DAV begrüßt Einführung des 28. Regimes als neue Gesellschaftsform – DAV
Der DAV hat sich in seiner Stellungnahme Nr. 61/25 zur Konsultation der Europäischen Kommission über das sogenannte 28. Regime geäußert. Der DAV begrüßt das Vorhaben der Kommission zur Schaffung einer neuen attraktiven europäischen Gesellschaftsform zur Verwirklichung ihrer Binnenmarktstrategie sowie die vorgesehenen weiteren Schritte zur Digitalisierung des Gesellschaftsrechts. Nach Ansicht des DAV sollte diese Gesellschaftsform jedoch nicht auf Start-Up oder Scale-up Unternehmen beschränkt sein, sondern allen europäischen Unternehmen offenstehen, die diese Rechtsform als die beste Organisationsform für ihr Unternehmen ansehen. Die Konsultation sieht unter anderem die Einführung flexibler Regelungen für die Beteiligung von Mitarbeitenden und Organmitgliedern vor. Hierin sieht der DAV eine wesentliche Voraussetzung für ein einheitliches und attraktives Regime. Kritisch werden hingegen Überlegungen der Kommission bewertet, für Kleinstunternehmen ein verwaltungsloses Insolvenzverfahren vorzusehen: Ein solches Verfahren böte keinen ausreichenden Gläubigerschutz und könnte zu Rechtsunsicherheiten führen. Insgesamt betrachtet der DAV das 28. Regime als Chance, das europäische Gesellschaftsrecht zu modernisieren und zugleich die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen im Binnenmarkt zu stärken, sofern die Regelungen breit anwendbar und rechtssicher ausgestaltet werden.
Evaluierung des Digital Markets Act – DAV
Der Deutsche Anwaltverein (DAV) hat sich mit einem Präsidentenschreiben an der Sondierung der EU-Kommission zur Evaluierung des Digital Markets Act (DMA) geäußert (vgl. bereits EiÜ Nr. 30/25). Der DMA garantiert die Sicherung fairer Wettbewerbsbedingungen im digitalen Binnenmarkt. Die Regulierung sogenannter „Gatekeeper“ ist dabei zentral, um Innovation zu fördern, Verbraucherrechte zu schützen und die Abhängigkeit kleinerer Marktteilnehmer von großen Plattformen zu begrenzen. Der DAV ist der Ansicht, dass sich bei großen Online-Plattformen die Transparenz beim Tracking verbessert hat, jedoch unklar sei, ob dies auf den Digital Markets Act (DMA), den Digital Services Act (DSA), hohe Datenschutzbußgelder oder eine Kombination dieser Faktoren zurückzuführen sei. Die Erfahrungen des Bundeskartellamts mit § 19a des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, der Parallelen zum DMA aufweist, zeigen, dass Gatekeeper-Regelungen und schnelle Eingriffsinstrumente wirksame Mittel gegen Machtkonzentration seien. Letztlich befindet der DAV, dass die neuen Offenlegungs- und Zugangsrechte aus dem DSA sowie dem Data Act, wie etwa die seit 12. September 2025 verpflichtenden Cloud-Switching-Regelungen, potenziell erhebliche kartellrechtliche Folgen haben und in ihrer Wirkung gegenüber den Zielen des DMA sorgfältig zu beobachten seien.
Zahlungsverzugsregelungen nur im Einklang mit Vertragsfreiheit – DAV
Nach Ansicht des DAV besteht kein vordringliches Bedürfnis für eine Neuregelung zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr in der EU. In seiner aktuellen Stellungnahme Nr. 60/25 zur Konsultation der EU-Kommission betont der DAV, dass der Verordnungsvorschlag von 2023 zu tief in die zivilrechtliche Vertragsfreiheit eingreifen würde. Die Verordnung sollte die geltende, in das deutsche BGB umgesetzte Zahlungsverzugsrichtlinie 2011/7/EU durch eine in allen Mitgliedstaaten unmittelbar anwendbare Regelung ablösen und erheblich strenger ausgestalten. Insbesondere lehnt der DAV eine generelle Verkürzung der Höchstfrist für vertragliche Zahlungsziele im Geschäftsverkehr von 60 auf 30 Tage ab. Stattdessen sollten Zahlungsfristen zwischen Unternehmen weiterhin individualvertraglich frei vereinbart werden können und allenfalls AGB-rechtlichen Beschränkungen unterliegen. Eine klare, europaweite AGB-Regelung könnte hier Rechtssicherheit schaffen. Zudem spricht sich der DAV für strengere Sanktionen gegen überlange Zahlungsfristen in AGB großer Handelsketten aus, sieht aber die Lösung eher in gezielten Anpassungen der Richtlinie statt in einer Verordnung. Flankierend regt er die Erhöhung der Verzugspauschale und des Verzugszinses an. Bereits in seiner Stellungnahme Nr. 76/23 zum Verordnungsvorschlag hatte der DAV für maßvollere Änderungen plädiert und bestätigt diese Linie nun.
EuGH stärkt Entschädigung für immaterielle Schäden von Opfern – EuGH
Nationale Entschädigungsregelungen für Opfer vorsätzlicher Gewalttaten dürfen immaterielle Schäden nicht grundsätzlich ausschließen. Dies entschied der EuGH in seinem Urteil vom 2. Oktober 2025 (Rs. C‑284/24), welches auf ein irisches Vorabentscheidungsersuchen zurückging. Nach irischem Recht erhielt ein Opfer eines gewaltsamen Angriffs lediglich materielle Schäden erstattet. Das vorlegende Gericht fragte, ob ein pauschaler Ausschluss immaterieller Schäden mit Art. 12 Abs. 2 der Richtlinie 2004/80/EG zur Opferentschädigung vereinbar ist, der eine „gerechte und angemessene Entschädigung“ fordert. Der EuGH stellte klar, dass die Mitgliedstaaten zwar die finanzielle Tragfähigkeit ihrer Systeme berücksichtigen müssen und nicht verpflichtet sind, alle materiellen und immateriellen Schäden vollständig auszugleichen. Eine „gerechte und angemessene Entschädigung“ verlangt jedoch, dass bei der Bemessung sowohl die Schwere der Folgen der Straftaten für die Opfer als auch mögliche Entschädigungen, die sie aufgrund der deliktischen Haftung des Täters erhalten, zu berücksichtigen sind. Ein pauschaler Ausschluss einer Entschädigung immaterieller Schäden ist daher mit der Richtlinie unvereinbar. Ausnahmen von dieser Verpflichtung sind nur in besonderen Fällen zulässig, etwa bei finanziellen Engpässen des Staates.
Young European Lawyers Project – ERA
Die Bewerbungsphase für die Young European Lawyers Academy sowie denYoung European Lawyers Contestist eröffnet.Beide Projekte sind Teil des Young European Lawyers Project – einer gemeinsamen Initiative der Academy of European Law, dem Rat der Anwaltschaften der Europäischen Gemeinschaft (CCBE), der European Young Bar Association, mehrerer nationaler Anwaltsvereinigungen sowie der Europäischen Kommission. Ziel des Projektes ist die gezielte Förderung junger Jurist*innen aus der gesamten EU. Im Fokus stehen die praxisorientierte Vertiefung europarechtlicher Kenntnisse, die Stärkung digitaler Kompetenzen im juristischen Arbeitsumfeld sowie der Ausbau kommunikativer Fähigkeiten. Die Young European Lawyers Academy umfasst ein achttägiges Intensivprogramm zur Anwendung des europäischen Rechts und den Ausbau digitaler Kompetenzen. Der Young European Lawyers Contest ist als mehrstufiger Wettbewerb konzipiert. Teilnahmeberechtigt sind Jurist*innen, die sich zum Zeitpunkt der Bewerbung nach nationalem Recht in der Referendarausbildung oder in einem vergleichbaren Ausbildungsstadium befinden. Bewerbungen sind hier für beide Projekte bis zum 15. Dezember 2025 möglich.
Generalanwalt: Unbefristetes Einreiseverbot für Gefährder zulässig – EuGH
Generalanwalt Jean Richard de la Tour schlägt in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache C-446/24 vor, dass ein unbefristetes Einreiseverbot für abgeschobene Gefährder unionsrechtskonform ist. Das Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen hatte dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage vorgelegt, ob die Rückführungsrichtlinie 2008/115/EG dem § 11 Abs. 5b Satz 1 AufenthG entgegensteht, die den Erlass eines unbefristeten Einreiseverbotes gegenüber Drittstaatsangehörigen vorsieht, von denen eine Gefahr für die nationale Sicherheit, insbesondere einer terroristischen Bedrohung ausgeht. Der Kläger des Ausgangsverfahrens, ein russischer Staatsangehöriger, wurde wegen Terrorverdachts abgeschoben und mit einem unbefristeten Einreise- und Aufenthaltsverbot belegt, weil von ihm weiter eine Terrorgefahr ausgehe. Er weist darauf hin, dass beim Erlass eines solchen Einreiseverbots die jeweiligen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind und berichtet, dass auch andere EU-Staaten ein unbefristetes Einreiseverbot für Gefährder vorsehen, weitere Länder hätten dieses zeitlich begrenzt.
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