ÜBERRASCHENDER KOMPROMISS ZU TTIP-VERHANDLUNGEN – EP
Unerwartet deutlich haben die Abgeordneten des Ausschusses für Internationalen Handel (INTA) des EU-Parlaments für fraktionsübergreifende Positionen im Hinblick auf die TTIP-Verhandlungen votiert. Der Bericht mit den Empfehlungen des EU-Parlaments an die Kommission zu den Verhandlungen über die transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) wurde am 28. Mai 2015 mit 28 zu 13 Stimmen angenommen. Insbesondere zum höchst umstrittenen Investor-Staat-Streitbeilegungsmechanismus (ISDS, s. hierzu auch EiÜ 2/15) wurde überraschend ein weitgehender Kompromiss zwischen den beiden größten Fraktionen S&D und EVP herbeigeführt. Nachdem ISDS im Berichtsentwurf noch als „nicht notwendig“ bezeichnet wurde, wird nun angeregt, auf das von Kommissarin Cecilia Malmström vorgestellte Konzeptpapier (s. EiÜ 17/15) aufzubauen. Ausweislich des angenommenen Berichts sollen ausländischen Investoren im Rahmen von ISDS nicht mehr Rechte als inländischen zustehen. Investitionsstreitigkeiten sollen von unabhängigen Richtern öffentlich verhandelt werden, außerdem sei ein Berufungsmechanismus vorzusehen, der auch die Einhaltung der europäischen und nationalen Rechtsprechung überprüfe. Mittelfristig wird der Aufbau eines Internationalen Investitionsgerichtshofs angeregt. Eine Abstimmung des angenommenen Berichts ist für den 10. Juni 2015 im Plenum des EU-Parlaments geplant.
ERSTE MASSNAHMEN ZUR UMSETZUNG DER MIGRATIONSAGENDA – KOM
Nachdem die Europäische Kommission am 13. Mai 2015 die Europäischen Migrationsagenda angenommen hatte (s. EiÜ 18/15), hat sie nun am 27. Mai 2015 erste konkrete Vorschläge zu deren Umsetzung vorgelegt. Dazu zählen einerseits die Empfehlungen zur Um- und Neuansiedlung von 20.000 Flüchtlingen innerhalb der nächsten zwei Jahre, die nach Feststellung des UNHCR eindeutig internationalen Schutz benötigen. Die Verteilung erfolgt auf der Grundlage eines Verteilungsschlüssels. Andererseits hat die Kommission eine öffentliche Konsultation zur Blue-Card-Richtlinie 2009/50/EG eingeleitet, die hochqualifizierten Arbeitskräften die Zuwanderung und Arbeitsaufnahme in der EU erleichtern soll, aber bislang kaum genutzt wird. Die allen Interessenträgern offenstehende Konsultation läuft bis zum 21. August 2015. Weitere Maßnahmen umfassen einen Aktionsplan gegen Schlepper und Leitlinien mit Best Practices zur Abnahme von Fingerabdrücken von ankommenden Flüchtlingen. Als Sofortmaßnahme schlägt die Kommission darüber hinaus unter erstmaliger Anwendung der Notfallklausel nach Artikel 78 Abs. 3 AEUV eine Notumsiedlung von 40.000 Flüchtlingen aus Italien und Griechenland in andere EU-Mitgliedstaaten vor. Diese Notumsiedlung kommt für schutzbedürftige Syrer und Eritreer in Frage. Der Kommissionsvorschlag muss nach Anhörung des Europäischen Parlaments vom Rat mit qualifizierter Mehrheit angenommen werden.
SUP: ALLGEMEINE AUSRICHTUNG ERZIELT – RAT
Am 28. Mai 2015 wurde im Rahmen des Wettbewerbsrates eine allgemeine Ausrichtung zum Richtlinienvorschlag über Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit einem einzigen Gesellschafter (COM 2014(212)) erzielt. Nach dem Richtlinienvorschlag soll in den Mitgliedstaaten insbesondere die „Societas Unius Personae“, abgekürzt „SUP“, als Gesellschaftsform eingeführt werden. Diese Gesellschaft soll ein symbolisches Mindestkapital von 1 EUR aufweisen und grenzüberschreitend online gegründet werden. Besonders letzteres war unter den Ratsmitgliedern umstritten. Ausweislich des nun erzielten Kompromisses sollen die Mitgliedstaaten bei Betrugsverdacht auf Einzelfallbasis entsprechend ihres nationalen Rechts die physische Präsenz eines Gründers verlangen können (siehe Ergänzung zum Kompromiss). Auch der DAV sieht die Vorschriften zur Online-Gründung kritisch (s. DAV-Stn. 58/2014) und fordert, dass der Eintragungsmitgliedstaat zumindest verlangen kann, dass der Gründer über eine Ausweiskopie hinaus eine Identitätsfeststellung durch einen Notar oder eine Behörde seines Heimatlandes beibringt. Nach dem Willen des Rates soll auch die ursprünglich vorgesehene Vorschrift zum Sitz bzw. zur Sitztrennung bei der SUP (Art. 10) gestrichen werden.
EINIGUNG AUF ÜBERARBEITETES EUROPÄISCHES REISERECHT– RAT
Am 28. Mai 2015 hat der Wettbewerbsrat einen Kompromisstext zum Richtlinienvorschlag zu Pauschal- und Bausteinreisen (COM 2013(512)) angenommen (s. EiÜ 18/15). Die Richtlinie soll demnach auch auf sogenannte „click through“-Buchungen angewandt werden und unter bestimmten Voraussetzungen Dienstleistungen von separaten Verkäufern erfassen. Enthalten sind unter anderem neue Regelungen zu Stornierungen, z.B. bei Preiserhöhungen über 8% oder im Fall von Naturkatastrophen oder Terroranschlägen. Es wird erwartet, dass der nun vorliegende Kompromiss im Juni im Plenum des Europäischen Parlaments angenommen wird. Bis zum Ende des Jahres soll dieser dann durch den Rat endgültig angenommen und im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht werden. Der DAV hatte sich mit einer Stellungnahme (DAV-Stn. 44/2013) und im Rahmen einer Anhörung (s. EiÜ 11/14) in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht.
NEUES IM KAMPF GEGEN STEUERHINTERZIEHUNG – KOM/RAT
Die Europäische Kommission hat am 27. Mai 2015 die Inhalte des für Juni geplanten Aktionsplanes auf dem Gebiet der Besteuerung in einer Orientierungsaussprache diskutiert (vgl. Pressemitteilung). Der Aktionsplan soll demnach eine Strategie für die Neubelebung der Arbeiten zur Einführung einer gemeinsamen konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) auf EU-Ebene, für die Umsetzung von Maßnahmen gegen Steuervermeidung, die zurzeit auf internationaler Ebene in der OECD entwickelt werden, sowie zur weiteren Verstärkung der steuerlichen Transparenz beinhalten. Neben diesen Plänen der EU-Kommission haben der Rat der EU und die Schweizer Regierung ebenfalls am 27. Mai das mit der Schweiz vereinbarte Steuertransparenzabkommen offiziell unterzeichnet (s. Pressemitteilung). Damit erhalten die Mitgliedstaaten jährlich ab 2018 automatisch die Namen, Anschriften, Steuer-Identifikationsnummern und Geburtsdaten ihrer Einwohner mit Konten in der Schweiz sowie andere Finanzdaten und Informationen über Kontensalden. Die Kommission schließt derzeit Verhandlungen über vergleichbare Abkommen mit Andorra, Liechtenstein, Monaco und San Marino ab, die voraussichtlich noch vor Ende des Jahres unterzeichnet werden.
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