JUSTIZKOMMISSARIN IM BUNDESTAG: Priorität EUROPÄISCHE STAATSANWALTSCHAFT – KOM
Am 26. September 2016 war Justizkommissarin Jourová in Berlin zu Besuch, unter anderem beim Rechts- und Europaausschuss des Bundestages. Die Kommissarin erläuterte dort u.a. ihre aktuelle Priorität, die Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft (s. EiÜ 20/16). Mithilfe der Justiz- und Finanzminister solle die blockierte Richtlinie gegen Betrugsstraftaten zu Lasten des Europäischen Haushalts COM(2012) 363 (sog. „PIF-Richtlinie“) noch in diesem Jahr verabschiedet werden und so die Grundlage für die Ermittlungsbefugnis der neuen Behörde bilden. Diese solle 2019 ihre Arbeit aufnehmen. Jourová betonte ebenso die Bedeutung der Überarbeitung der 4. Geldwäscherichtlinie COM(2016) 450 (s. EiÜ 24/16) – sowohl vor dem Hintergrund der Terrorismusbekämpfung als auch der Steuervermeidungspraktiken. Hinsichtlich der Richtlinienvorschläge zu vertragsrechtlichen Aspekten der Bereitstellung digitaler Inhalten COM(2015) 634 und des Online-Warenhandels und Fernabsatzes von Waren COM(2015) 635 (s. EiÜ 41/15) zeigte Jourová sich offen, die Vorschläge auch auf Offline-Käufe auszudehnen, wie vom Parlament vorgeschlagen. Bei einer Konferenz zur Bekämpfung illegaler Hetze im Internet hob Jourová schließlich noch einmal die Wichtigkeit des Verhaltenskodexes hervor, den die Kommission im Mai mit Facebook, Twitter, YouTube und Microsoft vereinbart hatte und mit dem die Verbreitung von illegalen Hassreden im Internet bekämpft werden soll.
DATENSCHUTZ: BERICHT DES EUROPÄISCHEN BEAUFTRAGTEN – EDSB
In seiner Meinung 8/2016 (nur auf Englisch) vom 23. September 2016 nimmt der Europäische Datenschutzbeauftragte (EDSB), Giovanni Buttarelli, Stellung zur Verwirklichung von Grundrechten im Zeitalter von Big Data. Er stützt sich dabei auf seine vorläufige Meinung vom März 2014 (nur auf Englisch). Der EDSB erkenne die Risiken, die von der aktuellen Entwicklung ausgingen. Insbesondere sei es praktisch unmöglich geworden, digitale Dienste in Anspruch zu nehmen, die keine persönlichen Daten des Nutzers erheben. Dies sei auch dem steigenden wirtschaftlichen Wert von Daten für Unternehmen geschuldet. Diesem wachsenden Interesse von Unternehmen seien aber durch die Rechte der Bürger aus Art. 16 AEUV und Art. 8 GRCh Grenzen gesetzt. Daneben bestehen Verbraucherrechte und wettbewerbsrechtliche Vorschriften, die dem Interesse der Datenintegrität dienen. Problematisch sei aber deren unterschiedliche Umsetzung in den Mitgliedstaaten – Gesetze allein genügten den Anforderungen der Situation nicht. Der EDSB schlägt deshalb vor, die Interessen von Privatpersonen in diesem Sektor vertieft zu betrachten und das Internet um eine von europäischen Werten geprägte Domäne zu erweitern. Schließlich regt er auch die Einführung eines digitalen „Clearing House“ an, das als freiwilliges Netzwerk nationaler und europäischer gesetzgeberischer Autoritäten sowie Telekommunikationsunternehmen ausgestaltet sein könnte.
PANA-AUSSCHUSS NIMMT ARBEIT AUF – EP
Am Dienstag, den 27. September 2016, nahm der neue PANA-Ausschuss des Europäischen Parlaments seine Arbeit auf (s. EiÜ 14/16). Seine Gründung erfolgte als Reaktion auf die Veröffentlichung der sogenannten „Panama-Papers“ (s. Pressemitteilung; nur auf Englisch). In seiner ersten inhaltlichen Sitzung wurden einige der investigativen Journalisten befragt, deren Recherchen letztlich zur Auswertung der namensgebenden Dokumente geführt hatten (s. Entwurf der Tagesordnung; nur auf Englisch). Der Vorsitzende des Ausschusses, Werner Langen (EPP), kündigte an, auch die Affäre um „Bahama Leaks“ werde Teil der Untersuchungen sein (s. Pressemitteilung; nur auf Englisch).
KONFERENZ: TRANSAKTIONEN IM ASIATISCH-PAZIFISCHEN RAUM – IPBA
Am 10. Oktober 2016 findet in Brüssel die diesjährige Regionalkonferenz der Interpacific Bar Association (IPBA) statt. Das Thema des Vereins von im Handelsrecht spezialisierten und im Asien-Pazifik-Bereich interessierten Rechtsanwälten lautet in diesem Jahr: „Government’s role and regulatory tools in cross-border transactions between Asia Pacific and Europe”. Anmeldungen sind hier möglich.
VORSCHLAG FÜR EIN VERBINDLICHES TRANSPARENZREGISTER VORGELEGT – KOM
Die Europäische Kommission hat am 28. September 2016 eine interinstitutionelle Vereinbarung für ein verbindliches Transparenzregister (nur in englischer Sprache verfügbar) für den Rat, das Europäische Parlament und die Europäische Kommission vorgeschlagen. Dadurch soll die Einflussnahme von Interessenvertretern auf das EU-Gesetzgebungsverfahren transparenter werden, indem etwa Tätigkeiten und Einrichtungen potentieller Interessenvertreter klar definiert werden, für die eine Registrierungspflicht vorgesehen ist. Zudem soll die Überwachung und wirksame Durchsetzung des mit dem Register verbundenen Verhaltenskodexes (siehe Annex III) gestärkt werden. So soll bei Verstößen gegen den Verhaltenskodex die Kontaktaufnahme zu den Organen vorübergehend untersagt oder eine Streichung aus dem Register vorgenommen werden können. Das bisher für das Europäische Parlament und die Europäische Kommission geltende Transparenzregister beruht noch auf Freiwilligkeit (s. interinstitutionelle Vereinbarung aus dem Jahr 2014). Jedoch macht die Kommission als Folge der von Präsident Juncker angestrebten höheren Transparenz politischer Willensbildung seit Ende 2014 Treffen von Interessenvertretern mit Entscheidungsträgern von einer verpflichtenden Eintragung ins Transparenzregister abhängig. Insgesamt erfasst das Register zum heutigen Stand über 9800 Einrichtungen, die an den Verhaltenskodex gebunden sind. Eine öffentliche Konsultation hierzu lief bis zum 1. Juni 2016 (s. EiÜ 9/16).
UMSETZUNG DER BERUFSANERKENNUNGSRICHTLINIE GEFORDERT – KOM
Die Europäische Kommission hat am 29. September 2016 14 Mitgliedstaaten – u.a. Deutschland – in einer mit Gründen versehenen Stellungnahme aufgefordert, die Richtlinie 2013/55/EU über die Anerkennung von Berufsqualifikationen in nationales Recht umzusetzen. Dabei handelt es sich um die zweite Stufe des Vorverfahrens im Rahmen des förmlichen Vertragsverletzungsverfahrens der Europäischen Kommission. Die Kommission mahnt an, dass die Richtlinie bis zum 18. Januar 2016 in nationales Recht hätte überführt werden müssen. Damit ist die Aufforderung der Kommission verbunden, den vertragswidrigen Zustand innerhalb einer Frist von zwei Monaten zu beenden. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist kann die Kommission sodann den Europäischen Gerichtshof anrufen. In Deutschland liegt bereits ein Entwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe vor, der auch in erster Lesung im Deutschen Bundestag beraten wurde (s.a. DAV-Stellungnahme 61/16).
BERICHT ZUR ANWENDUNG DES EUROPÄISCHEN MAHNVERFAHRENS – EP
Am 26. September 2016 wurde im Rechtausschuss des Europäischen Parlaments (JURI) der Initiativbericht 2016/2011(INI) des Berichterstatters Kostas Chrysogonos (GUE-NGL/Linke) auf den Bericht der Kommission über die Anwendung der Verordnung (EG) Nr.1896/2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens diskutiert (s. Änderungsanträge). Darin wird kritisiert, dass der Bericht erst mit zweijähriger Verspätung vorgelegt wurde und nicht die geforderte erweiterte Folgenabschätzung für jeden Mitgliedstaat enthalte. Zwar werde begrüßt, dass das mit der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 geschaffene Europäische Mahnverfahren grundsätzlich gut funktioniere, jedoch viel zu selten angewandt und in den einzelnen Mitgliedstaaten höchst unterschiedlich eingesetzt werde (12.000 Anträge pro Jahr). Daher sollten betroffene Unternehmen und Angehörige der Rechtsberufe verstärkt über die Verfügbarkeit des Europäischen Mahnverfahrens in grenzübergreifenden Fällen informiert werden. Auch sollten die Mitgliedstaaten Anträge auch in anderen Sprachen akzeptieren, um die praktische Umsetzung zu erleichtern. Schließlich wird gefordert, dass die Zahlungsbefehle in manchen Mitgliedstaaten zügiger und innerhalb der in der Verordnung festgelegten Frist von 30 Tagen erlassen werden sollten. Der Aufbau des e-CODEX-Systems, mit dem Anträge online eingereicht werden können, könne zudem zur Beschleunigung des Verfahrens beitragen.
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