Trilogverhandlungen zum Dienstleistungspaket können beginnen – EP
Der Ausschuss Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO) des Europäischen Parlaments hat am 4. Dezember 2017 seine Positionen zu den Richtlinienvorschlägen zur Verhältnismäßigkeitsprüfung für die Berufsregulierung sowie zur Reform des Notifizierungsverfahrens festgelegt. Bezüglich der Verhältnismäßigkeitsprüfung (s. Bericht und Änderungsanträge) betont der Ausschuss mehrfach die Berücksichtigung des Ermessens- und Beurteilungsspielraums der Mitgliedstaaten bei der Berufsregulierung, wie es auch der DAV und der Rat der Europäischen Anwaltschaften (CCBE) gefordert hatten (s. EiÜ 14/17). Zudem müsse sich die Verhältnismäßigkeitsprüfung selbst als verhältnismäßig erweisen. In seiner Position zur Reform des Notifizierungsverfahrens (s. Bericht und Änderungsanträge) sieht der Ausschuss – anders als der Rat – eine sog. „Stillhaltefrist“ vor, während derer die Mitgliedstaaten einen berufsrechtlichen Vorschlag nicht erlassen dürfen. Sollte die Kommission die betreffende nationale Maßnahme als unvereinbar mit der Dienstleistungsrichtlinie 2006/123/EU ansehen, kann sie eine Empfehlung oder einen rechtsverbindlichen Beschluss an den Mitgliedstaat zur Zurückziehung des Vorschlags richten. Nachdem der Rat bereits seine Positionen im Mai 2017 festgelegt hatte (s. EiÜ 21/17), werden die Trilogverhandlungen voraussichtlich im Frühjahr 2018 beginnen. Der IMCO-Ausschuss nahm zudem den Initiativbericht (s. Berichtsentwurf und Änderungsanträge) zum Stand der Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie an, der eine Reaktion auf die Reformempfehlungen der EU-Kommission darstellt.
Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland – KOM
Die Kommission hat beschlossen, Deutschland, Belgien und Frankreich wegen nicht vollständiger Umsetzung der Richtlinie 2013/55/EU zur Anerkennung von Berufsqualifikationen vor dem Europäischen Gerichtshof zu verklagen (s. Pressemitteilung). Die Berufsanerkennungsrichtlinie hat in Deutschland u.a. zur Änderung des Gesetzes zur Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland (EuRAG) geführt. Die Kommission wird beim Gerichtshof beantragen, für Deutschland ein Zwangsgeld von 62 203,68 EUR pro Tag vom Tag der Urteilsverkündigung an bis zur vollständigen Umsetzung der Richtlinie und dem Inkrafttreten im jeweiligen nationalen Recht festzusetzen.
Tragen religiöser Kopfbedeckung im Gerichtsverfahren erlaubt – EGMR
Einem Bürger das Tragen einer religiösen Kopfbedeckung vor Gericht zu verbieten, kann gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) verstoßen. Dies entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in seinem Urteil vom 5. Dezember 2017 (Hamidovic v. Bosnien und Herzegovina, Beschwerde-Nr.: 57792/15). In dem konkreten Fall weigerte sich ein streng gläubiger Muslim, als Zeuge in einem Strafprozess seine Kopfbedeckung auf Anordnung des Gerichts abzunehmen. Ansonsten verhielt sich der Beschwerdeführer, anders als z.B. die Angeklagten, dem Gericht gegenüber respektvoll und stand beispielsweise auf, wenn er das Gericht ansprach. Dennoch wurde er aus dem Gerichtssaal verwiesen und wegen Missachtung des Gerichts zu einer Geldstrafe verurteilt. Zwar haben die Staaten in Fragen des sozialen Zusammenlebens und hinsichtlich des Ausgleichs des Verhältnisses zwischen Staat und Religion nach Art. 9 EMRK einen weiten Spielraum, so der EGMR. Im vorliegenden Fall habe es sich jedoch nur um einen Bürger gehandelt, auf den das grundsätzlich für Staatsdiener zulässige Neutralitätsgebot und das damit verbundene Verbot des Tragens religiöser Symbole nicht anwendbar sei. Dadurch, dass er außerdem dem Gericht gegenüber den notwendigen Respekt gezeigt habe, sei die Maßnahme im Sinne des Art. 9 EMRK nicht notwendig gewesen.
Kommt bald ein verbindliches Transparenzregister? – Rat
Am 6. Dezember 2017 hat sich der Ausschuss der Ständigen Vertreter auf den Standpunkt des Rates (nur in englischer Sprache) zum Kommissionsvorschlag für ein verbindliches Transparenzregister (s. EiÜ 30/16) geeinigt, der größtenteils unterstützt wird. Der Rat schlägt jedoch eine neue Form von Beschlüssen vor, die von jeder der EU-Institutionen zu erlassen wäre und in denen festgelegt sein würde, für welche Kontakte die betreffende Institution eine vorherige Registrierung der Interessenvertreter im Transparenzregister verlangt. Das Parlament hatte sein Verhandlungsmandat bereits im Sommer 2017 verabschiedet und dieses durch die Entschließung des Parlaments zu Transparenz, Rechenschaftspflicht und Integrität in den EU-Institutionen im September 2017 ergänzt (s. EiÜ 32/17). Damit können die interinstitutionellen Verhandlungen beginnen.
Migrationssteuerung zukunftsfähig machen– KOM
Die EU-Kommission hat am 7. Dezember 2017 einen politischen Fahrplan zur zukunftsfähigen Gestaltung der Migrationspolitik vorgelegt. Dieser wird von mehreren Factsheets u.a. zum Stand der Überarbeitung der Asylvorschriften begleitet. Die EU-Kommission schlägt zum einen vor, dass innerhalb der EU die laufenden Arbeiten an der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems intensiviert werden sollen. Da jedoch EU-interne Problemlösungen nicht ausreichen, müsse sich die zukünftige Migrationspolitik auch auf den Ausbau von Partnerschaften mit Drittländern konzentrieren, die Schaffung legaler Wege nach Europa stärken sowie eine angemessene Finanzierung künftiger Maßnahmen sichern. Dieser Fahrplan dient als Vorbereitung des Dezembergipfels des Europäischen Rates, auf dem im Rahmen der Agenda der EU-Führungsspitzen das Thema Migration erörtert werden wird. Basierend auf der vorgelegten Mitteilung der EU-Kommission könnte hier für die EU eine strategische Ausrichtung festgelegt werden.
Ausgleichsanspruch auf nicht genommenen Urlaub verfällt nicht – EuGH
Ansprüche eines Arbeitnehmers auf Abgeltung für nicht genommenen Urlaub verfallen nicht, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht in die Lage versetzt hat, den Urlaub tatsächlich zu nehmen. Dies entschied der EuGH in seinem Urteil vom 29. November 2017 (Rs. C-214/16). Herr King war dreizehn Jahre lang als selbstständiger Verkäufer bei einem britischen Unternehmen beschäftigt. Bezahlten Jahresurlaub erhielt er nicht. Das Gericht, bei dem er nach Ruhestandseintritt den Ausgleich des von ihm während seiner Beschäftigungszeit nicht genommenen Jahresurlaubes verlangte, stufte ihn als Arbeitnehmer im Sinne der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG mit Urlaubsanspruch ein. Das britische Gericht legte dem EuGH die Frage vor, ob der Arbeitnehmer erst Urlaub nehmen müsse, um einen Anspruch auf Bezahlung für die Urlaubszeit feststellen zu lassen. Der EuGH verneint dies unter Verweis auf den Zweck des in Art. 31 Abs. 2 der EU-Grundrechtecharta geregelten Urlaubsanspruches. Ein Arbeitnehmer, der mit Umständen konfrontiert ist, die geeignet sind, während seines Jahresurlaubs Unsicherheit in Bezug auf das ihm geschuldete Entgelt auszulösen, könne den Urlaub nicht genießen. Außerdem sei es Aufgabe des Unternehmens in solchen Fällen, in denen es vom Verhalten des Arbeitnehmers profitiert, sich eigenständig über seine Pflichten zu informieren. Der Arbeitgeber müsse daher auch die Folgen tragen, wenn er seinen Arbeitnehmern nicht die Chance auf bezahlten Urlaub einräumt, so der EuGH.
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