Grünes Licht für den Europäischen Staatsanwalt – RAT
20 Mitgliedstaaten richten eine Europäische Staatsanwaltschaft ein. Fast vier Jahre nach Beginn der Verhandlungen konnten sich die Justizminister am 8. Juni 2017 auf einen finalen Text der Verordnung (noch nicht veröffentlicht) über die Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft einigen (s. Pressemitteilung, EiÜ 11/17). Die Behörde soll ihren Sitz in Luxemburg haben und frühestens drei Jahre nach Inkrafttreten der Verordnung ihre Arbeit aufnehmen. Sie wird aus einem Kollegium von je einem Europäischen Staatsanwalt pro teilnehmenden Mitgliedstaat sowie delegierten europäischen Staatsanwälten in den Mitgliedstaaten bestehen und zunächst nur in Betrugsstraftaten zulasten der finanziellen Interessen der EU ermitteln. Nun ist das EU-Parlament noch vor der Sommerpause am Zug, kann aber lediglich seine Zustimmung erteilen oder verweigern, ohne den Text zu verändern. Der DAV hat das Verfahren durch mehrere Stellungnahmen begleitet (vgl. Stn. 19/2015 und 48/2013) und fordert auch nach Finalisierung der Verordnung, das Akteneinsichtsrecht und die Rolle des Anwalts im Ermittlungsverfahren der Europäischen Staatsanwaltschaft im weiteren Verlauf der Behördenerrichtung zu verankern.
Film-, Sport- und Musikdienste ab 2018 auch im EU-Ausland verfügbar – RAT
Ab Anfang 2018 können alle EU-Bürger kostenpflichtige Online-Inhaltedienste wie Film- oder Musikabonnements bei vorübergehenden Aufenthalten im EU-Ausland abrufen. Die Justizminister nahmen am 8. Juni 2017 den Kompromisstext zur Verordnung zur Gewährleistung der grenzüberschreitenden Portabilität von Online-Inhaltediensten im Binnenmarkt an (s. Pressemitteilung), nachdem das EU-Parlament bereits am 18. Mai seine Zustimmung erteilt hatte (s. bereits EiÜ 20/17, 9/17 und 6/17). Dienstleister für Online-Inhalte können „wirksame und zumutbare“ Maßnahmen, d.h. etwa Überprüfungen von Personalausweisen, Zahlungsdetails, öffentlich verfügbaren Steuerinformationen, Postanschriften oder IP-Adressen ergreifen, um zu überprüfen, ob der Abonnent nicht dauerhaft in ein anderes EU-Land umgezogen ist. Die Verordnung erfasst nur kostenpflichtige Dienste. Anbieter kostenloser Dienstleistungen können ihre Inhalte aber ebenfalls EU-weit übertragen, wenn auch sie die Wohnsitzüberprüfung anwenden. Nun muss die Verordnung im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden und findet neun Monate später Anwendung.
Anbieter hat Recht zur zweiten Andienung bei digitalen Inhalten – RAT
Der Anbieter von digitalen Inhalten oder Dienstleistungen soll bei nicht erfolgter Bereitstellung grundsätzlich ein Recht zur zweiten Andienung haben. Dies befürwortet der Rat in seiner allgemeinen Ausrichtung vom 8. Juni 2017 zu dem Richtlinienvorschlag über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte COM(2015) 634 (s. EiÜ 41/15; 10/16; 16/16; 26/16; 12/17). Dies hält auch der DAV in seiner Stellungnahme Nr. 90/16; EiÜ 42/16) für sachgerecht. Die Richtlinie soll für alle Verträge über die Bereitstellung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen gelten, nicht jedoch bei Verträgen in denen der Verbraucher weder einen Preis zahlt noch dem Anbieter personenbezogene Daten zur Verfügung stellt. Die Richtlinie soll auch dann keine Anwendung finden, wenn die personenbezogenen Daten des Verbrauchers nicht kommerziell genutzt werden. Der Rat schlägt darüber hinaus vor, dass im nationalen Recht vorgesehene Gewährleistungs- und Verjährungsfristen für die Haftung des Anbieters bei Vertragswidrigkeit nicht kürzer als zwei Jahre sein dürfen. Hierbei soll eine Beweislastumkehr zu Lasten des Anbieters für ein Jahr nach Bereitstellung der digitalen Inhalte oder Dienstleistungen gelten. Die allgemeine Ausrichtung dient als Gesprächsgrundlage für den Trilog zwischen Rat, Parlament und Kommission.
Vertraulichkeit der elektronischen Kommunikation hat noch Nachholbedarf – EP
Signifikante Änderungen am Kommissionsvorschlag COM(2017) 10 zur ePrivacy-Verordnung sind nötig. Das besagt eine Studie, die der federführende Ausschuss für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) im EU-Parlament in Auftrag gegeben hatte und die Anfang Juni veröffentlicht worden ist. Tracking, etwa Wifi-Tracking, solle demnach nur mit Einverständnis erlaubt sein, Ausnahmen eng begrenzt sein. Für Browser sollten datenschutzfreundliche Voreinstellungen („privacy by default“) gelten. Unternehmen sollten die Kommunikation von Personen wie Mails, Anrufe, Chats und diesbezügliche Metadaten nur dann analysieren dürfen, wenn letztere Endnutzer ihr wohlverstandenes Einverständnis erklärt haben. Ausnahmen sollten sehr begrenzt sein und Definition von Metadaten solle geändert werden. Die Berichterstatterin Marju Lauristin (Estland, S&D-Fraktion) wird ihren Berichtsentwurf am 21. Juni vorstellen. Im Rechtsausschuss (JURI) hat derweil Axel Voss (EVP, Deutschland) derweil seinen Stellungnahmeentwurf zur ePrivacy-Verordnung veröffentlicht.
EU-Kampf gegen Geldwäsche: Cybercrime soll Vortat werden – Rat
Am 8. Juni 2017 fand der Ministerrat eine allgemeine Ausrichtung zum Richtlinienvorschlag COM (2016) 826 über die strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche. (s. bereits EiÜ 42/16). Einen Hauptdiskussionspunkt der Sitzung des Rates bildete der Anwendungsbereichs der Definition einer „kriminellen Aktivität“ in Art. 2 Abs. 1 des Richtlinienvorschlags (s. hierzu CCBE-Stellungnahme und EiÜ 16/17). Der Kompromiss des Rates bekräftigt, dass alle Kategorien von Straftaten, die die Warschauer Konvention definiert, als Vortaten erfasst werden. Auch EU-Rechtsakte, welche spezielle Straftaten definieren, sollen einbezogen werden. Darüber hinaus einigte sich der Rat darauf, „Cyberkriminalität“ aufgrund seiner wachsenden Bedrohung als eine Kategorie in den Straftatenkatalog des Art. 2 Abs. 1 aufzunehmen. Des Weiteren fordert der Rat eine Kriminalisierung der Eigengeldwäsche – also bei Täteridentität von Geldwäschetat und Vortat – durch Ergänzung des Art. 3 Abs. 3. Sobald das Parlament seine Position beschlossen hat, werden die Verhandlungen über die endgültige Fassung des Richtlinientextes eingeleitet.
Effizientere Verfahren bei Doppelbesteuerung gefordert – EP
Die Verfahren in Doppelbesteuerungsstreitigkeiten sollen effizienter werden. Das ist eine der Forderungen, die sich aus dem Berichtsentwurf von Michael Theurer (ALDE, Deutschland) zum Richtlinienvorschlag COM(2016) 686 über Verfahren zur Beilegung von Doppelbesteuerungsstreitigkeiten in der EU (siehe bereits EiÜ 34/16; 22/17) ergibt. Der Ausschuss für Wirtschaft und Währung (ECON) des Europäischen Parlaments hat am 8. Juni 2017 diesen Berichtsentwurf mit Änderungen (vgl. Änderungsanträge 23-208) angenommen. Nunmehr muss noch das Plenum des Europäischen Parlaments dem Bericht zustimmen, bevor der Rat die Richtlinie förmlich erlassen kann.
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