DER TRILOG ZUR EU-DATENSCHUTZREFORM KANN STARTEN – RAT
Der DAV begrüßt in seiner Pressemitteilung, dass die Justiz- und Innenminister sich nach jahrelangen Verhandlungen am 15. Juni 2015 auf eine allgemeine Ausrichtung zum Vorschlag COM(2012)011 einer Datenschutz-Grundverordnung geeinigt haben. Damit ist eine weitere Hürde auf dem Weg zu einem modernen Datenschutzrecht im Internetzeitalter genommen. Der DAV fordert jedoch für den am 24. Juni 2015 startenden Trilog noch Änderungen zum Schutz des Berufsgeheimnisses. So hat der Rat – anders als das EU-Parlament in seinem Bericht – den Vorrang des Berufsgeheimnisses gegenüber den Informations- und Auskunftsrechten der von der Datenverarbeitung betroffenen Person nicht bzw. nur unvollständig klargestellt. Ein Rechtsanwalt darf aber nicht verpflichtet sein, im Rahmen seiner Tätigkeit erworbene Informationen an einen Prozessgegner herauszugeben, der sich auf seine Auskunftsrechte beruft. Bei der Verschwiegenheitspflicht geht es nicht um ein Privileg der Anwaltschaft, sondern um den Schutz der Mandanten. Bei der Datenschutzaufsicht ist die von den Ministern vorgesehene Möglichkeit der Mitgliedstaaten, die Befugnisse der Aufsichtsbehörden hinsichtlich Informationen zu beschränken, die Berufsgeheimnisträger in ihrer beruflichen Tätigkeit erlangen, zwar begrüßenswert, noch besser wäre es jedoch, diese Möglichkeit als Pflicht auszugestalten. Wünschenswert bleibt es, dass bei den regionalen Anwaltskammern unabhängige Datenschutzaufsichtsstellen eingerichtet werden.
VEREINFACHTE ANERKENNUNG ÖFFENTLICHER URKUNDEN – RAT
Nach jahrelangen Verhandlungen konnten sich die EU-Justizminister am 15. Juni 2015 auf eine allgemeine Ausrichtung zum Verordnungsvorschlag KOM(2013) 228 zur Vereinfachung der Anerkennung bestimmter öffentlicher Urkunden innerhalb der EU einigen (s. teilweise allgemeine Ausrichtung vom März 2015 und ergänzenden Text vom Juni 2015, Erwägungsgründe und Anhänge). Bestimmte öffentliche Urkunden sollen demnach ohne Legalisation oder Apostille von einem anderen Mitgliedstaat akzeptiert werden und die Anerkennung von Kopien und Übersetzungen vereinfacht werden. Der DAV hatte die vereinfachte Anerkennung öffentlicher Urkunden in der EU in seiner Stellungnahme Nr. 24/11 grundsätzlich begrüßt. Geht es nach der EU-Kommission und dem im Bericht des EU-Parlaments aus 2014 , so führt die Verordnung mehrsprachige Formulare in allen Amtssprachen ein, welche nationale Urkunden ersetzen – nach dem Rat sollen die Formulare die nationalen Dokumente nur begleiten und so den Übersetzungsaufwand reduzieren. Die Trilogverhandlungen können nun beginnen.
PARLAMENT FORDERT UMFASSENDE URHEBERRECHTSREFORM– EP
Das EU-Urheberrecht ist nicht mehr zeitgemäß, es muss reformiert und dabei insbesondere im Bereich der Ausnahme- und Schrankenregelungen stärker harmonisiert werden – das ist der Grundtenor der Abstimmung im Rechtsausschuss des EU-Parlaments über den Berichtsentwurf (konsolidierte Textfassung noch nicht verfügbar) von Berichterstatterin Julia Reda über die Umsetzung der Urheberrechtsrichtlinie 2001/29/EG. Die Abstimmung über mehr als 500 Änderungsanträge änderte die Vorschläge Redas an einigen Stellen entscheidend ab. Geoblocking soll nach dem Bericht bald der Vergangenheit angehören (s. bereits EiÜ 03/15). Keine Mehrheit fand sich jedoch für ein einheitliches (und in Deutschland bereits geltendes) Recht, Fotos von urheberrechtlich geschützten Werken im öffentlichen Raum (z.B. Gebäuden) zu erstellen und zu verbreiten (sogenannte Panoramafreiheit). Auch eine Flexibilisierung der Schranken durch eine offene Schranke nach Vorbild des US-Fair-Use erwies sich nicht als mehrheitsfähig. Noch vor Ende des Jahres wird ein Legislativvorschlag der Kommission erwartet.
PARLAMENT WILL SCHUTZ VON GESCHÄFTSGEHEIMNISSEN STÄRKEN – EP
Nachdem der Rat im Mai 2014 seine Position zum Richtlinienvorschlag über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen gefasst hatte, hat in dieser Woche auch der Rechtsausschuss des EU-Parlaments seinen Bericht mit Änderungen angenommen (s. Pressemitteilung). Damit kann der Trilog starten. In der Richtlinie soll festgelegt werden, wann Erwerb, Nutzung und Offenlegung eines Geschäftsgeheimnisses rechtswidrig sind. Mitgliedstaaten sollen Instrumente des vorläufigen Rechtsschutzes bereitstellen, um die Effizienz des Schutzes zu gewährleisten. Im Sinne eines öffentlichen Interesses - dazu zählen konkret die öffentliche Sicherheit, Verbraucherschutz, öffentliche Gesundheit und Umweltschutz – hat das Parlament Abwägungsmöglichkeiten gegenüber dem Geschäftsgeheimnis eingeführt, um investigativen Journalismus und Whistleblower zu schützen. Aus Anwaltssicht ist eine Bestimmung zur Wahrung von Geschäftsgeheimnissen in Gerichtsverfahren problematisch: hier droht der Schutz des Geschäftsgeheimnisses mit dem Recht auf ein faires Verfahren zu kollidieren, wenn ein Anwalt seine Mandanten über den Inhalt von Dokumenten, die er im Rahmen seines Akteneinsichtsrechts einsieht, nicht vollumfänglich informieren darf (s. DAV Stn. 36/2014).
ÖFFENTLICHE KONSULTATION ZU VERTRÄGEN BEI ONLINEKAUF – KOM
Die EU-Kommission hat am 12. Juni 2015 eine öffentliche Konsultation zu vertraglichen Regelungen im Bereich des Onlinekaufes von materiellen und digitalen Gütern eingeleitet. Ziel der Konsultation ist es, verschiedene Möglichkeiten zur Überwindung von vertragsrechtlichen Barrieren beim grenzüberschreitenden Onlinehandel zu beleuchten. Dies ist ein erster Schritt zu einem in der Mitteilung „Strategie für einen digitalen Binnenmarkt für Europa“ (COM(2015)192) angekündigten Gesetzgebungsvorhaben in diesem Bereich. Das Konsultationsdokument beinhaltet auch einen Anhang mit Fragen zu Produktbeschriftungen. Diese sollen zwar nicht in einem Gesetzgebungsvorschlag zu Vertragsregelungen beim Onlinekauf thematisiert werden, wurden aber in der Strategie für den digitalen Binnenmarkt ebenfalls als mögliche Hürden für den grenzüberschreitenden Handel identifiziert. Die Konsultation endet am 3. September 2015.
AKTIONSPLAN ZUR BESTEUERUNG VON UNTERNEHMEN – KOM
Die Europäische Kommission hat am 17. Juni 2015 einen Aktionsplan zur Reform der Unternehmensbesteuerung in der EU vorgelegt. Angekündigt sind darin unter anderem ein neuer Vorschlag zur schrittweisen Einführung einer gemeinsamen Körperschaftssteuerbemessungsgrundlage und Regelungen zur effektiven Besteuerung am Ort der Wertschöpfung. Darüber hinaus hat die EU-Kommission auch eine öffentliche Konsultation zur Transparenz der Unternehmensbesteuerung eingeleitet. Frist für die Konsultation ist der 9. September 2015.
KOMPROMISSANNAHME: MARKENPAKET STEHT VOR DER TÜR – RAT
Die Markenrechtsreform nähert sich ihrem Ende: Der Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV) des Rates hat am 10. Juni 2015 den im April erzielten Kompromiss zur Reform des europäischen Markensystems gebilligt (s. bereits EiÜ 15/15). Das Paket umfasst die Änderung (Kompromisstext) der Verordnung Nr. 207/2009 über die Gemeinschaftsmarke und eine Neufassung (Kompromisstext) der Richtlinie 2008/95/EG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken. Ziel des Pakets ist es, die Markeneintragungssysteme in Europa für Geschäftsbetriebe effizienter, schneller, kostengünstiger und rechtssicherer zu gestalten. Nach Billigung des Kompromisses durch den Rechtsausschuss des EU-Parlaments werden die Legislativtexte dem Rat im Hinblick auf eine politische Einigung vorgelegt, bevor der Standpunkt des Rates in erster Lesung förmlich angenommen und dann dem Plenum des Europäischen Parlaments zur Abstimmung in zweiter Lesung vorgelegt wird.
TTIP: SO GEHT ES NACH ABGESAGTER ABSTIMMUNG WEITER – EP
Der für den Bericht mit den Empfehlungen an die Kommission zu den TTIP-Verhandlungen federführende Ausschuss für Internationalen Handel des Europäischen Parlaments (INTA) hat entschieden, sich in seiner Sitzung am 29. Juni 2015 mit den im Plenum zum Bericht gestellten Änderungsanträgen zu beschäftigen. Aufgrund der Vielzahl und Komplexität der Änderungsanträge war die ursprünglich für den 10. Juni geplante Abstimmung gemäß Artikel 175 der Geschäftsordnung des Parlaments verschoben und der Bericht zurück an den INTA-Ausschuss verwiesen worden. Mindestens fünf Abgeordnete im Ausschuss müssen nun gemäß der Geschäftsordnung für einen Änderungsantrag stimmen, damit dieser im Plenum zur Abstimmung gestellt wird. Das Plenum wird sich voraussichtlich im Juli oder im September wieder mit dem Bericht befassen (siehe hierzu auch EiÜ 20/15).
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