Europa im Überblick, 39/15

FORDERUNG KOORDINIERTER MASSNAHMEN GEGEN RADIKALISIERUNG – EP/ RAT

Das Plenum des Europäischen Parlaments hat am 25. November 2015 den Bericht „Prävention der Radikalisierung und Anwerbung europäischer Bürger durch terroristische Organisationen“ von Berichterstatterin Rachida Dati (EVP) mit großer Mehrheit angenommen. Darin wird die Kommission dazu aufgefordert, vorrangig einen Aktionsplan für die Umsetzung der Strategie der Union zur Bekämpfung von Radikalisierung und Anwerbung für den Terrorismus aufzustellen. Die Mitgliedstaaten sollen ihre Strategien abstimmen und die ihnen zur Verfügung stehenden Informationen und Erfahrungen weitergeben. Insbesondere fordert das Parlament eine gemeinsame Bestimmung der Straftat, derer sich Personen schuldig machen, die als „ausländische Kämpfer“ zu betrachten sind. Solche Personen sollen unter gerichtliche Kontrolle gestellt und gegebenenfalls nach ihrer Rückkehr bis zur Einleitung entsprechender Strafverfahren in Verwaltungshaft genommen werden. Das Parlament bekräftigt auch seine Bereitschaft, bis Ende 2015 die Richtlinie über Fluggastdatensätze („PNR-Richtlinie“, s. EiÜ 26/15) fertigzustellen. Beispielsweise sollen zudem in Gefängnissen solche Häftlinge, die sich gewaltbereiten Extremisten angeschlossen haben oder bereits durch terroristische Vereinigungen angeworben wurden, von anderen Häftlingen isoliert werden. Auch der Rat für Justiz und Inneres hatte sich in den Schlussfolgerungen zu seiner außerordentlichen Tagung am 20. November 2015 zu möglichen Maßnahmen gegen Radikalisierung in Gefängnissen geäußert und Beispiele für Gegenmaßnahmen wie einen verstärkten Informationsaustausch zwischen den Akteuren im Strafrechtssystem genannt.

TAXE-BERICHT ANGENOMMEN – DIE ARBEIT GEHT WEITER! – EP

Das Plenum des Europäischen Parlaments hat den Bericht des Sonderausschusses für Steuervorbescheide und andere Maßnahmen ähnlicher Art oder Wirkung (TAXE) mit einer deutlichen Mehrheit von 508 Stimmen zu 108 Gegenstimmen bei 85 Enthaltungen angenommen (s. EiÜ 36/15). Der Sonderausschuss um die Ko-Berichterstatter Elisa Ferreira (S&D) und Michael Theurer (ALDE) hatte seine Arbeit im Februar 2015 aufgrund der sog. Luxleaks- Affäre aufgenommen und u.a. Vertreter zahlreicher multinationaler Unternehmen sowie Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker angehört. Bei dem angenommenen Bericht handelt es sich um eine legislativ nicht bindende Entschließung. Die weiteren Entwicklungen sollen nun durch einen neuen Sonderausschuss – zunächst für eine Dauer von 6 Monaten – überwacht werden. Dieser ist allerdings personenidentisch mit dem TAXE- Sonderausschuss, dessen Mandat mit der Berichtsannahme endet.

ERSTER JÄHRLICHER DIALOG ÜBER RECHTSSTAATLICHKEIT – RAT

Der Rat für allgemeine Angelegenheiten hat am 17. November 2015 zum ersten Mal einen jährlichen Dialog zur Rechtsstaatlichkeit durchgeführt (s. EiÜ 6/15). Die Minister tauschten sich dabei zu Herausforderungen auf nationaler Ebene im Bereich der Rechtsstaatlichkeit und bewährten Lösungsansätzen aus. Darüber hinaus wurde ein Papier der luxemburgischen Ratspräsidentschaft zu „Rechtsstaatlichkeit im Zeitalter der Digitalisierung“ diskutiert, das sich insbesondere auf die im Mai 2015 von der Europäischen Kommission vorgestellte Strategie für einen Digitalen Binnenmarkt für Europa (s. EiÜ 17/15) bezog. Im Fokus der Diskussionen standen dabei die Themen Recht auf freie Meinungsäußerung, Internet Governance, Datenschutz und Cybersicherheit.

AUFTAKT ZUM EUROPÄISCHEN SEMESTER 2016 – KOM

Die Europäische Kommission hat am 26. November 2015 zum Auftakt des Europäischen Semesters 2016 unter anderem den Jahreswachstumsbericht 2016 (COM(2015) 690) und den Warnmechanismus- Bericht 2016 (COM(2015) 691) vorgelegt. Der Jahreswachstumsbericht erläutert als Teil des Zyklus der wirtschaftspolitischen Koordinierung die wirtschafts- und sozialpolitischen Prioritäten der Kommission für die EU im Jahr 2016. Die Kommission möchte sich demnach prioritär auf die Wiederbelebung der Investitionstätigkeit, die Fortsetzung der Strukturreformen zur Modernisierung der Wirtschaft und auf eine verantwortungsvolle Haushaltspolitik konzentrieren. Die Grundlage für die Umsetzung dieser Prioritäten habe die Kommission bereits mit der Veröffentlichung des Aktionsplans für eine Kapitalmarktunion (s. EiÜ 31/15), der Binnenmarktstrategie (s. EiÜ 35/15) sowie der Strategie für einen Digitalen Binnenmarkt (s. EiÜ 17/15) gelegt. Der Jahreswachstumsbericht wird nun im Europäischen Parlament und im Rat erörtert werden, bevor die Mitgliedstaaten der Kommission ihre nationalen Reformprogramme vorlegen. Die Kommission wird hierauf aufbauend ihre länderspezifischen Empfehlungen im Mai 2016 an die Mitgliedstaaten richten und diese dann gemeinsam mit dem Rat im Juni 2016 annehmen. In diesem Jahr sah die Kommission in ihren länderspezifischen Empfehlungen für Deutschland noch ungerechtfertigte Beschränkungen im freiberuflichen Dienstleistungssektor (s. EiÜ 18/15).

ZUGANG ZUM RECHT UND MODERNE KOMMUNIKATION – EUROPARAT

Der Ausschuss Recht und Menschenrechte der Parlamentarischen Versammlung des Europarates in Straßburg hat einen Bericht über „Zugang zum Recht und das Internet: Potential und Herausforderungen“ am 10. November 2015 veröffentlicht. In diesem unterstreicht der Berichterstatter Jordi Xuclà die Bedeutung moderner Informations- und Kommunikationstechnik für die Beschleunigung gerichtlicher Verfahren. Zudem werde der Zugang zum Recht des Einzelnen durch die Möglichkeit der Online-Streitbeilegung verbessert. Bei den damit einhergehenden Herausforderungen der technischen Umsetzung, Datenschutzfragen, dem gleichmäßigen Zugang zum Recht sowie bei der Vollstreckung von Entscheidungen seien die Grundsätze der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), insbesondere das Rechts auf ein faires Verfahren aus Art. 6 sowie das Recht auf eine wirksame Beschwerde aus Art. 13, zu gewährleisten. Der Bericht ist nicht rechtsverbindlich – setzen Staaten Empfehlungen nicht um, besteht jedoch eine Begründungspflicht.

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