Deutscher Dienstleistungssektor weiterhin restriktiv reguliert – KOM
In dem am 7. März 2018 veröffentlichten Länderbericht Deutschland 2018 im Zyklus des Europäischen Semesters (s. EiÜ 41/17) hat die EU-Kommission wie in den vergangenen Jahren kritisiert, dass es in Deutschland an einer umfassenden Strategie zur Modernisierung der reglementierten Berufe und zur Steigerung des Wettbewerbs im Dienstleistungssektor fehle. Die Fluktuationsrate liege u.a. bei den rechtsberatenden Berufen unter dem EU-Durchschnitt. Insbesondere unternehmensorientierte Dienstleistungen und Verwaltungsformalitäten für die grenzüberschreitende Erbringung von Dienstleistungen seien nach wie vor in hohem Maße restriktiv reguliert. Abgesehen von der Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie im Hinblick auf Patentanwälte und der Umsetzung des Urteils in der EuGH-Rs. X-Steuerberatungsgesellschaft (C-342/14, s. EiÜ 42/15) seien auch keine weitergehenden Reformmaßnahmen ergriffen worden. Die EU-Kommission hält zudem fest, dass sich Unternehmen in Deutschland nur langsam an die Digitalisierung anpassen. In Reaktion auf die Länderberichte müssen die Mitgliedstaaten bis Mitte April 2018 ihre nationalen Reformprogramme vorlegen.
Entwurf des Brexit-Austrittsabkommens veröffentlicht – KOM
Die Europäische Kommission hat am 28. Februar 2018 den Entwurf des Austrittsabkommens (bislang nur in englischer Sprache) zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich veröffentlicht. Der Entwurf basiert auf dem gemeinsamen Bericht vom 8. Dezember 2017, auf den sich die Verhandlungsführer beider Seiten geeinigt hatten (s. EiÜ 44/17). Die Frage anwaltlicher Berufsqualifikationen wird dabei in den Artikeln 25 ff. aufgegriffen. Die justizielle Zusammenarbeit in Straf- sowie in Zivil- und Handelssachen wird in Titel V bzw. Titel VI des Entwurfs behandelt. Darüber hinaus enthält der Entwurf Regelungen zum Übergangszeitraum, der auf den am 29. Januar 2018 vom Rat angenommenen Verhandlungsrichtlinien basiert. Der Europäische Rat wird in seiner Tagung am 22./23. März 2018 weiter zum Brexit beraten.
Schiedsklauseln in bilateralen Investitionsschutzabkommen nicht mit Unionsrecht vereinbar – EuGH
Die in dem zwischen den Niederlanden und der Slowakei geschlossenen bilateralen Investitionsschutzabkommen (BIT) enthaltene Schiedsklausel ist nicht mit dem Unionsreicht vereinbar. Dies entschied der EuGH mit Urteil vom 6. März 2018 (Rs. „Achmea“, C-284/16), anders als von Generalanwalt Wathelet in seinen Schlussanträgen vorgeschlagen. Die Slowakei erhob in Deutschland vor der ordentlichen Gerichtsbarkeit Klage auf Aufhebung eines Schiedsspruches. Sie ist der Ansicht, dass die Schiedsklausel gegen Art. 18, 267 und 344 AEUV verstoße. Der EuGH entschied nun auf Vorlage durch den BGH, dass die Schiedsklausel gegen Art. 267 und 344 AEUV verstoße. Zum einen könnte Gegenstand des Schiedsgerichtsverfahrens auch die Auslegung oder Anwendung von Unionsrecht sein. Allerdings sei das Schiedsgericht wegen seines Ausnahmecharakters nicht Gericht „eines Mitgliedstaats“ und daher nicht vorlagebefugt i.S.v. Art. 267 AEUV. Zum anderen sei die letztinstanzliche Entscheidung des Schiedsgerichts nach dem BIT endgültig und § 1059 Abs. 2 ZPO lasse nur eine beschränkte Überprüfung von Schiedssprüchen zu, sodass das Schiedsgericht nicht der Kontrolle eines mitgliedstaatlichen Gerichts unterliege. Dadurch sei nicht auszuschließen, dass über unionsrechtliche Streitigkeiten endgültig entschieden werde, ohne dass die volle Wirksamkeit des Unionsrechts gewährleistet sei. Damit hat der EuGH faktisch auch die Schiedsklauseln der 195 weiteren BIT zwischen den EU-Mitgliedstaaten gekippt. Außerdem könnte sich dieses Urteil auch auf die Freihandelsabkommen CETA und TTIP auswirken.
Datenlokalisierungsauflagen nur bei zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit zulässig – EP
Der Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO) des EU-Parlaments veröffentlichte am 1. März 2018 den Berichtsentwurf zu dem Verordnungsvorschlag über den freien Datenverkehr nicht-personenbezogener Daten in der EU COM(2017) 495 (s. EiÜ 8/18). Berichterstatterin Anna Maria Corazza Bildt (EVP) schlägt vor, dass bei gemischten Datensätzen, in denen die persönlichen und nicht-personenbezogenen Daten unauflösbar miteinander verbunden sind, dieser Verordnungsvorschlag Anwendung finden soll. Dies gelte jedoch nur, soweit sich nicht aus der Datenschutzgrundverordnung EU 2016/679 etwas anderes ergebe. Der Berichtsentwurf konkretisiert außerdem den Kommissionsvorschlag dahingehend, dass Datenlokalisierungsbestimmungen ausnahmsweise nur aus „zwingenden“ Gründen der öffentlichen Sicherheit zulässig seien. Entgegen der Ansicht des DAV in seiner Stellungnahme (SN 4/18; s. EiÜ 3/18) hält der Berichtsentwurf an den freiwilligen Verhaltensregeln der Wirtschaft für Regelungen in Bezug auf die Datenübertragbarkeit fest. Der DAV empfiehlt hingegen, erst die praktischen Erfahrungen mit dem Recht auf Datenübertragbarkeit aus Art. 20 DSGVO abzuwarten, bevor für nicht-personenbezogene Daten eine hiervon abweichende Regelung eingeführt wird. Bis zum 27. März 2018 können nun die EU-Parlamentarier Änderungsanträge einbringen. Über den Bericht soll im Juni abgestimmt werden. Der Rat veröffentlichte seine allgemeine Ausrichtung bereits im Dezember 2017.
Geschlechterparität am EuGH bleibt Ziel – Rat
Im Zuge der alle drei Jahre stattfindenden Neubesetzung der Stellen des Gerichtshofs hat der Ministerrat am 28. Februar 2018 neun Richterinnen und Richter sowie drei Generalanwälte am Gerichtshof der Europäischen Union für sechs Jahre ernannt. Mit der Benennung nur einer Richterin und acht männlichen Kollegen ist der Rat einem in der Verordnung 2015/2422/EU zur Änderung des Protokolls Nr. 3 über die Satzung des Gerichtshofs der EU Union enthaltenen Ziel noch nicht gefolgt: Gemäß Erwägungsgrund 11 dieser Verordnung hatten sich Rat und EU-Parlament darauf verständigt, unter Beachtung der in den Verträgen vorgesehenen Bedingungen und Verfahren eine Frau und einen Mann zu wählen.
Fluggastrechte für Passagiere von Umsteigeflügen gestärkt – EuGH
Wer einen Umsteigeflug von einem EU-Mitgliedsstaat nach Deutschland bucht, kann bei Verspätungen auf Ausgleichszahlung gegen die ausländische Airline auch vor deutschen Gerichten klagen, auch wenn diese nicht Vertragspartner war. Dies entschied der EuGH mit Urteil vom 7. März 2018 (Rs. C-274/16) im Rahmen dreier verbundener Vorabentscheidungsersuchen. Zugrunde lagen zwei Fälle, bei denen die Fluggäste eine aus zwei verbundenen Flügen bestehende Flugreise buchten. Durch eine Verspätung auf der ersten Teilstrecke mit dem Luftfahrtunternehmen, mit dem nicht der Beförderungsvertrag abgeschlossen wurde, verpassten die Fluggäste den Anschlussflug und erreichten den Zielflughafen erst mit einer mehrstündigen Verspätung. Das Gericht ist der Ansicht, dass sowohl der Ort des Abflugs als auch der Ankunft als Erfüllungsorte im Sinne der Brüssel-I-Verordnung Nr. 44/2001 bzw. der Verordnung 1215/2012/EU zu qualifizieren seien. Außerdem habe der Fluggast einen vertraglichen Anspruch auf Ausgleichszahlung gegen die lediglich ausführende Fluglinie. Im Rahmen von zwischen den Luftfahrtunternehmen freiwillig eingegangenen Handelsvereinbarungen sei im Sinne von Art. 3 Abs. 5 Satz 2 der Verordnung 261/2004/EG davon auszugehen, dass ein ausführendes Luftfahrtunternehmen, das in keiner Vertragsbeziehung mit dem Fluggast steht, im Namen des Luftfahrtunternehmens handele, welches wiederum in einer Vertragsbeziehung mit dem betreffenden Fluggast steht.
Schneller und effektiver auf illegale Online-Inhalte reagieren – KOM
Verbraucher sollen in Zukunft besser vor illegalen Online-Inhalten geschützt werden. Das ist das Ziel der an Online-Plattformen und Mitgliedstaaten gerichteten unverbindlichen Empfehlung, die die EU-Kommission am 1. März 2018 veröffentlichte. Umfasst sind alle Formen illegaler Inhalte, wie terroristische Inhalte, Anstachelung zu Hass und Gewalt, Produktfälschungen oder Urheberrechtsverletzungen. Mittels verschiedener Maßnahmen sollen illegale Inhalte im Internet effektiver bekämpft werden können. Dazu gehören einfache und transparente Regeln für die Meldung illegaler Inhalte, eine vertiefte Kooperation zwischen Unternehmen und den Strafverfolgungsbehörden sowie Systeme zur automatischen Erkennung und Entfernung illegaler Inhalte. Insbesondere bei automatischen Systemen sollten angemessene Sicherheitsvorkehrungen (wie z.B. Überprüfung durch Mitarbeiter) getroffen werden, um das Recht auf Meinungsäußerung ausreichend zu berücksichtigen. Da bei terroristischen Inhalten besondere Dringlichkeit besteht, empfiehlt die EU-Kommission diese innerhalb einer Stunde nach ihrer Meldung zu bearbeiten und gegebenenfalls zu löschen. Die EU-Kommission wird in den kommenden Wochen eine öffentliche Konsultation zu diesem Thema veröffentlichen und die Umsetzung der Maßnahmen überwachen. Dazu müssen Mitgliedstaaten und Unternehmen in drei Monaten für terroristische Inhalte bzw. sechs Monaten für sonstige Inhalte Informationen zur Umsetzung vorlegen. Wie auch aus der vorläufigen Folgenabschätzung hervorgeht, könnte die EU-Kommission Ende dieses Jahres verbindliche Rechtsvorschriften in diesem Bereich erlassen.
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