Dienstleistungspaket: Minister legen erste Verhandlungspositionen fest – RAT
Der Rat für Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union hat zu den im Rahmen des Dienstleistungspakets vorgelegten Richtlinienvorschlägen für eine Verhältnismäßigkeitsprüfung bei der Berufsregulierung COM(2016) 822 und zur Reform des Notifizierungsverfahrens COM(2016) 821 jeweils eine allgemeine Ausrichtung erzielt (s. EiÜ 14/17). Auf deren Basis kann der Rat nunmehr in Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament treten. Die allgemeine Ausrichtung zur Reform des Notifizierungsverfahrens sieht u.a. vor, dass die Mitgliedstaaten aus dringlichen Gründen vom Ablauf des Notifizierungsverfahrens abweichen können. Neben der in dem Kommissionsvorschlag vorgesehenen Beschlussmöglichkeit soll die Kommission zudem in bestimmten Bereichen Empfehlungen aussprechen können, falls sie eine mitgliedsstaatliche Maßnahme für unvereinbar mit der Dienstleistungsrichtlinie 2006/123/EG hält. Die allgemeine Ausrichtung für eine Verhältnismäßigkeitsprüfung bei der Berufsregulierung enthält Klarstellungen zum Anwendungsbereich und zum Ablauf der Verhältnismäßigkeitsprüfung. Sie sieht im Vergleich zum Kommissionsvorschlag u.a. vor, dass bestimmte Kriterien der Verhältnismäßigkeitsprüfung nur dann zu prüfen sind, wenn sie für die jeweilige einzuführende nationale Vorschrift tatsächlich relevant sind.
Öffentliche Konsultation zu kollektiven Rechtsschutzinstrumenten – KOM
Die Europäische Kommission hat am 22. Mai 2017 eine öffentliche Konsultation zu kollektiven Rechtsschutzverfahren in den Mitgliedstaaten der EU (derzeit nur in englischer Sprache) veröffentlicht. Sie dient insbesondere dazu, die Umsetzung der Empfehlung der Kommission 2013/396/EU aus dem Jahr 2013 zu „gemeinsamen Grundsätze für kollektive Unterlassungs- und Schadensersatzverfahren in den Mitgliedstaaten bei Verletzung von durch Unionsrecht garantierten Rechten“ zu überprüfen (s. hierzu DAV-Stellungnahme 49/13). Dabei soll die Konsultation insbesondere Aufschluss über die Auswirkungen kollektiver Rechtsschutzinstrumente auf den Zugang zum Recht und ihre mögliche rechtsmissbräuchliche Nutzung geben. Ziel ist es, Daten zur Anzahl der außergerichtlichen und gerichtlichen kollektiven Rechtsschutzverfahren in den Mitgliedstaaten zu erheben und Informationen über Parteien, den Gegenstand und das Ergebnis der Verfahren zu gewinnen. Frist zur Beantwortung der Konsultation ist der 15. August 2017.
Kommission hält an Kritik zum Regulierungsniveau freiberuflicher Dienstleistungen fest – KOM
Die Europäische Kommission hat am 22. Mai 2017 die länderspezifischen Empfehlungen 2017 für Deutschland im Zyklus des Europäischen Semesters veröffentlicht. Wie in den länderspezifischen Empfehlungen der vergangenen Jahre (s. EiÜ 18/16, 18/15) hält die Kommission dabei ihre Kritik an den in Deutschland aus ihrer Sicht hohen, über dem EU-Durchschnitt liegenden regulierungsbedingten Hindernissen (u.a. bei den Rechtsanwälten) aufrecht. Dies äußere sich insbesondere bei den Berufsgruppen der Architekten und Ingenieuren durch Beschränkungen bei der Beteiligung am Gesellschaftskapital und der Rechtsform sowie durch Beschränkungen im Hinblick auf multidisziplinäre Tätigkeiten bei den Architekten, Ingenieuren und Rechtsanwälten. Die Kommission ist der Auffassung, dass die Beseitigung jener Beschränkungen zur Wettbewerbsintensivierung, neuen Marktbeitritten sowie zu geringeren Verbraucherpreisen führe. Sie nimmt dabei ausdrücklich Bezug auf die im Rahmen des Dienstleistungspakets (s. EiÜ 2/17) veröffentlichen Reformempfehlungen der Kommission für die Berufsreglementierung COM(2016) 820. Die länderspezifischen Empfehlungen müssen nun durch den Rat gebilligt werden, bevor die Kommission die Mitgliedstaaten auffordern kann, diese vollständig und fristgerecht umzusetzen.
Rechtsanwälte als Brückenbauer: Auftakt des DAV Belgien – DAV
Neben den zuvor bestehenden 12 örtlichen Anwaltvereinen im Ausland ist der DAV seit 2016 auch in Belgien vertreten. Am Abend des 17. Mai 2017 fand aus diesem Anlass die Eröffnungsveranstaltung des DAV Belgien in der Residenz des Botschafters der Bundesrepublik Deutschland in Belgien statt. Botschafter Rüdiger Lüdeking bezeichnete in seiner Begrüßung die Neugründung als wichtigen Schritt in einer EU, die derzeit vor Herausforderungen steht. Auch RAuN‘in Dr. Claudia Seibel, Vizepräsidentin des DAV, betonte die nicht nur örtliche sondern auch historisch bedingte Nähe Belgiens zu Deutschland, und brachte ihre Freude über die Vereinsgründung als weitere Verzahnung der beiden Länder zum Ausdruck. RA Dr. Michael Jürgen Werner, Präsident des DAV Belgien, beschrieb sodann die Rolle der Rechtsanwälte im DAV als Brückenbauer und des Rechts als „social engineering“. RA Prof. Dr. Friedrich Graf von Westphalen betonte in seiner Festrede zum Thema „Postdemokratische Perspektiven – wo bleibt Europa?“ u.a. die Möglichkeiten der Rechtsanwälte, an einem demokratischen Europa aktiv gestaltend mitzuwirken. Der Abend wurde mit einem Cocktailempfang und anregenden Gesprächen abgerundet.
EU-weite Strafermittlung und Beweiserhebung vereinfacht – KOM
Die Europäische Ermittlungsanordnung (Richtlinie 2014/41/EU) ist am 22. Mai 2017 in Kraft getreten (Stn. 29/2011, EiÜ 11/14, 8/14) und soll künftig grenzüberschreitende Ermittlungen erleichtern und beschleunigen. Die Regelung basiert auf dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung. Mitgliedstaaten müssen 30 Tage nach Eingang einer Anordnung entscheiden, ob sie dieser Folge leisten und die Ermittlungsmaßnahme binnen 90 Tagen durchführen. Die Vollstreckungsbehörde kann die Vollstreckung verweigern, wenn die Anordnung wesentlichen Rechtsgrundsätzen des Landes zuwiderläuft oder gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstößt. Sie darf nur ergehen, wenn die Maßnahmen auch nach innerstaatlichem Recht hätten ergehen dürfen. Dies wurde, ebenso wie der Verstoß gegen Art. 6 des EUV und der Grundsatz „ne bis in idem“, als Versagungsgrund verankert. Die Kommission prüft derzeit die erfolgreiche Umsetzung durch die Mitgliedstaaten. Deutschland hat die Richtlinie im Vierten Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG), dort im neuen Kapitel der §§ 91a-91j, umgesetzt.
Anwaltschaft stellt sich der Herausforderung Legal Tech – DAV
Der 68. Deutsche Anwaltstag in Essen unter dem Thema „Innovationen und Legal Tech“ hat den rund 1.700 Teilnehmern vom 24.-26. Mai 2017 einen Einblick darin gegeben, vor welchen technologischen Herausforderungen die Anwaltschaft steht. DAV-Präsident Ulrich Schellenberg forderte die Anwaltschaft in der Eröffnungsrede auf, sich auf ihre Stärken zu besinnen und den digitalen Wandel unter Neuausrichtung der Geschäftsmodelle und Arbeitsabläufe mitzugestalten. Bundesjustizminister Heiko Maas sprach nicht nur über die Regulierung des Internets und verteidigte seinen Gesetzentwurf gegen Hassbeiträge im Internet, sondern kündigte auch eine RVG-Anpassung für die nächste Legislaturperiode an. Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) Prof. Dieter Kempf gab in seiner Festrede der Anwaltschaft mit auf den Weg, die Schnelligkeit des digitalen Wandels nicht zu unterschätzen. Dass die Digitalisierung auch viele neue rechtliche Probleme mit sich bringt, wurde unter anderem in der Veranstaltung „Internet of Things – wem gehören die Daten“ ausführlich zwischen den Referenten und den Teilnehmern diskutiert. Fazit der Veranstaltung war, dass sich das (europäische) Recht bewähren und einen eigenen Ordnungsrahmen schaffen müsse.
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