Europa im Überblick, 34/16

Hält Europa, was es verspricht? Kommissionsarbeitsprogramm für 2017 – KOM

„Eine Kommission, die sich auf die wichtigen Dinge konzentriert […] und die sich darauf konzentriert, die Dinge besser zu machen“. Dies ist ein Ausschnitt aus dem mit „Für ein Europa, das schützt, stärkt und verteidigt“ betitelten Arbeitsprogramm der EU-Kommission für das Jahr 2017. Die Verstärkung der wirtschaftlichen Erholung, die Probleme in der Flüchtlingskrise, die Bedrohung durch Terrorismus und die Unsicherheit durch die Volksabstimmung im Vereinigten Königreich – all diese Herausforderungen will die Kommission 2017 unter Verfolgung ihres 10-Punkte-Plans (s. EiÜ 26/14) mit 21 neuen Initiativen angehen. Die Kommission strebt die Umsetzung der Binnenmarktstrategie an, wird ein Paket zur Beseitigung von Hemmnissen für grenzübergreifende Dienstleistungen erarbeiten und Maßnahmen zur Unternehmensbesteuerung vorschlagen. Außerdem werden Reformvorschläge für eine EU mit 27 Mitgliedstaaten vorgestellt. Im Bereich Justiz und Inneres stehen die Verwirklichung einer Sicherheitsunion zur Bekämpfung des Terrorismus (s. EiÜ 32/16), der Ausbau von Grenzkontrollen, Maßnahmen gegen Steuerbetrug und die Anpassung der Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten und der Privatsphäre an. Eine Initiative über den Zugang zu elektronischem Beweismaterial soll eine wirksame Ermittlungs- und Strafverfolgungstätigkeit gegen Schwerkriminalität und Terrorismus ermöglichen. Schließlich sollen im Rahmen des REFIT-Programms 19 inhaltlich überholte Vorschläge zurückgezogen werden.

LEGISLATIVVORSCHLÄGE ZUR UNTERNEHMENSBESTEUERUNG – KOM

Die Europäische Kommission hat am 25. Oktober 2016 drei Richtlinienvorschläge zur weiteren Reform der Unternehmensbesteuerung angekündigt. Die Gemeinsame konsolidierte Körperschaftssteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) KOM(2016)683 und KOM(2016)685 ist ein harmonisiertes System zur Berechnung der steuerpflichtigen Gewinne der Unternehmen in der EU. Anstelle mehrerer nationaler Systeme bietet sie den Unternehmen die Möglichkeit, für ihre gesamte Geschäftstätigkeit eine einzige Steuererklärung abzugeben und Gewinne und Verluste aus den verschiedenen Ländern zu verrechnen. Der Richtlinienvorschlag KOM(2016) 686 zu Streitbeilegungsmechanismen bei Doppelbesteuerung dehnt den Anwendungsbereich der vorhandenen Mechanismen aus und beschleunigt die Streitbeilegung. Falls nach zwei Jahren keine gütliche Einigung zwischen den betroffenen Mitgliedstaaten erfolgt, wird ein verbindlich entscheidender Beratungsausschuss als Schlichter eingesetzt. Mit dem Richtlinienvorschlag KOM(2016) 687 bezüglich hybrider Gestaltungen mit Drittländern soll vermieden werden, dass sich Unternehmen in mehreren Ländern die Abzugsfähigkeit für ihre Einkünfte sichern oder in einem Land Abzugsfähigkeit für Einkünfte erhalten, die im anderen Land von der Steuer befreit sind. Zu solchen sog. hybriden Gestaltungen kommt es, wenn Länder bestimmte Einkünfte oder Rechtsträger für steuerliche Zwecke unterschiedlich behandeln. Dieser Vorschlag dehnt die vorhandene Regelung auch auf Drittländer aus.

KONFERENZ ZU INNOVATION UND ZUR ZUKUNFT DER ANWALTSCHAFT - CCBE

Wie sieht die die Zukunft der Justiz und der Rechtsdienstleistungen aus, wie verändern sich Rechtsanwaltskanzleien und was ist dabei die Aufgabe der Anwaltskammern und Anwaltvereine? Dies waren die Themen der Konferenz (s. Programm) des Dachverbands der Europäischen Anwaltschaften (CCBE) in Paris am 21. Oktober 2016. Im Blickpunkt standen insbesondere Legal Tech Innovationen, der Einsatz künstlicher Intelligenz auf dem Rechtsmarkt und ihre Auswirkungen auf anwaltliche Arbeitsweisen und Kanzleistrukturen. „Legal Tech und Innovation“ wird auch das Motto des Deutschen Anwaltstags 2017 in Essen sein.

ENTSCHLIEßUNG FÜR EINEN RECHTSSTAATLICHKEITSMECHANISMUS – ep

Die Prüfung möglicher Grundrechtsverletzungen in der EU soll auf ein dauerhaftes Fundament gestellt werden. Am 25. Oktober 2016 hat das Europäische Parlament hierzu die Entschließung zur Einrichtung eines EU-Mechanismus für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die Grundrechte der niederländischen Berichterstatterin Sophia in ´t Veld (ALDE) angenommen. Das Parlament fordert darin die Kommission auf, bis September 2017 einen Vorschlag für einen EU-Pakt für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die Grundrechte in Form einer interinstitutionellen Vereinbarung zur Angleichung und Ergänzung der bestehenden Mechanismen vorzulegen. Dieser solle sowohl für die drei Hauptorgane der Union als auch für alle Mitgliedstaaten verpflichtend sein. Die Kommission muss dieser Initiative des Parlaments mit einer begründeten Antwort begegnen. Grund für die Entschließung sei, dass Mitgliedstaaten sich zwar selbst als an Unionsrecht gebunden sähen, gemeinsame europäische Werte aber oft leugnen würden. Das Parlament weist in seiner Entschließung auf die Bedeutung einer freien und unabhängigen Rechtsanwaltschaft hin. Außerdem solle bis spätestens Juni 2017 ein erneuter Versuch seitens der EU unternommen werden, der EMRK beizutreten (zum gescheiterten ersten Anlauf s. EiÜ 42/14).

FAHRPLAN FÜR RICHTLINIE ZU GELDWÄSCHETATBESTÄNDEN – KOM

Die Europäische Kommission will – voraussichtlich im Rahmen eines Richtlinienvorschlags – die unterschiedlichen Definitionen von Geldwäsche und die Straftatbestände harmonisieren und die Unterschiede bei der Sanktionierung angehen. Dazu hat sie am 25. Oktober 2016 einen Fahrplan veröffentlicht. Die geplante Initiative soll – wie bereits der Vorschlag COM(2016) 450 zur Überarbeitung der 4. Geldwäscherichtlinie (s. EiÜ 24/16) – der Umsetzung des Aktionsplans zur Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung (s. EiÜ 5/16) dienen. Hinsichtlich der Harmonisierung von Geldwäschetatbeständen sollen verschiedene Optionen geprüft werden, bei denen den Mitgliedstaaten unterschiedlich viel Flexibilität etwa bei Eigengeldwäsche, Versuchsstrafbarkeit, Regeln zur Täterschaft und Teilnahme sowie bzgl. Sanktionsrahmen verbleiben würde. In Kürze sollen Interessenträger zu der geplanten Initiative konsultiert werden. Es soll auch die Möglichkeit nicht-legislativer Maßnahmen wie Leitlinien oder der Austausch von Best Practices geprüft werden. Die Kommission kündigte in einem zweiten Fahrplan eine Mitteilung für Ende 2016 an, in der die legislativen Möglichkeiten zur Harmonisierung des Einfrierens von Geldern, die der Unterstützung von Terroristen und terroristischen Organisationen dienen, evaluiert werden sollen.

EU-LEGISLATIVVERFAHREN VERSTÄNDLICHER: DER „Legislativzug“ IST DA – EP

Das Europäische Parlament hat zur besseren Anknüpfung an die Legislativtätigkeiten der Europäischen Kommission einen Fahrplan des Legislativzuges entwickelt. Diese Anwendung ermöglicht es, die Entwicklung und den Stand von den Gesetzgebungsprozessen nachzuverfolgen, die aufgrund des 10-Punkte-Plans der Europäischen Kommission umgesetzt werden sollen. Der 10-Punkte-Plan wurde 2014 von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker vorgestellt, um die zehn politischen Schwerpunkte der Arbeit der Kommission in der Amtszeit 2014-2019 zu verdeutlichen (s. EiÜ 26/14). Sobald sich das Europäische Parlament mit einem dieser Schwerpunkte beschäftigt, erstellt es hierzu einen „Legislativzug“. Jeder Zug beinhaltet mehrere Waggons, die die unterschiedlichen Gesetzgebungsvorhaben, ihre Inhalte und die zuständigen Berichterstatter darstellen. Es wird auch angezeigt, wann die Vorhaben voraussichtlich ankommen bzw. angekommen sind.

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