Initiativen im geistigen Eigentum und Vergaberecht geplant – KOM
Im Nachgang zu der Rede zur Lage der Union 2017 von EU-Kommissionspräsident Juncker (s. EiÜ 31/17) hat die EU-Kommission bekannt gegeben, dass sie die Veröffentlichung von Initiativen im geistigen Eigentum und Vergaberecht noch für dieses Jahr plane. Dies geht aus der neuen Strategie für die Industriepolitik in der EU hervor (s. Mitteilung vom 13. September 2017 COM(2017) 479 und Pressemitteilung), mit der die Wirtschaft innerhalb der EU stärker und wettbewerbsfähiger gemacht werden soll. Im Bereich des geistigen Eigentums wird die EU-Kommission einen Bericht über die Anwendung der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums vorlegen. Außerdem ist eine Mitteilung zu einem ausgewogenen, klaren und berechenbaren europäischen Lizenzerteilungsrahmen für standardessentielle Patente geplant. Die Kommission wird weiter einen Vorschlag zur Verbesserung der Funktionsweise der öffentlichen Auftragsvergabe in der EU vorlegen. Dieser werde auch einen freiwilligen Mechanismus umfassen, der den Behörden bei der Planung großer Infrastrukturprojekte Klarheit verschafft und Hilfestellung bietet.
Einschränkung der Bildberichterstattung im Strafprozess zulässig – EGMR
Die Einschränkung der Bildberichterstattung von einem Strafprozess kann mit der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) vereinbar sein. In einer demokratischen Gesellschaft sei der Eingriff in die Meinungs- und Pressefreiheit notwendig, um die Persönlichkeitsrechte eines Angeklagten zu schützen. Dies betonte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in seinem Urteil vom 21. September 2017 in dem Fall Axel Springer SE und RTL Television GmbH gegen Deutschland (Beschwerdenr. 51405/12). Hintergrund des Rechtsstreits war eine Verfügung des Vorsitzenden Richters in einem Potsdamer Mordprozess, wonach Foto- und Videoaufnahmen nur unter der Voraussetzung zugelassen wurden, dass das Gesicht des Angeklagten bei einer Veröffentlichung unkenntlich gemacht werde. Begründet wurde diese Verfügung mit dem Grundsatz der Unschuldsvermutung, die bis zu einem rechtskräftigen Urteil auch bei einem vorherigen Geständnis des Angeklagten gelte. Die Medienunternehmen sahen darin eine Verletzung der in Art. 10 EMRK geregelten Pressefreiheit. Der EGMR urteilte jedoch, dass das deutsche Gericht angemessen zwischen den Persönlichkeitsrechten des Angeklagten und dem Recht auf Pressefreiheit abgewogen habe. Durch das Verbot sei das Recht der Öffentlichkeit auf Information nicht unverhältnismäßig eingeschränkt worden, da die Berichterstattung mit Bildern nicht vollständig untersagt wurde, so der EGMR.
EU bekämpft Cyberkriminalität intensiver – KOM
Um der Anhäufung von Betrugsfällen entgegenzuwirken, hat die EU-Kommission am 19. September 2017 eine neue Richtlinie COM(2017) 489 zur Bekämpfung von Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsmitteln vorgeschlagen (s. Pressemitteilung und Factsheet). Der derzeitige gleichlautende Rahmenbeschluss 2001/413/JI des Rates aus dem Jahr 2001 soll hierdurch ersetzt werden. Ziel dieser Initiative ist die Erhöhung der Sicherheit im Netz. Die Gesetzesinitiative geht zurück auf die hohe Zahl von Betrugsfällen und den steigenden Einsatz von Schadprogrammen, die genutzt werden, um Geld zu erpressen. Mit der Richtlinie sollen neue Straftaten eingeführt und strafbare Handlungen auf Transaktionen mit virtuellen Währungen ausgeweitet werden. Des Weiteren wird die gerichtliche Zuständigkeit klargestellt und die Rechte der Opfer von Cyberkriminalität gestärkt. Neben dem Richtlinienvorschlag gibt es zur Verbesserung der Cybersicherheit noch weitere Initiativen. So soll z.B. eine EU-Agentur für Cybersicherheit, welche auf die bestehende Agentur für Netz- und Informationssicherheit (ENISA) aufbaut, durch europaweite Cybersicherheitsübungen und durch einen verstärkten Austausch von Wissen über Bedrohungen die Reaktionsfähigkeit der EU und der Mitgliedstaaten erhöhen. Zudem ist eine gemeinsame Forschungs- und Innovationszusammenarbeit mit der NATO im Bereich der Cyberabwehr vorgesehen.
Verurteilungen in anderen EU-Staaten sind anzuerkennen – EUGH
Bereits ergangene rechtskräftige Verurteilungen durch ein Gericht eines EU-Mitgliedstaats müssen ohne vorherige Anerkennung dieser Verurteilung durch ein Gericht des anderen Mitgliedstaates berücksichtigt werden. Gleichzeitig muss diese Verurteilung im Rahmen der Verhängung einer Gesamtfreiheitsstrafe in einem neuen Strafverfahren durch den jeweiligen Mitgliedstaat berücksichtigt werden. Diese Auslegung gebiete der in Art. 82 Abs. 1 AEUV geregelte Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Urteile und Entscheidungen in Strafsachen, der durch den Rahmenbeschluss 2008/675/JI zur „Berücksichtigung der in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ergangenen Verurteilungen in einem neuen Strafverfahren“ umgesetzt werde. Die Einzelheiten der Vollstreckung einer früher in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen und bereits vollstreckten Verurteilung dürfen jedoch weder überprüft noch abgeändert werden. Das entschied der EuGH am 21. September 2017 in einem Vorabentscheidungsverfahren aus Bulgarien (Rs. C‑171/16). Im konkreten Fall ist der Angeklagte in Österreich 2010 zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten – wovon zwölf Monate zur Bewährung ausgesetzt wurden – rechtskräftig verurteilt worden. Danach wurde er durch rechtskräftige Entscheidung des vorlegenden Gerichts wegen einer 2008 in Bulgarien begangenen Straftat zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt und beantragte für deren Vollstreckung die Auferlegung einer Gesamtfreiheitsstrafe.
Forderung nach mehr Ethikregeln und Transparenz für EU-Institutionen – EP
Das Plenum des Europäischen Parlaments hat am 14. September 2017 seine Entschließung zu Transparenz, Rechenschaftspflicht und Integrität in den EU-Organen angenommen (s. EiÜ 12/17). Neben einem umfassenden öffentlichen Zugang zu Dokumenten im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens und dem Schutz von Hinweisgebern soll aus Sicht der EU-Abgeordneten vor allem ein möglichst verbindliches Transparenzregister für die EU-Organe sichergestellt werden. Neben der Offenlegung von Treffen mit Interessenvertretern gehöre hierzu auch der sog. „legislative Fußabdruck“. In den Ziffern 17 ff. der Entschließung werden u.a. auch Rechtsanwaltskanzleien aufgefordert, bei in den Geltungsbereich des Transparenzregisters fallenden Tätigkeiten der Interessenvertretung – in Abgrenzung zu gerichtlichen Tätigkeiten – Angaben etwa zu ihren Mandanten zu machen. Dabei wird aber auch darauf hingewiesen, dass solche Angaben aufgrund einzelstaatlicher Gesetzgebung eventuell nicht möglich seien. Die ebenfalls in der Entschließung enthaltene Forderung nach einem Verhaltenskodex für alle EU-Organe ist auch im Zusammenhang mit der Rede von Kommissionspräsident Juncker zur Lage der Union zu sehen (s. EiÜ 31/17). Ein Jahr nach Veröffentlichung des Kommissionsvorschlags für ein verbindliches Transparenzregister (s. EiÜ 30/16) sollen nunmehr auch die inter-institutionellen Verhandlungen zwischen Rat, Kommission und EU-Parlament aufgenommen werden.
Handelsabkommen CETA wird vorläufig angewendet – EU
Seit dem 21. September 2017 wird das umfassende Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada (CETA) vorläufig angewendet (s. Pressemitteilung). Dies gilt für die Bereiche, die in die ausschließliche Zuständigkeit der EU fallen, wie z.B. Zollangelegenheiten (s. hierzu EiÜ 7/17). Damit CETA vollständig und endgültig in Kraft treten kann, muss es noch von allen EU-Mitgliedstaaten ratifiziert werden. Den aktuellen Stand der Ratifizierung finden Sie hier. Die Ratifizierung in Deutschland steht noch aus.
IN EIGENER SACHE – DAV
Zum Ende des Monats September verlässt die stellvertretende Büroleitung, Dorothee Wildt, nach über vier Jahren das Brüsseler Büro des DAV. Als Referentin für EU-Angelegenheiten lag die Schriftleitung der EiÜ bei Frau Wildt. Wir danken Frau Wildt herzlich für die sehr gute Zusammenarbeit und wünschen ihr für ihre neue berufliche Herausforderung alles Gute.
Kommentare