Europa im Überblick, 22/18

EiÜ 22/18

Überarbeitetes Handbuch zum Datenschutzrecht – FRA

Die Europäische Grundrechtsagentur (FRA) hat zusammen mit dem Europarat und der Kanzlei des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte eine überarbeitete Version des Handbuchs zum europäischen Datenschutzrecht herausgegeben (bisher nur auf Englisch verfügbar). Damit will die Agentur auf die umfassenden Datenschutzreformen der EU in der jüngsten Vergangenheit reagieren und das Bewusstsein für den Schutz persönlicher Daten weiter schärfen. Das Handbuch klärt über die einzelnen Datenschutzvorschriften auf nationaler und europäischer Ebene auf. Neben dem EU-Recht betrifft dies mit dem Übereinkommen Nr. 108 des Europarats zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten mit dem Zusatzprotokoll Nr. 181 auch das bislang einzige international verbindliche Instrument zum Datenschutz. Das Handbuch soll als Nachschlagewerk für nicht im Datenschutzrecht spezialisierte Richter, Rechtsanwälte und Angehörige anderer Rechtsberufe dienen. Themen sind unter anderem der Datenschutz in den Bereichen Polizei und Strafjustiz, die Rechte betroffener Personen sowie die modernen Herausforderungen durch Künstliche Intelligenz, Algorithmen und das Internet der Dinge.

Rechtsstaat ist Bedingung für Vertrauen im europäischen Rechtsraum – CCBE

Ein funktionierender Rechtsstaat mit einer unabhängigen Justiz, frei von politischer Einflussnahme, ist die Grundlage für gegenseitiges Vertrauen im europäischen Rechtsraum. Dies betont der Rat der Europäischen Anwaltschaften (CCBE) in einem gemeinsamen Statement (nur in englischer Sprache) mit der European Bars Federation (FBE). Der CCBE reagiert damit unter anderem auf die Entscheidung des obersten irischen Gerichts, den Europäischen Haftbefehl eines polnischen Gerichts nicht anzuerkennen und die Frage dem EuGH in einem Vorabentscheidungsverfahren vorzulegen (s. EiÜ 11/18). Das Statement betont die Bedeutung der Rechtsstaatlichkeit als Grundwert der EU (Art. 2 EUV) sowie für das gegenseitige Vertrauen und die Kooperation im europäischen Rechtsraum. Der CCBE hatte bereits 2017 in einem Brief an den polnischen Präsidenten klargestellt, dass die Unabhängigkeit der polnischen Gerichte eine Frage mit grenzübergreifenden Effekten ist. Rechtsstaatsverletzungen könnten direkte Auswirkungen auf das gegenseitige Vertrauen und somit das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung und die justizielle Kooperation haben. Der CCBE und die FBE fordern deshalb, dass alle Maßnahmen getroffen werden, um die Existenz einer unabhängigen Justiz, den Zugang zum Recht, faire Verfahren und den Respekt des Rechtsstaats zu garantieren.

Konsequente Umsetzung der Opferschutzrichtlinie gefordert – EP

Das Plenum des Europäischen Parlaments hat am 30. Mai 2018 eine Entschließung zur Umsetzung der Richtlinie 2012/29/EU über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten angenommen. Die Entschließung beruht auf einem Initiativbericht der Ausschüsse für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) und für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter (FEMM) des Europäischen Parlaments. Das Europäische Parlament bedauert, dass die EU-Kommission bislang noch nicht ihrer Berichtspflicht über die Umsetzung der Opferschutzrichtlinie nachgekommen ist und fordert sieben Mitgliedstaaten zur Umsetzung auf. Zudem müsse der Opferbegriff breiter verstanden werden und auch Familienangehörige einschließen. Auch die Gewährleistung unentgeltlicher Prozesskostenhilfe sowie der Rechte und Unterstützung von Opfern sexueller Gewalt und terroristischer Handlungen müsse, gerade bei grenzüberschreitender Dimension, besser koordiniert werden. Deutschland hat die Opferschutzrichtlinie mit dem Gesetz zur Stärkung der Opferrechte im Strafverfahren vom 21. Dezember 2015 umgesetzt.

Verhandlungsmandat zum Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt – Rat

Der Ausschuss der ständigen Vertreter (COREPER) hat am 25. Mai 2018 das Verhandlungsmandat des Rates zur Revision der Urheberrechtsrichtlinie COM(2016) 593 im Kontext des digitalen Binnenmarkts (s. EiÜ 28/16) angenommen. Ein Kernpunkt ist der Ausgleich des sogenannten „value gap“, d.h. des Unterschieds zwischen Entlohnung von Autor/-innen und den Profiten, die Plattformen mit deren Inhalten machen. Hier sollen primär Plattformen, die urheberrechtlich geschützte Inhalte kommerziell anbieten, strengere Verpflichtungen auferlegt werden. Ausnahmen vom Urheberrecht werden für das „Text- und Data-Mining“ vorgesehen. Der DAV hatte in seiner Stellungnahme 70/16 zum Urheberrechtspaket den vorgeschlagenen Leistungsschutz für Presseverleger kritisiert. Der Rat will diesen nun zumindest zeitlich auf ein Jahr klar einschränken, während die EU-Kommission noch 20 Jahre vorgeschlagen hatte. Im EU-Parlament plant der LIBE-Ausschuss seinen Bericht im Juni anzunehmen. Danach wäre der Weg frei für Trilogverhandlungen zwischen Rat, EU-Parlament und EU-Kommission.

Gleiche Entlohnung auch für entsandte Arbeitnehmer – EP

Arbeitnehmer, die vorübergehend in einen anderen EU-Mitgliedstaat entsandt werden, werden zukünftig für die gleiche Arbeit am gleichen Ort den gleichen Lohn erhalten. Das ist das Ziel der am 29. Mai 2018 im EU-Parlament förmlich angenommenen Überarbeitung der Entsende-Richtlinie 96/71/EG. Die EU-Kommission hatte den Richtlinienvorschlag im März 2016 veröffentlicht (s. EiÜ 10/16; 38/17). Die finale Einigung zwischen EU-Parlament und Rat sieht vor, dass bei jeder Entsendung von Beginn an gem. Art. 3 Abs. 1 Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen des Gastlandes garantiert werden müssen. Das betrifft insbesondere die Entlohnung von Arbeitnehmern, aber auch Höchstarbeitszeiten, Mindestruhezeiten und den bezahlten Mindestjahresurlaub. Neu ist auch, dass die Mitgliedstaaten in allen Sektoren zusätzlich zu den gesetzlichen Bestimmungen auch die Bedingungen der Branchentarifverträge anwenden können – dies galt vorher nur im Bausektor. Außerdem wird nach Art. 3 Abs. 1a der neuen Fassung festgelegt, dass eine Entsendung des Arbeitnehmers höchstens zwölf Monate betragen kann, mit einer möglichen Verlängerung um sechs Monate. Nach Überschreitung dieser Höchstdauer dürfen Arbeitnehmer zwar weiterhin in dem Gastland arbeiten, für sie sind dann jedoch unabhängig von dem auf den Arbeitsvertrag anzuwendenden Recht alle Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen des Gastlandes zu garantieren. Nach Veröffentlichung der Richtlinie im Amtsblatt der EU haben die Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit für die Umsetzung.

EU-Justizbarometer: Wieder Höhen und Tiefen für Deutschland – KOM

Die Europäische Kommission hat am 28. Mai 2018 das 6. EU-Justizbarometer 2018 veröffentlicht. Der Bericht gibt einen Überblick über die Effizienz, Qualität und Unabhängigkeit der Justizsysteme der EU-Mitgliedstaaten. Besonderes Gewicht im Vergleich zu den letzten Jahren (s. EiÜ 15/17) liegt dieses Mal auf der Unabhängigkeit der Justiz als wichtiger Faktor für die Beurteilung der Rechtsstaatlichkeit. Ferner enthält der diesjährige Bericht erstmals Daten über die Länge der Gerichtsverfahren in allen Instanzen. So liegen deutsche Gerichte bei der Beilegung zivil- und handelsrechtlicher Streitigkeiten im Jahr 2016 mit einer Dauer von 196 Tagen in der ersten und 245 Tagen in der zweiten Instanz wieder im Mittelfeld. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei Verwaltungsgerichtsverfahren (375 Tage in der ersten und 452 Tage in der zweiten Instanz), wobei die Verfahren in der dritten Instanz mit 172 Tagen vergleichsweise sehr zügig abgeschlossen wurden. Bei der Online-Veröffentlichung von Gerichtsurteilen und der Förderung der Nutzung von alternativer Streitbeilegung schneidet Deutschland sehr gut ab. Verbesserungsbedarf ergibt sich für Deutschland weiterhin bei der Quote von Richterinnen an den Bundesgerichten. Diese ist mit 32% kaum gestiegen und liegt nach wie vor unter dem Durchschnitt von circa 37%. Auch bei der Kommunikation zwischen Rechtsanwälten und Gerichten wird in Deutschland im Vergleich zu anderen EU-Mitgliedstaaten sehr wenig auf elektronische Kommunikationsmittel zurückgegriffen.

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