Europa im Überblick, 18/16

KRITIK AM DEUTSCHEN DIENSTLEISTUNGSSEKTOR HÄLT AN – KOM

Die EU-Kommission hat am 18. Mai 2016 die länderspezifischen Empfehlungen 2016 für Deutschland (derzeit nur in englischer Sprache verfügbar) veröffentlicht. Darin empfiehlt die Kommission u.a., mehr Wettbewerb im Dienstleistungssektor zuzulassen, insbesondere bei den Unternehmensdienstleistungen und den reglementierten Berufen. Deutschland gehöre weiterhin zu den Mitgliedstaaten mit hohen regulatorischen Hindernissen. Dies betreffe insbesondere Zulassungserfordernisse, Beschränkungen bei der multidisziplinären Zusammenarbeit, Versicherungsanforderungen, feste Gebühren sowie Erfordernisse hinsichtlich der Rechtsform und der Beteiligungsverhältnisse. Aus Sicht der Kommission fallen die im nationalen Reformprogramm Deutschlands 2016 für den Dienstleistungssektor vorgeschlagenen Maßnahmen zu limitiert aus. Die Kommission schlägt die Empfehlungen im Zyklus des Europäischen Semesters 2016 vor. Sie basieren auf den im Februar 2016 präsentierten Länderberichten (s. EiÜ 9/16), einer Auswertung der nationalen Reformprogramme (s. EiÜ 16/16), auf der Frühjahrsprognose 2016 sowie auf bilateralen Gesprächen mit den Mitgliedstaaten und weiteren Interessenträgern. Die Kommission wird nun den Rat bitten, die vorgeschlagenen länderspezifischen Empfehlungen anzunehmen und die Mitgliedstaaten auffordern, diese für die Haushaltsplanung 2016 und 2017 vollständig und fristgerecht umzusetzen.

EU-PARLAMENT BESCHLIEßT ERWEITERTE EUROPOL-BEFUGNISSE – EP

Die neue Europol-Verordnung ist am 11. Mai 2016 im Plenum des Europäischen Parlaments mit einer großen Mehrheit der Fraktionen angenommen worden (s. Pressemitteilung). Sie sieht vor, dass die EU-Polizeibehörde mit erweiterten Befugnissen zur Bekämpfung von grenzüberschreitender Kriminalität und Terrorismus ausgestattet wird, sodass sie schneller auf Sicherheitsbedrohungen reagieren kann. Mit der Verordnung wurde darüber hinaus eine Rechtsgrundlage für die beiden bereits bestehenden Einheiten, das Europäische Zentrum für Terrorismusbekämpfung (ECTS) und die Meldestelle für Internetinhalte (EU-IRU) geschaffen. In bestimmten Fällen hat die EU-IRU nun die Möglichkeit, personenbezogene Daten mit Internetdienstleistern direkt auszutauschen, um gegen terroristische Propaganda oder kommerzielle Banden von Fluchthelfern schneller ermitteln zu können. Außerdem werden der Europäische Datenschutzbeauftragte sowie ein parlamentarischer Kontrollausschuss die Arbeit von Europol überwachen. Die Verordnung wird 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft treten und ab dem 1. Mai 2017 wirksam sein.

BESCHWERDE KOPFTUCHTRAGENDER ANWÄLTIN ABGEWIESEN –  EGMR

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat am 19. Mai 2016 die Beschwerde in der Sache Barik Edidi ./. Spanien (Nr. 21780/13, nur in französischer Sprache verfügbar) abgewiesen. Beschwerdeführerin in diesem Verfahren war die spanische Anwältin Zoubida Barik Edidi, die während einer Gerichtsverhandlung im Oktober 2009 von einem Richter aufgefordert wurde, den für die Parteien vorgesehenen Bereich zu verlassen und sich stattdessen in den Publikumsraum zu setzen. Grund dafür war, dass die Anwältin neben der vorgeschriebenen Anwaltsrobe ein Kopftuch trug und eine Kopfbedeckung nach Auffassung des Richters nicht als Anwaltskleidung zulässig war. Der EGMR hat nun entschieden, dass die Beschwerde soweit sie sich auf Artikel 6 EMRK (Recht auf ein faires Verfahren) stützt, unbegründet sei, da sich die Beschwerdeführerin erst fünf Tage nach Fristablauf an die Audiencia Nacional (nationaler Staatsgerichtshof) gewandt habe. Damit habe ihr eigenes Verhalten dazu geführt, dass das nationale Gericht sich nicht mit dem Sachverhalt habe beschäftigen können. Das Gericht habe das nationale Recht hier auch nicht unverhältnismäßig oder willkürlich angewandt. Bezüglich der Geltendmachung einer Verletzung von Artikel 8 und 9 EMRK (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens und Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit) sei die Beschwerde zurückzuweisen, da die innerstaatlichen Rechtsbehelfe nicht ausgeschöpft worden seien, denn die Beschwerdeführerin habe sich nicht an die nationalen Regelungen zum Einlegen eines Rechtsbehelfs gehalten. Der EGMR hat im Zuge dieser Entscheidung ein Factsheet (nur in englischer Sprache verfügbar) zu Entscheidungen zu religiösen Symbolen und Bekleidung herausgegeben.

KOMMISSIONSBERICHT ÜBER DIE LAGE DER GRUNDRECHTE IN DER EU – KOM

Am 19. Mai 2016 hat die Europäische Kommission zum sechsten Mal ihren jährlichen Bericht über die Anwendung der Charta der Grundrechte in der Europäischen Union (COM(2016) 265) veröffentlicht. Mit Blick auf das Jahr 2015 stellt die Kommission hierin dar, wie sie die Charta der Grundrechte der Europäischen Union bei verschiedenen politischen und legislativen Vorhaben berücksichtigt habe. So stünden beispielsweise das Reformpaket zum Datenschutz (s. EiÜ 14/16) sowie das EU-US-Datenschutzabkommen (s. EiÜ 28/15, 07/16) im Zeichen des Rechts auf Privatsphäre und Datenschutz.  Die Europäische Migrationsagenda COM(2015) 240 (s. EiÜ 06/16) fokussiere sich nach Ansicht der Europäischen Kommission besonders darauf, Todesfälle durch Fluchtrouten über die See zu vermeiden. Einen besonderen Schwerpunkt des diesjährigen Berichts bildet das erste jährliche Kolloquium über Grundrechte zum Thema „Toleranz und Respekt: Prävention und Bekämpfung von antisemitisch und antimuslimisch motiviertem Hass in Europa“, das im Oktober 2015 abgehalten wurde (s. EiÜ 31/15). Das zweite jährliche Kolloquium „Medienvielfalt und Demokratie“  wird im November 2016 stattfinden und sich auf die Rolle freier und pluralistischer Medien in Demokratien fokussieren. Die Kommission hat am 19. Mai 2016 hierzu eine in dieses zweite Kolloquium einfließende öffentliche Konsultation veröffentlicht. Die Frist für Rückmeldungen hierzu ist der 14. Juli 2016.

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