EU-Kommission hat am 29. Februar 2016 ein Legislativpaket zum EU-US Privacy Shield vorgelegt. Das Paket umfasst einen Entwurf eines Angemessenheitsbeschlusses, der bescheinigt, dass die USA unter dem Regime des neuen „EU-US Privacy Shield“ ein angemessenes Schutzniveau für personenbezogene Daten gewährleisten. Weiter umfasst es die Zusicherungen der USA, die im US-Bundesregister veröffentlicht werden, sowie eine Mitteilung mit den wesentlichen Maßnahmen der EU zur Wiederherstellung des Vertrauens in den transatlantischen Datenverkehr (s. Pressemitteilung). Der „EU-US Privacy Shield“ soll künftig die Safe Harbor Entscheidung der Kommission ersetzen, nachdem der EuGH diese für nichtig erklärt hatte (C-362/14, vgl. EiÜ 32/15, 5/16). Gestärkt wurden die Rechtschutzmöglichkeiten für EU-Bürger. Unternehmen müssen Beschwerden innerhalb von 45 Tagen nachgehen. Hinzu kommen ein kostenloses Schlichtungsverfahren sowie die Einrichtung einer unabhängigen Ombudsstelle im Außenministerium. Kritische Stimmen im Europäischen Parlament mahnten zur Eindämmung der Überwachung durch US-Sicherheitsdienste. Der massenhafte Datenzugriff ist weiterhin in 6 Fällen (vgl. Annex VI), wie „Cybersecurity“ und „länderübergreifenden kriminellen Bedrohungen“ erlaubt. Vor einer endgültigen Kommissionsentscheidung wird im weiteren Verfahren die Art. 29 Datenschutzgruppe (s. Pressemitteilung) sowie eine Gruppe von Vertretern der Mitgliedsstaaten konsultiert.
VERSTÄRKTE ZUSAMMENARBEIT BEI GÜTERRECHT FÜR INTERNATIONALE PAARE – KOM
Internationale Paare sollen bei vermögensrechtlichen Fragen künftig mehr Rechtssicherheit erhalten. Die EU-Kommission hat am 2. März 2016 Verordnungsvorschläge zur Präzisierung des Güterrechts für internationale Ehen (COM(2016) 106 final) und für eingetragene Partnerschaften (COM(2016) 107 final) im Rahmen der Verstärkten Zusammenarbeit vorgelegt (s. auch Pressemitteilung). Mit den vorgeschlagenen Verordnungen wird einerseits geklärt, welches nationale Gericht dafür zuständig ist, internationalen Paaren zu helfen, ihr Vermögen zu verwalten oder im Falle von Scheidung, Trennung oder Tod aufzuteilen. Andererseits wird die Anerkennung und Vollstreckung von in einem Mitgliedstaat ergangenen vermögensrechtlichen Entscheidungen in einem anderen Mitgliedstaat erleichtert und geregelt, welches Recht anzuwenden ist, wenn in einer Sache das Recht mehrerer Länder in Betracht kommt. Da es den 28 EU-Mitgliedstaaten nicht gelungen ist, im Rat Einstimmigkeit über die Annahme der ursprünglichen Kommissionsvorschläge zu erzielen, haben 17 Mitgliedstaaten eine Verstärkte Zusammenarbeit zum Erlass dieser Rechtsvorschriften beantragt, darunter auch Deutschland.
NEUE REGELN ZUM INVESTITIONSSCHUTZ IM HANDELSABKOMMEN CETA – KOM
Die Europäische Kommission und die kanadische Regierung haben am 29. Februar 2016 ausweislich einer gemeinsamen Erklärung vereinbart, im Rahmen des Wirtschafts- und Handelsabkommens zwischen der Europäischen Union und Kanada (CETA) einen neuen Ansatz beim Investitionsschutz und bei der Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zugrunde zu legen. Ausweislich der Pressemitteilung der EU-Kommission sei u.a. geplant, detailliertere ethische Verpflichtungen zur Vermeidung von Interessenkonflikten vorzusehen. So sei es beispielsweise den Mitgliedern des Gerichts erster Instanz und des Berufungsgerichts untersagt, als Rechtsanwalt oder Sachverständiger im Zusammenhang mit anderen Investitionsstreitigkeiten tätig zu werden. Außerdem verpflichten die Parteien des Abkommens sich, auf die Schaffung eines ständigen multilateralen Investitionsgerichtshofs mit einem ständigen Berufungsmechanismus hinzuarbeiten. Die Änderungen wurden im Rahmen der Beendigung der juristischen Überprüfung des Textes, des sogenannten "legal scrubbing", bekanntgegeben, im Rahmen dessen in der Regel keine substanziellen Änderungen mehr vorgenommen werden. EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström hatte noch im Mai 2015 substanzielle Nachverhandlungen im Hinblick insbesondere auf den Investitionsschutz im CETA abgelehnt.
WOHNSITZAUFLAGEN NUR BEI INTEGRATIONSFÖRDERUNG RECHTMÄßIG – EUGH
Für subsidiär Schutzberechtigte ist eine Wohnsitzauflage zulässig, wenn diese stärker mit Integrationsschwierigkeiten konfrontiert sind als andere Personen, die keine EU-Bürger sind und sich rechtmäßig in dem Mitgliedstaat aufhalten, der ihnen Schutz gewährt hat. Dies entschied der EuGH in seinem Urteil vom 1. März 2016 in den verbundenen Rechtssachen Alo und Osso (C-443 und C-444/14).Der Vorlage des Bundesverwaltungsgerichts liegen die Klagen zweier syrischer Staatsangehöriger zugrunde, die in Deutschland nach erfolglosen Asylanträgen subsidiären Schutzstatus erhalten hatten. Der Status schützt Angehörige von Nicht-EU-Staaten, die weder als Flüchtlinge anerkannt sind noch durch das Asylrecht geschützt werden, denen aber in ihren Herkunftsländern dennoch ernsthafte Gefahren drohen wie die Todesstrafe, Folter oder Lebensgefahr infolge willkürlicher Gewalt. Der Kreis Warendorf bzw. die Region Hannover erteilten den syrischen Staatsbürgern 2012 sodann Aufenthaltserlaubnisse, die mit Wohnsitzauflagen verbunden waren, wobei sich die Klagen gegen Letztere richten. Der EuGH stellte nun klar, dass allein die gerechte Verteilung von Kosten auf einzelne Länder oder Kommunen – wie es § 12 AufenthaltsG i.V.m. den Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum Aufenthalts vorsieht – kein legitimes Ziel für Wohnsitzauflagen ist und einen Verstoß gegen Art. 29 und das Freizügigkeitsprinzip aus Art. 33 der Anerkennungs- Richtlinie 2011/95/EU darstellt.
KONSULTATION ZU EINEM VERBINDLICHEN TRANSPARENZREGISTER – KOM
Die Kommission hat am 1. März 2016 eine öffentliche Konsultation zu einem Vorschlag für ein verbindliches Transparenzregister eingeleitet. Das neue Transparenzregister als Teil von Jean-Claude Junckers Transparenzinitiative soll einen verbindlichen Charakter erlangen und in eine interinstitutionelle Vereinbarung zwischen der Kommission, dem Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union münden, so dass sich das Transparenzregister zukünftig auf alle Institutionen erstreckt. Die Konsultation selbst ist zweigliedrig konzipiert, wobei im zweiten Teil der Konsultation insbesondere Nutzer des derzeitigen Registers Fragen zu seiner praktischen Funktionsweise beantworten können. Die Konsultation läuft bis zum 1. Juni 2016.
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