Europa im Überblick, 39/16

EUROPÄISCHER ABEND IM ZEICHEN AKTUELLER HERAUSFORDERUNGEN FÜR FREIHEITSRECHTE – DAV

Die Sicherheitsunion und die derzeitigen Herausforderungen für die Europäische Union als Rechtsgemeinschaft waren Thema beim Europäischen Abend des DAV in Brüssel am 30. November 2016. Der Festredner Professor Christian Calliess, Berater in der kommissionsinternen Denkfabrik des Europäischen Zentrums für politische Strategie, erinnerte an die Einhaltung der Prinzipien der Rechtstreue und Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten. DAV-Präsident Schellenberg hob in seiner Rede hervor, dass das Bedürfnis nach mehr Sicherheit nicht zur Außerkraftsetzung wesentlicher rechtsstaatlicher Prinzipien führen dürfe. Die Veranstaltung gab zahlreichen Entscheidungsträgern aus der Europäischen Kommission, dem Europäischem Parlament, den Landesvertretungen der Bundesländer sowie DAV-Vertretern aus DAV-Präsidium, -Vorstand und -Geschäftsführung die Möglichkeit zu anregenden Gesprächen über aktuelle Themen der europäischen Rechtssetzung und Rechtsprechung.

EU-PARLAMENT NIMMT EU-US-DATENSCHUTZ-RAHMENABKOMMEN AN – EP

Das Plenum des Europäischen Parlaments hat am 1. Dezember 2016 dem EU-US Datenschutz-Rahmenabkommen mit großer Mehrheit zugestimmt (s. EiÜ 38/16 und Pressemitteilung des Europäischen Parlaments). Auch Justizkommissarin Jourová betonte die Bedeutung des Abkommens für hohe Datenschutzstandards für die transatlantische Zusammenarbeit bei der Strafverfolgung. Bevor das EU-US-Datenschutzrahmenabkommen offiziell in Kraft treten kann, wird noch der Rat über den Abschluss des Abkommens entscheiden.

BEKÄMPFUNG VON GEOBLOCKING: MINISTER NEHMEN POSITION AN – RAT

Kunden im Online-Handel sollen nicht länger ungerechtfertigt aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit, ihres Wohnsitzes oder ihrer Niederlassung diskriminiert werden. Am 28. November 2016 hat der Rat für Wettbewerbsfähigkeit seine allgemeine Ausrichtung zum Verordnungsentwurf COM(2016) 289 zur Bekämpfung von ungerechtfertigtem Geoblocking zwischen Mitgliedstaaten angenommen (vgl. die kritische DAV-Stellungnahme 41/2016, EiÜ 27/16). Der Rat schränkt den Entwurf der Kommission dabei etwas ein. So wollte es die Kommission Verkäufern und Dienstleistern untersagen, ihre Angebote im Internet abhängig von der Herkunft der IP-Adresse ihrer Kunden unterschiedlich zu bepreisen oder ihre Geschäftsbedingungen zu variieren. Die Minister betonen nun, dass Preisdifferenzierung nicht verboten werden sollte und es Anbietern weiter freistehen müsse, unterschiedliche AGB für den Zugang parat zu halten und bestimmte Kundengruppen in bestimmten Hoheitsgebieten gezielt anzusprechen. Im Unterschied zur Kommission will der Rat zudem Online-Händler nicht verpflichten, Waren an Kunden außerhalb des Mitgliedstaats, für den sie die Lieferung anbieten, zu versenden. Kommission und Rat sind sich einig, dass der Vertrieb urheberrechtsgeschützter Online-Inhalte wie Musik, Filme oder E-Books nicht von der Verordnung erfasst werden soll, da hier die Verordnung zur Portabilität anwendbar sein soll (s.u.). Nun muss das EU-Parlament seinen Bericht vorlegen – ein Berichtsentwurf von Berichterstatterin Rozá Gräfin von Thun und Hohenstein (POL, EPP) steht aktuell aus – damit der Trilog beginnen kann.

RECHTSAUSSCHUSS: BERICHT ZUR PORTABILITÄT VON ONLINEDIENSTEN ANGENOMMEN – EP

Am 29. November 2016 hat der Rechtsausschuss (JURI) des EU-Parlaments für einen besseren grenzüberschreitenden Zugang zu Online-Inhalten gestimmt. Konsumenten sollen in Zukunft audiovisuelle Online-Dienste etwa für Musik und Filme, für die sie bezahlt haben, auch nutzen können, wenn sie sich in der EU vorübergehend in einem anderen Mitgliedstaat aufhalten. Dazu nahm der Ausschuss den Berichtsentwurf von Berichterstatter Jean-Marie Cavada (FR, ALDE) zum Verordnungsentwurf COM(2015) 627 (s. DAV-Stellungnahme 5/2016) zur Gewährleistung der grenzüberschreitenden Portabilität von Online-Inhaltediensten im Binnenmarkt mit Änderungen an (vgl. zum Entwurf EiÜ 26/16). Öffentlich-rechtliche oder kostenlose Anbieter audiovisueller Online-Dienste können laut der neuen Verordnung künftig entscheiden, ob sie ihre Programme ebenso für die grenzüberschreitende Mitnahme zur Verfügung stellen wollen. Die grenzüberschreitende Mitnahme von audiovisuellen Online-Diensten beruht darauf, dass die Abonnierenden über die Verifizierung ihrer IP-Adresse nachweisen, in welchem EU-Mitgliedsstaat sie wohnen. Datenspuren, die die Nutzenden der Online-Dienste im Internet hinterlassen, dürfen durch die Anbieter nicht gespeichert oder für andere Zwecke ausgewertet werden. Nun können die Trilogverhandlungen des Europäischen Parlaments mit der Kommission und dem Rat beginnen.

WORKSHOP ZUR UMSETZUNG DER MEDIATIONSRICHTLINIE – EP

Am 29. November 2016 fand im Rechtsausschuss (JURI) des Europäischen Parlaments ein Workshop zur Umsetzung der Mediationsrichtlinie 2008/52/EG statt. Dabei wurde insbesondere eine vom Europäischen Parlament in Auftrag gegebene Studie zur Mediationsrichtlinie vorgestellt. Im Rahmen des Workshops wurde zudem der Bericht COM(2016) 542 der Europäischen Kommission zur Auswertung der Anwendung der Mediationsrichtlinie in den einzelnen Mitgliedstaaten erörtert. In dem Bericht kommt die Kommission zu dem Ergebnis, dass zwar kein Bedarf zur Revision der Richtlinie bestehe, die Anwendung in einigen Mitgliedstaaten jedoch noch verbessert werden könne. Demgegenüber wird in der Studie des Europäischen Parlaments empfohlen, die Inanspruchnahme von Mediation über die derzeitige Fassung des Art. 5 Abs. 2 der Mediationsrichtlinie hinaus stärker in Verfahren in Zivil- und Handelssachen zu integrieren und ggf. auch einen verpflichtenden Charakter von Mediation zu erwägen. Daher solle die Mediationsrichtlinie überarbeitet werden.

STEUERVORSCHRIFTEN ZUR FÖRDERUNG DES ELEKTRONISCHEN GESCHÄFTSVERKEHRS – KOM

Die Europäische Kommission hat am 1. Dezember 2016 eine Reihe von Maßnahmen vorgestellt, die die mehrwertsteuerlichen Rahmenbedingungen für den elektronischen Geschäftsverkehr in der Europäischen Union zwischen Verbrauchern und Unternehmern verbessern sollen. Die Vorschläge beruhen im Wesentlichen auf dem Aktionsplan zu einem einheitlichen europäischen Mehrwertsteuerraum (s. EiÜ 13/16). Es handelt sich um einen Richtlinienvorschlag COM(2016) 757 in Bezug auf bestimmte mehrwertsteuerliche Pflichten für die Erbringung von Dienstleistungen und für Fernverkäufe von Gegenständen (s. auch Folgenabschätzung) sowie einen Richtlinienvorschlag COM(2016) 758 in Bezug auf Mehrwertsteuersätze. Der Richtlinienvorschlag COM(2016) 755 sieht zudem Maßnahmen zur Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden bei der Betrugsbekämpfung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer vor, die insbesondere von außerhalb der Europäischen Union begangen werden.

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