EUROPÄISCHES GESELLSCHAFTSRECHT WIRD ÜBERSICHTLICHER - EP
Das Plenum des Europäischen Parlaments hat am 5. April 2017 den Bericht des Rechtsausschusses (JURI) des Berichterstatters Tadeusz Zwiefka (EVP) über den Richtlinienentwurf COM(2015) 616 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts angenommen (s. Entschließung). Hierdurch werden mehrere bestehende Richtlinien in einer einzigen Richtlinie kodifiziert und dadurch ersetzt, ohne jedoch inhaltliche Änderungen vorzunehmen. Zusammengefasst werden die Spaltungsrichtlinie 82/891/EWG, die Zweigniederlassungsrichtlinie 89/666/EWG, die internationale Fusionsrichtlinie 2005/56/EG, die Publizitätsrichtlinie 2009/101/EG, die Fusionsrichtlinie 2011/35/EU und die Kapitalrichtlinie 2012/30/EU.
EU-US DATENSCHUTZSCHILD SCHÜTZT NICHT AUSREICHEND - EP
Das Plenum des Europäischen Parlaments hat am 6. April 2017 einen Entschließungsantrag zur Angemessenheit des vom EU-US Datenschutzschild gebotenen Schutzes angenommen. Dieses Datenschutzabkommen (s. EiÜ 25/16) zur Übertragung personenbezogener Daten in die USA ist seit 2016 der Nachfolger der Safe-Harbor-Entscheidung der EU-Kommission, die vom EuGH für nichtig erklärt worden war (s. EiÜ 32/15; 5/16; 15/16; 19/16). Im Vergleich zur Safe-Harbor-Entscheidung seien mit dem Datenschutzschild zwar erhebliche Verbesserungen für die Bürger eingetreten. Das Parlament hat jedoch insgesamt Bedenken, dass das Abkommen die EuGH-Rechtsprechung zum Safe-Harbor-Abkommen nicht hinreichend berücksichtige und dadurch in Zukunft erneut angefochten werden könnte. Die Kommission wird aufgefordert, sämtliche in dieser Entschließung angeführte Schwächen bei der ersten gemeinsamen jährlichen Überprüfung im September 2017 eingehend zu analysieren und sicherzustellen, dass die Europäische Grundrechtecharta und das europäische Datenschutzrecht eingehalten werden.
WEITERER BEURTEILUNSSPIELRAUM BEI ÖFFENTLICHER SICHERHEIT - EUGH
Nationale Behörden verfügen über einen weiten Beurteilungsspielraum, wenn sie anhand aller relevanten Umstände prüfen, ob eine Visumerteilung an einen Drittstaatsangehörigen zu Studienzwecken eine – auch nur potenzielle – Bedrohung für die öffentliche Sicherheit darstellt. Dies entschied der EuGH am 4. April 2017 zur Auslegung des Art. 6 Abs. 1 lit. d der Richtlinie 2004/114/EG (Rs. C-544/15). Geklagt hatte eine iranische Studentin vor dem Verwaltungsgericht Berlin, die in Deutschland ein Promotionsstudium im Bereich der IT-Sicherheit aufnehmen wollte und deren Antrag zur Erteilung eines Visums von der deutsche Botschaft in Teheran abgelehnt worden war. Die Studentin wurde aufgrund der Nähe ihrer Heimatuniversität in Teheran – die restriktiven Maßnahmen der Union unterliegt – zu der iranischen Regierung als Gefahr für die öffentliche Sicherheit eingestuft. Der EuGH entschied nun, dass Behörden ein Visum verwehren können, wenn die vorliegenden Informationen Anlass zu der Befürchtung geben, dass die Kenntnisse, die der Betreffende bei seiner Forschung erwerben könnte, später zu der öffentlichen Sicherheit zuwiderlaufenden Zwecken eingesetzt werden könnten. Dies können die Verschaffung von vertraulichen Informationen, interne Repression und allgemein Menschenrechtsverletzungen sein. Ablehnende Entscheidungen müssen jedoch auf einer hinreichend gesicherten Tatsachengrundlage beruhen und sind ausreichend zu begründen.
STELLUNGNAHME ZUR E-PRIVACY-VERORDNUNG - DAV
Der Deutsche Anwaltverein (DAV) hat sich mit seiner Stellungnahme 29/17 zum Vorschlag der EU-Kommission COM(2017) 10 (siehe EiÜ 2/17) für eine Verordnung über die Achtung des Privatlebens und den Schutz personenbezogener Daten in der elektronischen Kommunikation („ePrivacy-Verordnung“) geäußert. Aus Sicht des DAV berücksichtige der Verordnungsvorschlag bisher nicht hinreichend die hohe Bedeutung des Schutzes von Telekommunikationsdaten. Zudem dürfte es zu offensichtlichen Abgrenzungsproblemen zur Datenschutz-Grundverordnung kommen. Außerdem schlägt der DAV vor, dass klarstellend aufgenommen wird, für welchen Normadressatenkreis die jeweiligen Regelungen gelten, um zu verhindern, dass eine Vielzahl von Rechtsbestimmungen auch an Personen adressiert wird, die für diese gar nicht umsetzbar sind. Weiterhin wird angeregt, zu prüfen, ob es angemessen ist, dass sog. OTT-Dienste unter alle Regelungen der e-Privacy-Verordnung fallen, da die zu starke Verengung der Erlaubnistatbestände es diesen Dienstanbietern schwer mache, innovativ zu sein. Im Hinblick auf Artikel 11 des Verordnungsvorschlags kritisiert der DAV den Wegfall der Regelung zur Vorratsdatenspeicherung und dass sich hier nicht genügend die bisherige EuGH-Rechtsprechung widerspiegele.
STELLUNGNAHMEN ZUM DIENSTLEISTUNGSPAKET - CCBE
Der Rat der Europäischen Anwaltschaften (CCBE) hat sich zu den Richtlinienvorschlägen COM(2016) 822 für eine Verhältnismäßigkeitsprüfung bei der Berufsregulierung (s. CCBE-Stellungnahme, nur in englischer Sprache) sowie COM(2016) 821 zur Reform des Notifizierungsverfahrens (s. CCBE-Stellungnahme, nur in englischer Sprache) geäußert (s. EiÜ 11/17). Aus Sicht des CCBE fehle in dem Vorschlag für eine Verhältnismäßigkeitsprüfung insbesondere ein Hinweis darauf, dass den Mitgliedstaaten bei der Berufsregulierung nach ständiger EuGH-Rechtsprechung ein Beurteilungsspielraum zustehe. Der Vorschlag zur Reform des Notifizierungsverfahrens ist aus Sicht des CCBE zu weitreichend. Im Vergleich zu dem bestehenden Notifzierungsverfahren nach der Dienstleistungsrichtlinie 2006/123/EU werde zu stark in das nationale Gesetzgebungsverfahren eingegriffen. Zudem umgehe die Kommission mit der in Art. 7 des Vorschlags vorgesehenen Beschlussmöglichkeit, eine gegen die Dienstleistungsrichtlinie verstoßene nationale Regelung aufzuheben, das Vertragsverletzungsverfahren, da sich der betroffene Mitgliedstaat gegen den Beschluss gerichtlich wehren müsse. Dies führe faktisch zu einer Umkehr der Prozessführungslast.
INDEX ZUM SCHUTZ VON MENSCHENRECHTSVERTEIDIGERN – CCBE/EU
Der EU-Unterstützungsmechanismus für Menschenrechtsverteidiger (European Union Human Rights Defenders Mechanism) hat am 30. März 2017 eine neue Online-Plattform für einen Index für Angriffe und Bedrohungen gegen Menschenrechtsverteidiger gestartet. Seit Januar 2016 seien bereits 850 Angriffe auf Menschenrechtsverteidiger dokumentiert worden. Die neue Online-Plattform wurde im Rahmen eines Workshops des Rates der Europäischen Anwaltschaften (CCBE) vorgestellt, bei dem es um die Frage ging, wie der Schutz gefährdeter Rechtsanwälte weltweit verbessert werden kann (s. CCBE-Pressemitteilung).
AKTIONÄRSRECHTERICHTLINIE FORMELL GEBILLIGT - RAT
Der Rat der Europäischen Union hat am 3. April 2017 seine formelle Zustimmung zu dem im Trilog mit dem Europäischen Parlament und der EU-Kommission ausgehandelten Kompromiss zur überarbeiteten Aktionärsrechterichtlinie COM(2014) 213 gegeben (s. bereits EiÜ 11/17, 06/17, 41/16, 25/15, 17/15 und DAV-Stellungnahme 64/2014). Aktionäre sollen über die Vergütungspolitik der Unternehmensleitung abstimmen und leichter ihre Aktionärsrechte ausüben können. Gesellschaften soll es möglich sein, ihre Aktionäre zu identifizieren. Für Stimmrechtsberater sollen zukünftig Transparenzanforderungen und ein Verhaltenskodex gelten. Der finale Richtlinientext muss nun noch im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden. Die Mitgliedstaaten haben anschließend zwei Jahre Zeit für die Umsetzung in nationales Recht.
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