PORTABILITÄT VON ONLINE-DIENSTEN: RAT LEGT POSITION FEST, PARLAMENT DISKUTIERT – RAT/EP
Die Verhandlungen zum Kommissionsvorschlag COM(2015) 627 für eine Verordnung zur Gewährleistung der grenzüberschreitenden Portabilität von Online-Inhaltediensten im Binnenmarkt schreiten voran. Am 25. Mai 2016 hat der Rat für Wettbewerbsfähigkeit seine allgemeine Ausrichtung zum Verordnungsvorschlag zur Portabilität erzielt und damit seine Position für die Trilogverhandlungen festgelegt (vgl. Pressemitteilung des Rates). Im Europäischen Parlament laufen die Arbeiten an einem Berichtsentwurf. Der zuständige Berichterstatter im Rechtsausschuss (JURI), Jean-Marie Cavada (ALDE), wird nach seiner Aussage den Berichtsentwurf noch vor dem Sommer im zuständigen Rechtsausschuss vorstellen. Der Vorschlag wurde insgesamt von den Mitgliedern des Ausschusses begrüßt. Vor allem die Definition des Wohnsitzmitgliedsstaates und des vorrübergehenden Aufenthalts wurden als positiv bewertet, da für diese keine konkrete zeitliche Begrenzung festgelegt wurde. Die Schattenberichterstatterin Julia Reda machte deutlich, dass die konkreten Verifikationsmechanismen der Anbieter im Hinblick auf das Datenschutzrecht noch diskutiert werden müssten. Durch die Verifikationsinstrumente sollen die Dienstanbieter feststellen können, wo der Nutzer seinen tatsächlichen Wohnsitzmitgliedsstaat hat, um einen Missbrauch zu verhindern.
VERORDNUNGSENTWURF ÜBER MAßNAHMEN GEGEN GEOBLOCKING – KOM
Die Kommission will mit neuen Rechtsvorschriften dafür sorgen, dass Verbraucher, die Dienstleistungen oder Waren in einem anderen Mitgliedstaat online oder vor Ort erwerben wollen, nicht durch unterschiedliche Preise, Verkaufs- oder Zahlungsbedingungen diskriminiert werden, sofern dies nicht aus objektiven und nachprüfbaren Gründen, wie dem Mehrwertsteuerrecht oder Vorschriften zum Schutz des Gemeinwohls, gerechtfertigt ist. Dazu hat sie am 25. Mai ihren Verordnungsentwurf COM(2016) 289 über Maßnahmen gegen Geoblocking und andere Formen der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Ortes der Niederlassung des Kunden innerhalb des Binnenmarkts veröffentlicht. Bestandteil des Maßnahmenpakets der Kommission, welches ein wichtiger Schritt zur Umsetzung der Strategie für den digitalen Binnenmarkt ist, ist auch ein Richtlinienvorschlag COM(2016) 287 für eine überarbeitete Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMD-Richtlinie) (s. auch Pressemitteilung). Dieser soll gerechtere Rahmenbedingungen für alle Akteure schaffen, europäische Filme fördern, Minderjährige besser schützen und Aufstachelung zum Hass wirkungsvoller bekämpfen. Die Kommission veröffentlichte ebenfalls einen Richtlinienvorschlag COM(2016) 283 über die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden, mit dem auch präzisiert werden soll, welche Geschäftspraktiken in der digitalen Welt als unlauter angesehen werden, sowie aktualisierte Leitfäden über unlautere Geschäftspraktiken für Klarstellungen zur Anwendung der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken.
ANHÖRUNG: EUROPÄISCHE STAATSANWALTSCHAFT KOMMT SCHON BALD – EP
Die Verhandlungen zur Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft sollen noch 2016 abgeschlossen werden – und bis dahin gibt es für das EU-Parlament und die Justizminister noch einiges zu tun. Dies war das Fazit einer öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) des EU-Parlaments (s. Programm und Video). Justizkommissarin Jourová forderte, dass in die Verordnung (s. zusammenfassenden Sachstand) zur Errichtung der Staatsanwaltschaft eine über die derzeit verhandelte Richtlinie für vorläufige Prozesskostenhilfe hinausgehende Regelung zur Prozesskostenhilfe aufgenommen werden solle. Zur Frage der gerichtlichen Kontrolle der Maßnahmen der Europäischen Staatsanwaltschaft berichtete eine Vertreterin des Rechtsdienstes von des EU-Parlaments, dass die Übertragung der Vielzahl an Befugnisse auf nationale Gericht zwar nicht gegen Art. 263 AEUV verstoße, dass aber EU-Gerichte zumindest die direkt auf der Verordnung basierenden Maßnahmen kontrollieren können müssten. Fraglich sei auch nach wie vor der Umfang der „PIF“-Richtlinie über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der EU gerichtetem Betrug, welche entscheidend für die Ermittlungsbefugnisse der Staatsanwaltschaft sein werde. Kommission und Parlament fordern, dass Mehrwertsteuerbetrug in die Richtlinie aufgenommen werden müsse, jedenfalls schwere PIF-Straftaten (gemessen an der Schadenssumme) mit grenzüberschreitendem Charakter, insbesondere nach dem „Taricco-Urteil“ des EuGH (vgl. EiÜ 28/15).
JAHRESBERICHT 2015 DES EU-DATENSCHUTZBEAUFTRAGTEN – EDSB
Der Europäische Datenschutzbeauftragte Giovanni Buttarelli hat im LIBE-Ausschuss des Europäischen Parlaments seinen Jahresbericht 2015 (vgl. auch deutsche Zusammenfassung) vorgestellt und dabei Position zum Safe-Harbor Nachfolger Privacy-Shield sowie zur Datenschutz-Grundverordnung bezogen. Buttarelli äußerte ernste Bedenken in der Frage, ob die aktuelle EU-US-Datenschutzübereinkunft einer Überprüfung durch den Europäischen Gerichtshof standhalten werde. Er hoffe, dass die Kommission Verbesserungen in den laufenden letzten Verhandlungsrunden vor der für Sommer geplanten Unterzeichnung des Abkommens erreichen könne. Zur verabschiedeten Datenschutz-Grundverordnung 2016/679/EU kündigte Buttarelli eine Stellungnahme für den 30.Mai 2016 an. Der Schwerpunkt liege nun auf der Umsetzung. Es gelte, die Zusammenarbeit mit unabhängigen Datenschutzbehörden zu stärken und sie durch die Einrichtung des Europäischen Datenschutzausschusses in ihren Tätigkeiten zu unterstützen sowie durch die Umsetzung geeigneter Vorschriften über Datentransfers effektiv auf das Schrems-Urteil zu reagieren. Darüber hinaus müssten die Grundsätze der Datenschutz-Grundverordnung mit der Überarbeitung der E-Privacy-Richtlinie 2002/58/EG auch vollständig in einen modernisierten Rahmen für den Schutz der Privatsphäre bei jeglicher elektronischer Kommunikation integriert werden.
NEUER ANSATZ IM UMGANG MIT ONLINE-PLATTFORMEN – KOM
Die EU-Kommission hat am 25. Mai 2016 ihre Mitteilung COM(2016) 288 (s. auch Arbeitsunterlage zur Mitteilung) zu Online-Plattformen im digitalen Binnenmarkt – Chancen und Herausforderungen für Europa vorgestellt. Nach ihrer Ankündigung in der Strategie für einen digitalen Binnenmarkt (s. EiÜ 17/15), sich mit der Rolle von Online-Plattformen auseinanderzusetzen, stellt die EU-Kommission damit ihren Ansatz für Innovationsmöglichkeiten, regulatorische Herausforderungen sowie die Förderung der Weiterentwicklung von wettbewerbsfähigen Online-Plattformen vor. Sie stützt sich dabei auch auf die Erkenntnisse aus der öffentlichen Konsultation zum Regelungsumfeld von Plattformen (s. Ergebnisbericht; nur in englischer Sprache), an der sich der DAV mit seiner Stellungnahme 63/2015 (s. EiÜ 1/16) beteiligt hat. Wie vom DAV gefordert, soll für vergleichbare digitale Dienste ein ausgewogener Rechtsrahmen geschaffen werden. Durch grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei der Rechtsdurchsetzung soll sichergestellt werden, dass die Plattformen ihren Pflichten zum Verbraucherschutz nachkommen. Zudem kündigt die Kommission an, eine Bestandsaufnahme bestehender Geschäftspraktiken zwischen Unternehmen in der Umgebung von Online-Plattformen durchzuführen.
FORDERUNG NACH LEGISLATIVVORSCHLÄGEN FÜR DEN BINNENMARKT – EP
Das Plenum des Europäischen Parlaments hat am 26. Mai 2016 zwei Initiativberichte des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO) zur Binnenmarktstrategie der EU-Kommission (s. EiÜ 35/15) angenommen (s. EiÜ 16/16). Dabei handelt es sich um eine Entschließung zur Binnenmarktstrategie der Berichterstatterin Lara Comi (EPP) sowie eine Entschließung über nichttarifäre Handelshemmnisse im Binnenmarkt von Daniel Dalton (ECR). Die bei der Plenaraussprache am 25. Mai 2016 anwesende Kommissarin für Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMU, Elzbieta Bienkowska, kündigte für das 4. Quartal 2016 neue Legislativvorschläge im Rahmen der Binnenmarktstrategie an.
WEITERE KONSULTATION ZUM EUROPÄISCHEN DIENSTLEISTUNGSSEKTOR – KOM
Die EU-Kommission hat am 27. Mai 2016 eine weitere öffentliche Konsultation zum Thema „Regulierung von Berufen: Verhältnismäßigkeit und nationale Aktionspläne der Mitgliedstaaten“ eingeleitet (s. EiÜ 17/16, 8/16). In dem Fragebogen besteht die Möglichkeit, die im Rahmen der sog. Transparenzinitiative ergangenen nationalen Aktionspläne der Mitgliedstaaten (s. EiÜ 16/16) und die dort vorgeschlagenen Reformmaßnahmen zu kommentieren. Der zweite Teil des Fragebogens betrifft das im Rahmen der Binnenmarktstrategie (s. EiÜ 35/15) für den Dienstleistungssektor vorgeschlagene Instrument des „Analyserasters“ und dessen Ausgestaltung. Das Analyseraster soll eine Methodik bieten, mit der sich die Verhältnismäßigkeit von berufsrechtlichen Regelungen umfassend evaluieren lässt. Die Ergebnisse der öffentlichen Konsultation sollen in einen Bericht der Kommission an das EU-Parlament und den Rat im Jahr 2017 einfließen. Ein konkreter Vorschlag zur Einführung des Analyserasters könnte neben länder- und berufsspezifischen Leitlinien zum Ende des Jahres 2016 erfolgen. Eine Beantwortung der Konsultation ist bis zum 19. August 2016 möglich.
DEUTSCHER ANWALTSTAG 2016 – DAV
Aufgrund des vom 1. bis 3 Juni 2016 in Berlin stattfindenden 67. Deutschen Anwaltstages des Deutschen Anwaltvereins, erhalten Sie die nächste Ausgabe von „Europa im Überblick“ in zwei Wochen. Der Anwaltstag steht in diesem Jahr unter dem Motto „Wenn das Strafrecht alles richten soll – Ultima Ratio oder Aktionismus“ (s. hier das Gesamtprogramm).
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