Europa im Überblick, 35/17

Zurück auf Los beim Online-Warenhandel? – EP/KOM

Zurück auf Los – so lässt sich die Forderung der Berichterstatterin Heidi Hautala (Verts/ALE) des Rechtsausschusses (JURI) des EU-Parlaments bei einer Anhörung des JURI-Ausschusses am 10. Oktober 2017 über den RL-Vorschlag über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Online-Warenhandels und anderer Formen des Fernabsatzes von Waren COM(2015) 635 verstehen (s. hierzu EiÜ 34/17, 37/16, 41/15). Nachdem die REFIT-Überprüfung des Verbraucherrechts ergab, dass der RL-Vorschlag auch auf den Offline-Handel ausgeweitet werden sollte (s. EiÜ 22/17), erwartet Hautala nun von der EU-Kommission einen diesbezüglich überarbeiteten RL-Vorschlag. Danach sollen eine neue Frist für Änderungsanträge gestellt und neue Kompromissänderungsanträge erarbeitet werden. Auch der Berichterstatter Pascal Arimont (EVP) des für diesen RL-Vorschlag federführend zuständigen Ausschusses Binnenmarkt und Verbraucher (IMCO) sehe dem entgegen. Aus Sicht des DAV kommt diese Wendung nicht überraschend. So hat der DAV von Anfang an gefordert, den Anwendungsbereich dieses Vorschlags von Fernabsatzverträgen auch auf den stationären Einzelhandel bzw. sämtliche Verbraucherverträge auszudehnen, um ein einheitliches Verbraucherschutzniveau zu gewährleisten (s. DAV-Stellungnahme Nr. 13/16). Über den Berichtsentwurf des JURI/IMCO-Ausschusses zu dem parallel veröffentlichten RL-Vorschlag COM(2015) 634 über digitale Inhalte soll hingegen bereits im November 2017 abgestimmt werden.

Weitere Empfehlungen zur E-Privacy-VO – EDSB

Am 5. Oktober 2017 veröffentlichte der Europäische Datenschutzbeauftragter (EDSB) weitere Empfehlungen über bestimmte Aspekte des Verordnungsvorschlags COM(2017) 10 für eine Verordnung über Privatsphäre und elektronische Kommunikation (sog. E-Privacy-VO; s. EiÜ 25/17, 15/17, 14/17, 2/17). Diese Empfehlungen ergänzen die bereits ergangenen Stellungsnahmen 5/2016 und 06/2017 des ESDB zu dieser Thematik und beziehen sich auf vorgeschlagene Änderungen des laufenden Gesetzgebungsverfahrens. Der EDSB befürwortet, dass jegliche Beschränkung der Rechte und Pflichten gem. Art. 11 der E-Privacy-VO die Wichtigkeit der Vertraulichkeit der Kommunikation unter Berücksichtigung der EuGH-Rechtsprechung widerspiegeln müsse. Auch der DAV hatte dies in seiner Stellungnahme 29/2017 gefordert, um die Eingriffsvoraussetzungen auf diese Weise einschränkend zu präzisieren. Der DAV begrüßt außerdem, dass sich der EDSB für die Unterstützung solcher Änderungsanträge ausspricht, die im Rahmen von Art. 18 auf die Stärkung der Beziehung zwischen den Regulierungsbehörden und Datenschutzbehörden abzielen. Darüber hinaus ist der EDSB der Ansicht, dass eigenständige Definitionen ohne Bezug auf den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation für mehr Rechtssicherheit sorgen würden.

Mehr Verfahrensrechte bei grenzüberschreitender Einziehung und Sicherstellung – EP

Im Ausschuss Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) des Europäischen Parlaments hat Berichterstatterin Nathalie Griesbeck (ALDE) ihren Berichtsentwurf zum Kommissionsvorschlag COM(2016) 819 über die gegenseitige Anerkennung von Sicherstellung und Einziehungsentscheidungen (s. EiÜ 24/17) in der Ausschusssitzung am 11. Oktober 2017 vorgestellt. Griesbeck stützt die Wahl des Rechtsinstruments der Verordnung und setzt sich – wie auch vom DAV in der Stellungnahme 43/2017 gefordert – für einen höheren Standard bei den Verfahrensgarantien ein. So sollen etwa Einziehungs- und Sicherstellungsentscheidungen nicht vollstreckt werden, wenn ein Verstoß gegen Grundrechte vorliegt. Die Frist für Änderungsanträge läuft bis zum 26. Oktober 2017.

Annährung im Parlament bei Vorschlägen zum Dienstleistungspaket – EP

Zu den Richtlinienvorschlägen für eine Reform des Notifizierungsverfahrens und für eine Verhältnismäßigkeitsprüfung bei der Berufsregulierung zeichnet sich im federführenden Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO) des Europäischen Parlaments eine Einigung in Form von Kompromissänderungsanträgen ab (s. EiÜ 33/17). Eine Aussprache des Ausschusses am 11. Oktober 2017 ergab, dass zwischen den Fraktionen aber noch Uneinigkeit bezüglich der Entscheidungsmöglichkeiten der EU-Kommission zum Abschluss des Notifizierungsverfahrens besteht. Bezüglich des Richtlinienvorschlags für eine Verhältnismäßigkeitsprüfung ist hinsichtlich des Anwendungsbereichs noch unklar, ob dieser auf „wesentliche Regulierungsentscheidungen“ beschränkt werden und die Gesundheitsberufe nicht unter die Richtlinie fallen sollen. Auf die beiden Richtlinienvorschläge wird auch in den Änderungsanträgen zu dem Berichtsentwurf von Nicola Danti (S&D) zur Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie (s. EiÜ 30/17) Bezug genommen und u.a. gefordert, den Austausch zwischen den Mitgliedsstaaten in Regulierungsfragen zu verbessern.

Strafbefehl muss in Sprache des Empfängers übersetzt werden – EuGH

Am 12. Oktober 2017 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass Gerichte Strafbefehle in die Sprache des Adressaten übersetzen lassen müssen, wenn der Betroffene der Sprache der ausstellenden Behörde nicht mächtig ist (Rs. C-278/16). In dem zugrundeliegenden Sachverhalt hatte das Amtsgericht Düren auf Antrag der Staatsanwaltschaft Aachen einen Strafbefehl gegen einen niederländischen Staatsangehörigen wegen Unfallflucht erlassen, wobei lediglich die Rechtsbehelfsbelehrung in niederländischer Sprache verfasst war. Um zu klären, ob der Strafbefehl wirksam zugestellt und rechtzeitig Einspruch eingelegt wurde, legte das Landgericht Aachen dem EuGH die Frage vor, ob der Begriff „Urteil“ in § 37 Abs. 3 StPO auch Strafbefehle einschließt. Der EuGH entschied, dass ein Strafbefehl zur Sanktionierung minder schwerer Straftaten – der ohne kontradiktorisches Verfahren zustande kommt – nicht nur eine "wesentliche Unterlage“, sondern zugleich auch eine Anklageschrift und ein Urteil im Sinne von Artikel 3 der Richtlinie 2010/64 über das Recht auf Dolmetscherleistungen und Übersetzungen in Strafverfahren darstelle. Um ihre Verteidigungsrechte wirksam auszuüben und ein faires Verfahren zu gewährleisten, müsse die beschuldigte Person die gegen sie erhobenen Vorwürfe verstehen und der Strafbefehl damit in einer für sie verständlichen Sprache abgefasst sein.

Handbuch zum Europäischen Haftbefehl - KOM

Mit dem Ziel, die tägliche Arbeit von Justizbehörden zu erleichtern, hat die Europäische Kommission am 28. September 2017 ein überarbeitetes Handbuch mit Hinweisen zur Ausstellung und Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls (EuHB, s. Rahmenbeschluss 2009/299/JI in geänderter Fassung) veröffentlicht. Das Handbuch beinhaltet unter anderem eine detaillierte Übersicht zum Verfahrensablauf, über die Ausstellung und Vollstreckung des EuHB bis hin zur Durchlieferung und enthält zudem zahlreiche Hinweise auf bereits ergangene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs.

Umfrage zur Nutzung elektronischer Kommunikation mit Gerichten – CCBE/KOM

Rechtsanwälte werden gebeten, an einer Umfrage des Rates der Europäischen Anwaltschaften (CCBE) zur Nutzung elektronischer Kommunikations- und Hilfsmittel in Gerichtsverfahren teilzunehmen. Die Ergebnisse werden Eingang in das jährliche Justizbarometer der Europäischen Kommission (s. EiÜ 15/17) finden. Um möglichst repräsentative Daten erheben zu können, ist eine breite Teilnahme wünschenswert. An der Umfrage (in deutscher Sprache) kann unter diesem Link noch bis zum 31. Oktober 2017 teilgenommen werden.

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