Europa im Überblick, 18/18

EiÜ 18/18

Brexit und die Auswirkungen auf die Justizstandorte – DAV

Der Brexit wirkt sich nicht nur auf den Finanzstandort London aus. Er bietet auch die Chance, die Justiz und Rechtspflege wieder als Standortfaktor zu begreifen. Dies war Thema einer gemeinsamen Diskussionsveranstaltung des DAV und der Landesvertretung Hessen bei der EU am 2. Mai 2018 in Brüssel. Nach einleitenden Begrüßungsworten der DAV-Vizepräsidentin Claudia Seibel sowie des Leiters der LV Hessen, Friedrich von Heusinger, erläuterte DAV-Ehrenmitglied Hans-Jürgen Hellwig die Auswirkungen des Brexits auf die „Justizunion“ und die anwaltlichen Dienstleistungen sowie die Wettbewerbsvor- und Nachteile deutscher Justizstandorte gegenüber dem Justizstandort London. Anschließend folgte eine Podiumsdiskussion zwischen Hellwig, dem Präsidenten des OLG Frankfurt Roman Poseck, Andreas Schwab (EVP) vom EU-Parlament sowie Stefan Führing von der Brexit-Task Force der EU-Kommission. Moderiert wurde die Veranstaltung von Hendrik Kafsack, EU-Korrespondent der FAZ.

EU-Mittel nur bei Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien? – KOM

EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger hat am 2. Mai 2018 einen Verordnungsvorschlag COM(2018) 322 zur Festlegung des Mehrjährigen Finanzrahmens der EU für die Jahre 2021 bis 2027 vorgestellt. Teil der vorgeschlagenen Haushaltsplanung ist auch ein Mechanismus, wonach die Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung noch stärker an die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien geknüpft sein soll. Bisher mussten die Staaten nachweisen, dass die EU-Finanzmittel durch eine solide Verwaltung gegen Missbrauch geschützt sind. Mit dem Verordnungsvorschlag COM(2018) 324 soll der Schutz des Haushalts der Union im Falle von generellen Mängeln in Bezug auf das Rechtsstaatsprinzip gewährleistet werden. Demnach könnten den Mitgliedstaaten künftig die EU-Finanzmittel proportional zu Art, Schwere und Umfang von Rechtsstaatlichkeitsdefiziten ausgesetzt, verringert oder beschränkt werden, wenn etwa die Unabhängigkeit der Gerichte oder der Zugang zu Gericht gefährdet ist und dadurch eine Schädigung der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung droht. Des Weiteren sollen die EU-Mitgliedstaaten, die Reformen etwa im Kontext des Europäischen Semesters anstreben, durch ein Reformhilfeprogramm finanziell und technisch unterstützt werden.

Schutz von Hinweisgebern besser als erwartet – EP

Der letzte Woche vorgelegte Richtlinienvorschlag COM(2018) 218 zum Schutz von Hinweisgebern (s. EiÜ 17/18) sei inhaltlich besser als erwartet, biete jedoch noch Verbesserungspotential. Das war der Grundkonsens bei einem von MdEP Virginie Rozière (S&D) und der International Bar Association am 3. Mai 2018 im EU-Parlament veranstalteten Workshop. Zur Diskussion eingeladen waren die stellvertretende Leiterin des für den Vorschlag zuständigen Referates der EU-Kommission und verschiedene Vertreter von Nichtregierungsorganisationen. Als besonders positiv hervorgehoben wurde die Wahl eines verbindlichen Rechtsinstruments, um unionsweit einheitliche Mindeststandards setzen zu können. Auch die nicht abschließende, umfangreiche Aufzählung verbotener Vergeltungsmaßnahmen und die Beweislastumkehr zu Lasten des Arbeitgebers bei aufgrund einer Meldung erlittenen Beeinträchtigungen, wurden begrüßt. Verbesserungsbedarf am Richtlinienvorschlag wurde insbesondere darin gesehen, dass die Rechte und Pflichten für die Hinweisgeber einfacher formuliert sein sollten und sie stärker in das Meldeverfahren eingebunden sein sollen, anstatt nur über die ergriffenen Maßnahmen informiert zu werden. Als weitere Verbesserung wurde diskutiert, ob der Anwendungsbereich des Vorschlages auch auf während des Meldeverfahrens aussagende Zeugen erweitert werden könnte. Als nächstes werden Rat und EU-Parlament über den Vorschlag beraten.

Trilogkompromiss: Gleiche Regeln für Videoplattformen wie für Fernsehen – KOM/EP/Rat

Das EU-Parlament, der Rat und die EU-Kommission haben am 27. April 2018 eine vorläufige politische Einigung zu der überarbeiteten Richtlinie COM(2016)287 für audiovisuelle Medien erzielt (s. Pressemitteilung). Die Regeln, die für alle audiovisuellen Mediendienste (inkl. Videoplattformen wie YouTube oder Soziale Medien wie Facebook) gelten sollen, umfassen eine Stärkung des Herkunftslandprinzips, mehr Schutz für Minderjährige und strengere Vorschriften gegen Aufstachelung zum Hass oder Aufforderungen zum Terrorismus. Gleichzeitig sollen europäische Werke durch eine 30%-Quote gefördert und mehr Flexibilität für Fernsehwerbung erlaubt werden. Nach letzten technischen Verhandlungen soll die Richtlinie im Juni von Rat und Parlament formell angenommen werden.  

Deutschland greift EU-Reformempfehlungen für Dienstleistungsbereich auf – BReg

Das Bundeskabinett hat am 25. April 2018 das Nationale Reformprogramm 2018 (s. Bericht) beschlossen. Das Nationale Reformprogramm 2018 ist ein jährlicher Bericht der Bundesregierung (BReg) zur Koordinierung der Wirtschaftspolitik im Rahmen des Europäischen Semesters, mit dem auf den Länderbericht der EU-Kommission geantwortet wird (s. EiÜ 10/18). Die Bundesregierung möchte demnach für den Dienstleistungssektor noch Liberalisierungspotential nutzen und nimmt die von der EU-Kommission im Rahmen des Dienstleistungspakets (s. EiÜ 4/17) ebenfalls vorgelegten Reformempfehlungen zum Anlass, die Berufsregulierungen nochmals zu prüfen. Dies gelte auch für das anwaltliche Berufsrecht. Die Bundesregierung prüfe zudem die Lockerung der Regeln für die Berufsausübung sowie eine bessere Ausbalancierung der Regulierungen zur Sicherung der Qualität der Dienstleistungen und des Verbraucherschutzes. Am 23.Mai 2018 wird die EU-Kommission die länderspezifischen Empfehlungen vorlegen, die anschließend noch der Annahme durch den Rat bedürfen.

Richtlinie für eine Verhältnismäßigkeitsprüfung bei der Berufsregulierung kommt – EP/Rat

Nach der politischen Einigung im März 2018 (s. EiÜ 13/18) ist der erzielte Kompromiss zu dem Richtlinienvorschlag für eine Verhältnismäßigkeitsprüfung bei der Berufsregulierung nunmehr auch im Rat sowie im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO) des Europäischen Parlaments vorab bestätigt worden. Der Ausschuss der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten (COREPER) im Rat stimmte dem Kompromisstext (derzeit nur in englischer Sprache) am 20. April zu, während die Annahme im IMCO-Ausschuss am 23. April 2018 folgte. Die Richtlinie muss nun noch durch den Ministerrat sowie das Plenum des Europäischen Parlaments formell angenommen werden.

Neues Vorlageverfahren zu Grundsatzfragen zur EMRK möglich – EGMR

Durch die Ratifikation Frankreichs am 12. April 2018 als zehnter Vertragsstaat wird das 16. Zusatzprotokoll (nur in englischer Sprache) der Europäischen Menschrechtskonvention (EMRK) am 1. August 2018 für alle Unterzeichnerstaaten in Kraft treten (s. Pressemitteilung). Dadurch wird es den höchsten nationalen Gerichten ermöglicht, den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) im Rahmen eines Vorlageverfahrens – wie es beim EuGH bereits eine Selbstverständlichkeit ist – in bereits anhängigen Fällen um ein beratendes Gutachten zu ersuchen. Dabei muss es sich um eine Grundsatzfrage über die Auslegung und Anwendung der Rechte und Freiheiten handeln, die in der EMRK und ihren Zusatzprotokollen definiert sind. Die Vorlagefrage muss zudem für die Entscheidung des konkreten Sachverhalts entscheidend sein. Das Gutachten ist vom Gerichtshof mit einer Begründung zu versehen und nicht bindend. Hält sich das vorlegende Gericht nicht an die Vorgaben des Gerichtshofes, steht den Betroffenen unverändert der Rechtsweg in Form der Individualklage vor den EGMR offen. Das neue Verfahren soll den Dialog zwischen den nationalen obersten Gerichten und dem EGMR fördern sowie den Schutz der Menschenrechte weiter voranbringen. Deutschland hat das Protokoll bisher noch nicht ratifiziert.

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