EiÜ 15/2022
Konsultation zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern – KOM
Die EU-Kommission möchte die bestehenden Rechtsvorschriften zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern überprüfen. Hierzu hat sie am 20. April 2022 eine Öffentliche Konsultation gestartet. Diese ist Bestandteil der EU-Strategie für eine wirksamere Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern (vgl. EiÜ 28/20). Ziel der Konsultation ist insb. die Bewertung der Richtlinie 2011/93/EU zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie. In der Konsultation können Interessenträger beispielsweise dazu Stellung nehmen, ob in Bezug auf die Bekämpfung von Kindesmissbrauch Strafbarkeitslücken bestehen und insoweit Handlungsbedarf auf EU-Ebene gesehen wird. Zudem können sie sich dazu äußern, ob die nationalen Vorschriften eine wirksame Bekämpfung des Kindesmissbrauchs ermöglichen und ggfs. Verbesserungsvorschläge einbringen. Rückmeldungen zur Konsultation sind bis zum 1. Juli 2022 möglich. Anschließend muss die EU-Kommission dann entscheiden, ob sie legislativ tätig werden möchte. Derweil gibt es auch in Bezug auf den bereits für 2021 geplanten Verordnungsvorschlag zur Bekämpfung des sexuellen Kindesmissbrauchs im Internet (vgl. EiÜ 15/21) Neuigkeiten. Nach derzeitigem Stand möchte die EU-Kommission diesen im Mai 2022 vorlegen.
„Pegasus“-Untersuchungsausschuss nimmt Arbeit auf – EP
Am 19. April 2021 trat der Untersuchungsausschuss des Europäischen Parlaments zur Aufarbeitung des Einsatzes von „Pegasus“ und anderer Spähsoftware zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Grundlage für die Einsetzung des Ausschusses ist ein Beschluss des Europäischen Parlaments vom 10. März 2022. Die 38 Ausschussmitglieder sollen untersuchen, in welchem Ausmaß Mitgliedstaaten durch den Einsatz von Spähsoftware gegen das EU-Recht verstoßen haben. Im Juli 2021 war bekannt geworden, dass in über 50 Ländern Politiker:innen, Diplomat:innen, Journalist:innen, Anwält:innen und Akteur:innen der Zivilgesellschaft unbemerkt mittels der Spionagesoftware Pegasus ausgespäht wurden. Betroffen waren auch Oppositionelle und Investigativjournalist:innen in EU-Mitgliedsstaaten wie Ungarn oder Polen. Zuletzt war bekannt geworden, dass auch spanische Behörden mittels Pegasus Telefondaten von Politiker:innen der katalonischen Unabhängigkeitsbewegung ausgelesen hatten, darunter auch Mitglieder des EU- Parlaments. In zwölf Monaten soll der Ausschuss einen Abschlussbericht veröffentlichen.
Rechtsstaatlichkeitsbericht: Parlament verlangt Nachbesserungen – EP
Der Innenausschuss (LIBE) des EU-Parlaments hat am 20. April 2022 über die Änderungsanträge zum Berichtsentwurf des EU-Parlaments zum Rechtsstaatlichkeitsbericht 2021 der EU-Kommission abgestimmt und den endgültigen Berichtsentwurf mit 54 zu 11 Stimmen bei einer Enthaltung angenommen. Der Berichtsentwurf hatte die EU-Kommission u.a. dazu aufgefordert, konkretere Empfehlungen an vertragsbrüchige Mitgliedstaaten zu richten (vgl. EiÜ 05/22). Im endgültigen Berichtsentwurf werden die Handlungsaufforderungen, die an die EU-Kommission gerichtet werden, nunmehr verschärft. Beispielsweise solle die Methodologie des Berichts verbessert werden, um den diesen nachvollziehbarer zu machen. Zudem solle die EU-Kommission eine quantitative Analyse der Rechtsstaatlichkeitsverstöße in den Bericht aufnehmen. Auch solle die Sichtbarkeit der Werte der EU durch eine jährliche „Wertewoche“ im September verbessert werden. Im nächsten Schritt muss das Plenum des EU-Parlaments über den endgültigen Berichtsentwurf abstimmen.
Diskussion zur neuen Produktsicherheitsverordnung – EP
Im Hinblick auf die neue Produktsicherheitsverordnung besteht im EU-Parlament noch Diskussionsbedarf. In der Sitzung des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO) vom 21. April 2022 wurden zahlreiche Änderungsanträge zum entsprechenden Berichtsentwurf des EU-Parlaments diskutiert. Berichterstatterin Charanzová hatte den Berichtsentwurf zum Verordnungsvorschlag (VO-V) der EU-Kommission (vgl. hierzu EiÜ 30/21) im Dezember 2021 vorgelegt. Uneinigkeit besteht etwa noch dahingehend, ob die Verordnung – wie in Art. 2 Abs. 5 VO-V vorgesehen – unter Berücksichtigung des Vorsorgeprinzips angewandt werden soll oder aber (nur) unter Zugrundelegung eines risikobasierten Ansatz. Letzteres fordert u.a. die Berichterstatterin in ihrem Berichtsentwurf. Im Hinblick auf die besonderen Pflichten von Online-Marktplätzen (Art. 20 VO-V) fordern einige Ausschussmitglieder schärfere Bestimmungen gegenüber dem VO-V und dem Berichtsentwurf. Dies betrifft etwa die Sicherstellung des Zugangs zu Hersteller-, Produktions- und Sicherheitsinformationen auf dem Online-Marktplatz sowie die Gewährleistung von Produktrückrufen. Uneinigkeit besteht auch in Bezug auf die Reichweite der Pflichten des „verantwortlichen Wirtschaftsakteurs“, der für Produkte, die aus Drittländern heraus verkauft werden, verantwortlich ist.
Datenschutzbeauftragter wird immer mehr eingebunden – EDSB
Der Europäische Datenschutzbeauftragte (EDSB) hat dem Innenausschuss (LIBE) des EU-Parlaments am 20. April 2022 seinen Jahresbericht für 2021 (in Englisch) vorgestellt. Er stellte fest, dass die Beteiligung des EDSB an Gesetzgebungsverfahren erheblich angestiegen sei. Im letzten Jahr habe er 88 Stellungnahmen abgegeben, unter anderem zum Entwurf der KI-Verordnung (vgl. EiÜ 23/21) oder zum Verhandlungsmandat des Rates zur ePrivacy-Verordnung (vgl. EiÜ 10/21). Ein weiteres Thema des Berichts war Europol. Der EDSB berichtete u.a., dass die Strafverfolgungsbehörde seiner Anordnung vom 3. Januar 2022 (vgl. EiÜ 01/22) noch nicht vollständig nachgekommen sei. Mit dieser Anordnung hatte der EDSB Europol zur Löschung von personenbezogenen Daten von Personen, die keinen nachgewiesenen Bezug zu einer Straftat haben, aufgefordert. Auch die geplante Neufassung des Europolmandats sieht der EDSB – ebenso wie der DAV (vgl. DAV-Stellungnahme Nr. 31/21) – kritisch. Anders als der DAV (vgl. DAV-Stellungnahme Nr. 58/21) habe er in Bezug auf die Nutzung von Daten im Bereich der Geldwäschebekämpfung dagegen keine tiefgreifenden Bedenken. Hinsichtlich der EU-COVID-Pässe mahnte der EDSB, dass diese eine temporäre Maßnahme bleiben müssten. Eine Verlängerung über die Pandemie hinaus dürfe es nicht geben. Weiterhin berichtete er, dass eine Stellungnahme zum sog. Pegasus-Skandal in Arbeit sei.
Europäische Staatsanwaltschaft: Positive Jahresbilanz – EuStA
Generalstaatsanwältin Laura Kövesi hat dem Innenausschuss (LIBE) des EU-Parlaments am 20. April 2022 den Jahresbericht (in Englisch) der Europäischen Staatsanwaltschaft (EuStA) präsentiert. Die EuStA hat ihre Tätigkeit am 1. Juni 2021 aufgenommen (vgl. EiÜ 20/21). Ihre Befugnisse umfassen die Untersuchung und Verfolgung von Straftaten zu Lasten der finanziellen Interessen der EU. Die Generalstaatsanwältin zeigte sich insgesamt zufrieden mit der Bilanz des Jahres 2021. Am 31. Dezember 2021 seien 515 Ermittlungsverfahren mit einem geschätzten Gesamtschaden von 5,4 Mrd. Euro anhängig gewesen. Rund 2,5 Mrd. Euro an Schaden sei allein durch Mehrwertsteuerbetrug entstanden. Zudem seien bereits 147,3 Mio. Euro sichergestellt worden. 54 dieser Ermittlungsverfahren mit einem geschätzten Gesamtschaden von 701,4 Mio. Euro seien in Deutschland anhängig (vgl. Länderbericht in Englisch). Insgesamt habe die EuStA dazu beigetragen, die Geschwindigkeit und Effizienz der grenzüberschreitenden Strafverfolgung zu verbessern. Dennoch bestehe auf verschiedenen Gebieten noch Handlungsbedarf. Insbesondere administrative Hürden und die Uneinheitlichkeit nationaler Verfahrensrechte erschwerten das Tätigwerden der EuStA. In Zukunft wolle die EuStA ihre personellen Kapazitäten weiter ausbauen und noch intensiver mit den bislang nicht an der EuStA teilnehmenden EU-Staaten sowie mit Drittstaaten kooperieren.
Kommentare