Europa im Überblick, 20/2022

EiÜ 20/2022

Digital Markets Act auf der Zielgeraden – EP

Am 16. Mai 2022 hat der federführende Binnenmarktausschuss (IMCO) seine Zustimmung über die politische Einigung (in Englisch) für das neue Gesetz über Digitale Märkte (DMA) erklärt (vgl. EiÜ 12/22; 40/21; 37/21; 01/21 sowie DAV-Stellungnahme 36/21). Die formelle Billigung des DMA durch das Plenum des EU-Parlaments wird im Juli erwartet. Nach Zustimmung des Rats – die als Formsache gilt – wird der DMA schließlich 20 Tage nach seiner Veröffent­lichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft treten und sechs Monate später in allen Mitgliedsstaaten der EU unmittelbar gelten.

Diskussion über Änderung der Normungsverordnung – EP

Die Berichterstatterin Svenja Hahn (FDP/Renew) hat am 17. Mai 2022 ihren Berichtsentwurf zum Vorschlag der EU-Kommission zu Änderung der Verordnung zur europäischen Normung (Normungs-VO) im zuständigen Binnenmarktausschuss (IMCO) des EU-Parlaments vorgelegt. Die Änderung der Normungs-VO ist der erste Schritt, um die im Februar 2022 von der EU-Kommission vorgelegte EU-Strategie für Normung umzusetzen (vgl. EiÜ 04/22). Die EU-Kommission will Art. 10 der Normungs-VO dahingehend ändern, dass nationale Normungsorganisationen bei Entscheidungen über Normungsaufträge der EU-Kommission zu europäischer Gesetzgebung umfassend beteiligt werden. Hierdurch soll eine bessere und stärkere Kontrolle innerhalb der europäischen Normungsorganisationen gewährleistet werden. Der Rat hatte sich in seiner allgemeinen Ausrichtung (in Französisch) am 2. Mai 2022 der Position der EU-Kommission umfassend angeschlossen. Der Berichtsentwurf hingegen will Normungsorganisationen aus Drittländern in den Normungsprozess einbinden. Es sei wichtig auch diese Vertreter zu hören, da sich Unternehmen aus diesen Ländern ebenso an europäischen Normen halten würden. Der Binnenmarktausschuss wird voraussichtlich am 12. Juli 2022 über die Änderungsvorschläge abstimmen.

Eurojust darf Beweismittel für Kriegsverbrechen sichern – EP/Rat

Das Plenum des EU-Parlaments hat am 19. Mai 2022 über den Vorschlag (in Englisch) der EU-Kommission zur Änderung der Eurojust-Verordnung 2018/1727 im Eilverfahren abgestimmt und mit geringfügigen Änderungen angenommen (vgl. EiÜ 17/22). Auch der Rat hat den Änderungen am 25. Mai 2022 zugestimmt. Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine wird das Mandat von Eurojust auf die Sicherung und Sammlung von Beweisen bei Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord, ausgeweitet. Der Text muss nun noch durch Ratspräsident und EU-Parlamentspräsidentin unterzeichnet und im Amtsblatt veröffentlicht werden, bevor die neue Eurojust-Verordnung in Kraft treten kann.

Richtlinie zum Datenschutz bei Strafverfolgung mangelhaft umgesetzt – KOM

Am 19. Mai 2022 hat die EU-Kommission mit einem Aufforderungsschreiben ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet. Inhalt des blauen Briefs ist die mangelhafte Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 zum Datenschutz bei der Strafverfolgung. Insbesondere hat Deutschland die Bestimmung, wonach die Datenschutzaufsichtsbehörden über wirksame Abhilfebefugnisse unterschiedlicher Art verfügen müssen, nicht ordnungsgemäß umgesetzt. Dabei geht es beispielsweise um Anordnungen zu Berichtigungen oder Löschungen personenbezogener Daten oder Einschränkungen der Verarbeitung, sowie Verarbeitungsverbote. Die EU-Kommission argumentiert, dass das Grundrecht auf den Schutz personenbezogener Daten auch die ordnungsgemäße Umsetzung der Bestimmungen über die Befugnisse der Datenschutzaufsichtsbehörden einschließt. Sollte Deutschland nicht innerhalb von zwei Monaten auf das Aufforderungsschreiben der EU-Kommission reagieren, kann die diese im nächsten Schritt eine mit Gründen versehene Stellungnahme übermitteln.

Mindeststrafvorschriften für Verstöße gegen EU-Sanktionen – KOM

Verstöße gegen EU-Sanktionen sollen EU-weit einheitlicher geahndet werden. Die EU-Kommission veröffentlichte am 25. Mai 2022 einen entsprechenden Beschlussvorschlag (bisher nur in Englisch verfügbar). Damit sollen Verstöße gegen EU-Sanktionen zu den in Art. 83 (1) AEUV genannten, besonders schweren Kriminalitätsbereichen zählen, in denen die EU Mindestvorschriften zu Straftaten und Strafen erlassen kann. Hierdurch will die EU-Kommission eine einheitlichere und damit auch effektivere Durchsetzung der verhängten EU-Sanktionen erreichen, da bisher Verstöße gegen EU-Sanktionen in den Mitgliedstaaten unterschiedlich intensiv geahndet werden. Anwält:innen und Notar:innen werden in der Begründung des Beschlussvorschlags pauschal als Vermittler („facilitator“) benannt, die sanktionierten Personen bei der Umgehung der Sanktionen behilflich seien. Anfang März 2022 hatte die EU-Kommission bereits eine Whistleblower-Plattform gestartet, mit dem Verstöße gegen EU-Sanktionen anonym gemeldet werden können (vgl. EiÜ 9/22). Im nächsten Schritt muss der Rat nun noch einstimmig zustimmen.

Europol: Besorgniserregende Ausweitung des Mandats gebilligt – Rat

Nach der Billigung durch das EU-Parlament hat nun auch der Rat der Änderung der Europol-Verordnung (EU) 2016/794 am 24. Mai 2022 endgültig zugestimmt (vgl. EiÜ 17/22; 10/22; 05/22). Trotz anhaltender öffentlicher Kritik wurden die Bedenken bezüglich der Erweiterungen der Befugnisse von Europol im Hinblick auf die Wahrung der Grundrechte, den Schutz der Privatsphäre und den Datenschutz nicht vollständig ausgeräumt (vgl. EiÜ 42/20; 13/21; siehe auch DAV Stellungnahme Nr. 31/2021). Die geänderte Version der Europol-Verordnung soll bereits Ende Juni - nach Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union - in Kraft treten (vgl. Pressemitteilung des Rats).

11. Europäischer Insolvenzrechtstag in Brüssel – EIRC

Vom 29. Juni bis zum 01. Juli 2022 wird der 11. Europäische Insolvenzrechtstag in Brüssel stattfinden und damit zum ersten Mal seit drei Jahren wieder in Präsenz! Der European Insolvency und Restructuring Congress (EIRC) ist einer der führenden Kongresse auf dem Gebiet der Insolvenz und Restrukturierung. Der diesjährige EIRC wird insbesondere den mit Spannung erwarteten Harmonisierungsvorschlägen der EU-Kommission zum materiellen Insolvenzrecht gewidmet sein. Hierbei soll auch die Frage diskutiert werden, ob ein Pre-Pack für alle kommt bzw. ein verwalterfreies Spezialinsolvenzverfahren für kleine Unternehmen. Hochrangige Vertreter:innen der EU-Kommission werden zum Stand des Harmonisierungsvorhaben sprechen, aber auch mit Vertretern des EU-Parlaments wird Gelegenheit zum Austausch bestehen.  Anmeldungen sind bereits möglich.

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