Europa im Überblick, 38/17

Überarbeiteter Vorschlag zum Warenhandel vorgelegt – KOM

Die EU-Kommission hat am 31. Oktober 2017 den geänderten Vorschlag COM(2017) 637 für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Warenhandels veröffentlicht. Mit diesem geänderten Vorschlag soll der Anwendungsbereich des Vorschlags COM(2015) 635 für eine Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Online-Warenhandels und anderer Formen des Fernabsatzes von Waren (s. EiÜ 34/17, 37/16, 41/15) auch auf den klassischen Einzelhandel ausgeweitet werden. Dies wurde sowohl vom Europäischen Parlament (s. EiÜ 35/17) als auch vom Rat gefordert und ergab sich auch aus der REFIT-Überprüfung des Verbraucherrechts (s. EiÜ 22/17). Auch der DAV befürwortete dies in seiner Stellungnahme 13/16, um ein einheitliches Verbraucherschutzniveau unabhängig vom Vertriebsweg zu gewährleisten. Der geänderte Vorschlag bildet nun für EU-Parlament und Rat die Diskussionsgrundlage in dem laufenden Gesetzgebungsfahren.

Leitfaden für grenzüberschreitende Erbfälle – KOM

Viele EU-Bürger wissen nicht, wie die Rechtslage bei grenzüberschreitenden Erbfällen ist. Um dem entgegenzuwirken, hat die EU-Kommission am 24. Oktober 2017 einen Leitfaden für Bürgerinnen und Bürger zu dem Thema „Grenzüberschreitende Erbfälle“ veröffentlicht. Der Leitfaden stellt zu Beginn die wichtigsten Grundsätze der Erbrechtsverordnung (EU) Nr. 650/2012 vor. Im weiteren Verlauf werden potentielle Erblasser über das Thema Nachlassplanung informiert. Anhand kurzer Fallbeispiele werden u.a. die Fragen der Anwendbarkeit einer Rechtsordnung auf den Erbfall, Rechtswahlmöglichkeiten und die Anerkennung von Testamenten in einem anderen Mitgliedstaat erläutert. Anschließend geht Teil drei des Leitfadens auf den Erbfall aus Sicht der Erben ein. Hier wird u.a. darüber aufgeklärt, welches mitgliedstaatliche Gericht für die Abwicklung des Nachlasses zuständig ist. Thematisiert wird auch der Umgang mit Vermögenswerten in Drittstaaten und die Anerkennung und Vollstreckung einer gerichtlichen Entscheidung in einem anderen EU-Mitgliedstaat. Abschließend werden nationale Erbzeugnisse bzw. Erbscheine sowie die Wirkungen und Vorteile des europäischen Erbzeugnisses erläutert.

Wie soll die Besteuerung in der Digitalwirtschaft erfolgen? – KOM

Die EU-Kommission geht in einer am 27. Oktober 2017 veröffentlichten öffentlichen Konsultation der Frage nach, wie die Besteuerung in der Digitalwirtschaft fair ausgestaltet werden kann. Wie bereits in der Mitteilung COM (2017) 547 an das EU-Parlament und den Rat angekündigt, möchte die EU-Kommission hierbei den Ort sowie den Gegenstand der Besteuerung an die Erfordernisse des digitalen Zeitalters anpassen. Reformbedarf ergibt sich etwa daraus, dass das gegenwärtige Steuersystem Geschäftstätigkeiten, die auf Daten und immateriellen Vermögenswerten beruhen, kaum berücksichtigen kann. Die Kommission möchte auf Grundlage der Ergebnisse der Konsultation im Frühjahr 2018 einen Gesetzgebungsvorschlag vorlegen. An der Konsultation kann bis zum 3. Januar 2018 hier teilgenommen werden.

EU-US-Datenschutzschild noch verbesserungswürdig – KOM

Der EU-US Datenschutzschild gewährleiste insgesamt ein angemessenes Schutzniveau für aus der EU an die teilnehmenden Unternehmen in den USA übertragene Daten. Im Einzelnen sei es aber noch verbesserungswürdig. Zu diesem Ergebnis kommt die EU-Kommission in dem am 18. Oktober 2017 veröffentlichten ersten Bericht COM(2017) 611 zur dessen jährlicher Überprüfung. Hierzu hätten die US-Behörden durch Schaffung erforderlicher Strukturen und Verfahren beigetragen. So wurden z.B. neue Rechtsschutzinstrumente für natürliche Personen geschaffen und bereits mehr als 2.400 Unternehmen vom US-Handelsministerium zertifiziert. Allerdings fordert die Kommission u.a., dass das US-Handelsministerium die Kontrollen zur Einhaltung der Datenschutzpflichten durch die US-Unternehmen erhöhen müsse und dass EU-Bürger über ihre Rechte aufgrund des Datenschutzschildes besser informiert werden. Der Datenschutzschild trat am 1. August 2016 in Kraft und löste das bisherige Safe-harbor Abkommen ab. Es dient dem Grundrechtsschutz von EU-Bürgern, deren personenbezogene Daten zu gewerblichen Zwecken in die USA übermittelt werden (siehe EiÜ 14/17, 25/16). Der Bericht wird nun dem EU-Parlament, dem Rat und der Artikel-29-Datenschutzgruppe sowie den US-Behörden vorgelegt.

Elektronische Dienstleistungskarte – ja oder nein? – EP

Als Teil des im Januar vorgelegten Dienstleistungspakets (s. EiÜ 35/17, 2/17) hatte die EU-Kommission auch die Einführung einer elektronischen Dienstleistungskarte vorgeschlagen. Während die Verhandlungen im Rat hierzu stocken, sind im federführenden Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO) des Europäischen Parlaments der Berichtsentwurf zum Verordnungsvorschlag (Berichterstatterin: Anneleen Van Bossuyt (ECR)) sowie der Berichtsentwurf zum Richtlinienvorschlag (Berichterstatter: Morten Løkkegaard (ALDE)) vorgelegt worden. Die Berichterstatter stellen dabei klar, dass die elektronische Dienstleistungskarte keine Auswirkungen auf die Dienstleistungsrichtlinie 2006/123/EU haben solle und nicht die sich aus der Berufsanerkennungsrichtlinie ergebenden Anforderungen berühre. Auch die Einführung des Herkunftslandprinzips wird ausgeschlossen. Zudem soll die Ausweitung des Anwendungsbereichs durch delegierten Rechtsakt auf weitere Dienstleistungssektoren ermöglicht werden. Rechtsdienstleistungen, die in den Anwendungsbereich der rechtsanwaltsspezifischen Richtlinien fallen, werden weiterhin nicht von den Vorschlägen zur elektronischen Dienstleistungskarte erfasst. Dass die elektronische Dienstleistungskarte nicht ganz unumstritten ist, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass im mitberatenden Rechtsausschuss (JURI) Berichterstatterin Evelyne Gebhardt (S&D) die Ablehnung des Vorschlags vorgeschlagen hat.

Besserer Zugang zu Bankkontenregistern in der Strafverfolgung? – KOM

Die EU-Kommission führt seit dem 17. Oktober 2017 eine öffentliche Konsultation über einen breiteren Zugang zu zentralen Bankkontenregistern für Strafverfolgungsbehörden durch. Zur effektiveren Bekämpfung der organisierten Kriminalität sollen die Finanzermittlungen beschleunigt werden, um Einnahmen aus Straftaten (auch Gelder auf Bankkonten) schneller zurückzuverfolgen, einzufrieren und beschlagnahmen zu können. Auch in dem derzeit in den Trilogverhandlungen befindlichen Vorschlag zur Änderung der 4. Geldwäscherichtlinie COM(2016) 450 (s. DAV-Stellungnahme 72/16 und EiÜ 9/17, 42/16, 36/16, 24/16) ist eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten vorgesehen, zentrale Bankkontenregister und Datenabrufsysteme einzurichten und den für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zuständigen Behörden Zugang zu gewähren. Wie in der vorläufigen Folgenabschätzung von August 2017 angekündigt, möchte die EU-Kommission nun prüfen, ob die Zugangsrechte zu zentralen Bank- und Zahlungskontenregistern auf bestimmte Behörden wie z.B. die Polizei, Vermögensabschöpfungsstellen, oder andere Strafverfolgungsbehörden ausgeweitet werden können. Die EU-Kommission plant die Veröffentlichung eines Legislativvorschlages für das Frühjahr 2018. Der Online-Fragebogen kann hier bis zum 9. Januar 2018 beantwortet werden.

Trilogverhandlungen zur Entsenderichtlinie können beginnen – EP/RAT

Die Trilogverhandlungen zum Vorschlag COM(2016) 128 der EU-Kommission zur Überarbeitung der Entsenderichtlinie 96/71/EG (s. EiÜ 10/16) können beginnen, nachdem EU-Parlament und Rat ihre Positionen festgelegt haben. Die EU-Parlamentarier sprechen sich in dem vom Plenum am 25. Oktober 2017 gebilligten Bericht der Berichterstatterinnen Elisabeth Morin-Chartier (EVP) und Agnes Jongerius (S&D) aus dem Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (EMPL) dafür aus, dass nach 24 Monaten alle anwendbaren Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen des Aufnahmemitgliedstaats für die entsandten Arbeitnehmer gelten sollen. Dieser Zeitpunkt gelte unabhängig davon, welches Recht auf den Arbeitsvertrag Anwendung findet und könnte in begründeten Fällen verlängert werden. Nach Ansicht des Rates in der allgemeinen Ausrichtung vom 23. Oktober 2017 soll dies schon bereits nach 12 Monaten mit einer möglichen Verlängerung auf 18 Monate der Fall sein.

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